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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 36.1923-1925

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Glück, Gustav: Dürers Bildnis einer Venezianerin aus dem Jahre 1505
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https://doi.org/10.11588/diglit.6171#0103
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DÜRERS BILDNIS EINER VENEZIANERIN
AUS DEM JAHRE 1505.

Der Musiker Karl Friedrich Zelter hat in seinem bekannten und viel gelesenen Briet*
Wechsel mit Goethe über künstlerische Dinge manches gesagt, was zu erkennen und zu erfassen
nur einem so lebhaften und beweglichen Geiste, wie er es war, möglich gewesen ist, und
zwar im steten schriftlichen und mündlichen Gedankenaustausch mit einem unendlich größeren
und umfassenderen, der seine Freunde mit einem Überflußhorn von Anregungen zu überschütten
pflegte. Einige wenige knappe Worte, die Zelter über die Bedeutung der seit dem Anfange des
XVI. Jahrhunderts allgemein üblich werdenden Reisen nördlicher Künstler und Dichter nach
Italien hinwirft, dringen tiefer in das Problem ein als manche gelehrte Abhandlung. «Dürer,
Hackert, Goethe und wer noch», sagt er, «haben ihr Talent in Italien gestärkt und gefestet,
und wer nichts dahin nimmt, wird nichts zurückbringen.»

Ohne Zweifel liegt das Wesentliche solcher Italien fahrten darin, daß nur der dabei zu
gewinnen vermag, der selbst etwas auf den Weg mitführt. Welche Zwecke haben aber die ersten
unter den reisenden Künstlern mit ihrem Unternehmen verfolgt? Diese Frage muß bei den
beiden Reisen Dürers nach Italien im Jahre 1495 und in den Jahren 1505 bis 1507 für uns von
ganz besonderem Interesse sein; denn Dürer ist ohne Zweifel einer der frühesten, wenn nicht
der erste unter den großen nördlichen Künstlern, die im Zusammenhang mit ihrem Berufe nach
Italien gegangen sind. Wenn wir uns auch daran erinnern, daß ein niederländischer Maler
wie Roger van der Weyden lange vorher, schon im Jahre 1450, dem Jubeljahre, in Rom erschien,
so lag hier doch offenbar allein ein religiöser Beweggrund vor und von einer Einwirkung
südlicher Weise spürt man in der Kunst des Meisters nichts, wenn man von der Äußerlichkeit
gestellter Aufgaben absieht.

Das Reisen war Dürer schon nach seiner Familienüberlieferung nicht fremd. Sein Vater,
ein kunstreicher Goldschmied, war aus dem fernen Ungarn nach Deutschland gewandert und
hatte sich lange in den Niederlanden bei den großen Meistern seines Faches aufgehalten.
Es war auch der Vater, der seinen Sohn gleich nach dem Ende seiner Lehrlingszeit auf Reisen
schickte: Albrecht Dürer der Jüngere hat mehr als vier Jahre (1490—1494) auf der Wanderschaft
in Deutschland und in der Schweiz verbracht und nachweislich in Colmar, Basel und Straßburg
gearbeitet. Bei dieser Reise hat er sicherlich nicht nur studiert sondern auch durch verschiedene
Arbeiten, zumal für den Holzschnitt, sich seinen Lebensunterhalt verdient. Einen andern
Zweck verfolgte wohl der junge Künstler, als er sich nicht lange nach seiner Rückkehr und
seiner bald danach erfolgten Hochzeit nach Italien begab. Es ist unwahrscheinlich, daß et hier
Arbeit und Gewinn suchte, was ihm wohl als einem unberühmten Fremden schwer gefallen
wäre. Was ihn nach Italien zog, war ohne Zweifel etwas anderes: er wollte sehen, lernen und
studieren. Eine Bildungsreise eines Künstlers war freilich damals etwas ganz Neues; voran*
gegangen waren die Humanisten, Dichter und Schriftsteller, für die schon früh Italien mit seinen
Universitäten und seinem gelehrten Studium des Altertums das Land der Sehnsucht war. Gerade
damals weilte der junge Nürnberger Willibald Pirkheimer, der, ein Altersgenosse Dürers, mit
ihm wohl von Jugend auf bekannt war und später sein Freund wurde, in Italien und es mag
sein, daß der junge Künstler durch das Beispiel des Patriziersohnes angeregt wurde, den er auch
wohl in Venedig oder Padua angetroffen haben wird. Sicherlich aber war die Begierde Dürers,

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