Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 1.1903

DOI Artikel:
Kaindl, Raimund Friedrich: Prähistorisches aus der Bukowina: Forschungen auf dem Gräberfelde von Unterhorodnik-Prädit und in der prähistorischen Ansiedlung von Szipenitz
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47868#0060
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
99

ioo

R. F. Kaindt, Prähistorisches aus der Bukowina

wiesen sie keine deutlich erkennbaren Knochen
auf. Als Beigaben fanden sich in den meisten
Reste von schlechtem schwarzen Tongeschirr,
meist kleinen Gefäßen, und Feuersteinspäne. Der
Leichenbrand fand sich nie in den Gefäßen, die
übrigens meist für diesen Zweck viel zu klein
waren, sondern in der bloßen Erde. Eine Stein-
eetzung oder dgl. war nirgends vorhanden. In
keinem der neu durchforschten zwölf Gräber fand
sich ein geschliffenes Steinwerkzeug, nur ge-
schlagene Feuersteinspäne, und zwar durchaus
nur in kleinen Stücken. Die Gefäße und Knochen-
reste sind zumeist im Zentrum des Tumulus in
der Höhe des gewachsenen Bodens gefunden
worden. Sämtliche Tumuli dieses Grabfeldes
machen den Eindruck großer Armut, eventuell
hohen Alters, besonders wenn man ihre Beigaben
mit den Funden der nur wenige Meilen entfernten,
ebenfalls noch neolithischen Ansiedlung in Szi-
penitz vergleicht, über welche weiter unten be-
richtet wird.
Dasselbe gilt von den achtzehn Tumults, welche
an der Straße von Neu-Prädit über Mittel-Prädit
nach Alt-Prädit von dem Berichterstatter ebenfalls
im September 1902 ausgegraben wurden. Sechs
liegen an der Straßenstrecke von Neu-Prädit nach
Mittel-Prädit, zwölf auf jener zwischen dem letzt-
genannten Wirtschaftshofe und Alt-Prädit. Die
meisten — ihr Durchmesser betrug 4 bis 16 m —
waren bereits sehr flach (höchstens 80 cm hoch),
weil sie seit Jahren, zum Teil mit sehr tief ge-
henden Dampfpflügen, überackert wurden. Diesem
Umstande ist es zuzuschreiben, daß viele nur sehr
spärliche Kulturreste ergaben.
Aber auch hier ist durch die Funde sicher-
gestellt worden, daß wir es mit Brandgräbern der
jüngeren Steinzeit zu tun haben. Auch hier wurden
verbrannte Knochen, schlechtes schwarzes Ton-
geschirr und Feuersteinspäne gefunden. In zwei
Hügeln fanden sich im Niveau des gewachsenen
Bodens deutliche große Kohlenherde, offenbar
die Reste der Scheiterhaufen. Sonst ergaben sich
wie in Unterhorodnik zumeist nur zerstreute
Kohlenstücke; in einem Grabe wurde seitwärts
auch ein etwa 50 cm tiefes Grübchen bemerkt,
gefüllt mit Kohlen und Asche. Auch in diesen
Hügeln ist kein geschliffenes Steinwerkzeug ge-
funden worden.

Wie wir sehen, sind die Funde in allen diesen
Gräbern sehr spärlich. In dem größten derselben
— es liegt am Gipfel des Colnicu — erfolgte eine
Erdbewegung von etwa 50 w2;-das Fundergebnis
war eine Handvoll verbrannter Knochen und fünf
kleine Feuersteinspäne. Ein in einem Grabe am
Colnicu abseits vom Zentrum und den Knochen-
resten gefundenes offenes Goldringlein, das aus
einem in der Mitte verdickten und mit kleinen
Eindrücken versehenen Golddraht besteht, dürfte
in einer späteren prähistorischen Periode dahin
gekommen sein. Die Abgrabung des Tumulus
wurde vom Rande aus in Angriff genommen; der
Ring wurde in der lockeren Erde gefunden, als
bereits die bei dieser Arbeit gegen das Zentrum
des Tumulus entstehende senkrechte Böschung
70 cm betrug. Aus welcher Höhenlage der Ring'
herabgefallen war, ließ sich nicht feststellen. Erst
etwas weiter gegen die Mitte des Hügels in einer
Tiefe von 80 m fanden sich die verbrannten
Knochenreste.
Aus den obigen Mitteilungen ergibt es sich,
daß die meisten Tumuli von Unterhorodnik und
alle in Prädit als Brandgräber der jüngeren Stein-
zeit anzusehen sind. Jünger als diese müssen
jedenfalls die drei am Colnicu nach gewiesenen
Skelettgräber sein, wie dies das Doppelgrab
ebenda beweist, wo der Hocker über dem Brand-
grabe lag. Es ist wohl als gewiß anzunehmen,
daß die beiden anderen Skelettgräber derselben
Zeit wie der beschriebene Hocker angehören; da
nun bei Graniczesti in der Bukowina Steinkisten-
gräber mit steinzeitlichen Beigaben gefunden
wurden,1) darf man wohl auch diese Skelettgräber
von Unterhorodnik, von denen eines eine Stein-
kiste enthielt, mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit
noch der Steinzeit zuschreiben. Faßt man den
Umstand ins Auge, daß in keinem der zahlreichen
Hügel, welche nur ein Brandgrab enthielten, ein
geschliffenes Steingerät gefunden wurde, so fühlt
man sich versucht, jenen geschliffenen Stein-
hammer und die geschliffene Steinplatte, die dem
bereits beschriebenenDoppelgrabe 1893 entnommen
wurden, nicht dem Brand-, sondern dem jüngeren
darüber gelegenen Skelettgrab zuzuschreiben; die
Steingeräte könnten leicht in der gelockerten

*) Mitt. VII Notiz 49.
 
Annotationen