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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 1.1903

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Hoernes, Moritz: Die älteste Bronzezeit in Niederösterreich
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https://doi.org/10.11588/diglit.47868#0022
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M. Hoernes Die älteste Bronzezeit in Niederösterreich

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erwiesen sich dagegen vier flachere Mulden in der
Nähe des Hügelzentrums, eine östlich, die drei
anderen westlich von der kleinen (nordsüdlichen)
Achse der Ellipse, alle vier ziemlich auf der langen
Achse, die drei westlichen ungefähr unter dem
Scheitel des Hügelchens gelegen. Die östliche
Mulde war (unter der Hügelsohle) 0-30 m tief, 1 m
lang, o‘35 m breit und enthielt nebst Asche, Steinen
u. dgl. einige fast ganz erhaltene kleinere Ton-
gefäße. Spöttl hätte sie mit Bestimmtheit als
Grab bezeichnet. Die nächste westliche Grube
war ein kreisrunder Kessel von 1-20 m Durchmesser
und 0*50 in Tiefe. Er enthielt das kapitale Ge-
weih eines Vierundzwanzigenders, das fast die ganze
Mulde einnahm, Topfscherben der Bronzezeit und
das kleine Bruchstück eines bronzenen Flachbeiles
mit Randleisten. Die nächstgelegene Grube war
etwas enger und enthielt unter anderem einen
Pferdeschädel, die vierte und letzte war wieder
etwas kleiner und lieferte einige leidlich wohler-
haltene Tongefäße: ein mittelgroßes von Kochtopf-
gestalt (Fig. 17)und ein paar kleinere, schöne schwarze
Schälchen. Außerhalb der Gruben fanden sich ver-
einzelt geschlagene Feuersteinspäne, ein Beinham-
mer (Fig. 6), Topfscherben, ab und zu ein besser er-
haltenes Näpfchen u. dgl. Ganz deutlich war der
Charakter der flachen Mulden als Feuerstellen zu
erkennen. Die Scherben größerer Tongefäße waren
meist verschlackt, blasig aufgezogen oder förmlich
verglast. Die kleineren, besser erhaltenen Gefäße
dagegen waren von solcher Feuerwirkung ver-
schont; doch zeigte sich zuweilen die eine Hälfte
eines feinen Becherchens durch und durch rot
gebrannt, während die andere ihre schöne, schwarze
Farbe behalten hatte.
Die Lage der mittelalterlichen Kellergruben
unter der Hügelsohle beweist, daß das Hügelchen
mit der ebenfalls darunter liegenden prähistorischen
Wohnstelle nichts als den Platz gemein hat. Wie
der Hügel entstanden ist und wozu er diente, lasse
ich gerne dahingestellt. Wie die Ortsbewohner
meinen, hatte der Hügel einst eine Fortsetzung
nach Süden gegen den großen Hausberg hin,
wurde aber dort abgetragen. Ist dies richtig, so
lag er vielleicht ursprünglich auf einer Fläche, die
mit dem großen Hausberg zusammenhing und
bildete einen Teil der (defensiven ?) Anlage, welche
dieser darstellt. Nach Angaben, welche Spöttl von

den Ortsbewohnern erhielt, sollen auch in der Nähe
des Hügelchens „in Gruben ganze Gefäße zu dreien
oder fünfen“ gefunden worden sein.
Die bronzezeitliche Keramik aus dieser Fund-
stelle (das übrige kommt daneben kaum in Betracht)
gehört zu dem Besten und Schönsten, was wir
von diesem Industriezweig der ältesten Metall-
periode Mitteleuropas besitzen. Sie enthält einer-
seits in schönster und reichster Vertretung die
Typen der sogenannten Aunjetitzer Stufe, ander-
seits auch einige der in Niederösterreich sonst
nicht häufigen, charakteristischen Topfwaren der
jüngeren oder Grabhügelstufe der Bronzezeit im
Norden der Donau. Die Abbildungen Fig. 9—20
überheben mich wohl der Aufgabe, diese formen-
reiche und formschöne, wenn auch der Flächen-
verzierung fast ganz entbehrende Keramik zu be-
schreiben, und Kundigen gegenüber ist es auch
nicht nötig, von ihrer Altersstellung weiter zu
reden. Nur der gründlichen Untersuchung jener
wenigen Wohngruben und dem Schutze, den sie
seit alter Zeit durch das Hügelchen erfahren haben,
ist es zuzuschreiben, daß die Fundstelle mehr und
Besseres geliefert hat als Dutzende anderer Wohn-
stätten mit durchaus gleichen keramischen Resten
in Niederösterreich nördlich der Donau. Wenigstens
die Aunjetitzer Typen (Fig. 9—18) sind in durchaus
gleicher feiner Ausführung-, wenn auch meist nur in
minderwertigen Bruchstücken aus Limberg, Glauben-
dorf, Rafing, Kirchberg am Wagram, Groß-Weikers-
dorf, Pulkau, Nalb, Schattau, Feuersbrunn, Stillfried,
Hadersdorf u. s. w. u. s. w. erhalten. An all diesen
Orten werden die Verhältnisse gleich denen ge-
wesen sein, die ich in Hippersdorf beobachten
konnte. Nur die reichen Wohngruben von Ziers-
dorf im Bezirke Ravelsbach, 12 km nördlich von
Hippersdorf (vgl. Spöttl ebd. 71 ff.), mit ihrer großen
Zahl gut erhaltener Gefäße von zum Teil bedeu-
tenden Dimensionen stellen alle jene Fundorte und
mit ihnen auch Hippersdorf in den Schatten. Von
den eigentümlichen mit Reihen konischer Warzen
dicht besetzten schwarzen Gefäßen, wie sie aus
Ziersdorf und einem gleichzeitigen Grabe von
Zellerndorf bei Retz (aber auch aus Nordböhmen
— Rubin bei Saaz —) vorliegen, fand sich unter
dem Hippersdorfer Hügelchen nur eine Spur in
Gestalt eines unbedeutenden Wandbruchstückes.
Dagegen sind, wie gesagt, die hochhalsigen
 
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