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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 1.1886

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Ohnefalsch-Richter, Max: Cyprische Vase aus Athienu
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https://doi.org/10.11588/diglit.29675#0095

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Ohnefalsch-Richter, Cyprische Vase aus Athienu.

Sl

Die Hauptdarstellung ist stilistisch ebenso interessant wie in ihrer Bedeutung
unklar. Vor zwei sehr grofsen Blumen steht ein Mann, welcher mit der linken Hand
eine Blume erhebt, als ob er daran riechen wolle; der rechte Arm ist hinter dem
Rücken erhoben; die rechte Hand durch einen Strich, welcher ein Seil oder eine
Gerte vorstellen kann, mit einem über dem Kopfe schwebenden Vogel verbunden.
Die Deutung dieser merkwürdigen Darstellung wird man wohl in den dem Vasen-
maler zugänglichen Vorbildern zu suchen haben. Salomon Reinach, welcher
Revue cii'cheologique 1885, II S. 360 in seinem Aufsatze fouilles et decouvertes a Chypre
depuis Vocaipation anglaise eine Skizze unserer Vase gibt, verweist auf die in der
assyrisch-babylonischen Kunst so häufigen Scenen, welche die Anbetung des so-
genannten heiligen Baumes darstellen. Der Gestus der Adoration sei von dem
cyprischen Vasenmaler mifsverstanden und durch das Motiv des Riechens ersetzt
worden, ähnlich wie auf der Vase von Ormidia bei Perrot III S. 711 No. 523.
Solche Darstellungen hat der Vasenmaler ohne Frage gekannt. Sie würden
jedoch weder den Vogel erklären noch die Blumen, welche wie Reinach selbst
sieht vielmehr auf ägyptische Vorbilder weisen. Nachbildungen des sogenannten
heiligen Baumes sind in der cyprischen Kunst zahlreich erhalten, doch weichen
sie von der vorliegenden Darstellung bedeutend ab. Dümmler macht mich darauf
aufmerksam, dafs ein Mifsverständnis der in Aegypten in Gräbern des alten

Reiches so häufig dargestellten Vogeljagd vorliegen könne (vgl. Lepsius Denk-
mäler II 12, 60, 106, 130. III 113), welche wahrscheinlich phönikischen Teppichen
nachgebildet sich auch in der Cornetaner tomba del cacciatore finde. Die erbeu-
teten Vögel in der linken Hand würden sich dann in eine Blume verwandelt

haben, die Papyrusstauden nach dem geläufigeren Lotos stilisirt sein, der Strich
an der rechten Hand das Wurfholz vertreten. Auch die nicht ganz klare

Tracht hat mehr ägyptische wie assyrische Elemente. Es scheint, als habe der
Mann Schnabelschuhe an, welche in cyprischen Denkmälern sonst nur ftir Frauen
vorkommen; die scheinbare Ausnahme erklärt sich auf das einfachste aus den

iiberaus spitzen Füfsen der ägyptischen Vorbilder. Ebenso diirfte die PTisur
eine Nachbildung der ägyptischen Perrücke sein und auch das Halsband findet sich
bei den ägyptischen Vorbildern. Die Blumen haben ihre nächste Analogie auf
einer verwandten Vase in New-York (Perrot III S. 709 No. 521), wie auch Reinach
bemerkt hat.

Sind sonach die nächsten gegenständlichen Vorbilder unsrer Vase mit über-
wiegender Wahrscheinlichkeit in Aegypten zu suchen, so ist andrerseits der Stil von
ägyptischer Eleganz himmelweit entfernt. Die Proportionen des Mannes sind
gedrungen, das Gesicht von charakteristischer Häfslichkeit. Man kann daher die
Vase unmöglich für jünger halten als diejenigen phönikischen Erzeugnisse, in welchen
die Nachahmung des ägyptischen Stiles mit vollkommener Freiheit gelungen
erscheint; hauptsächlich sind dies die Silberschalen von Cypern, Praeneste und
Caere. Eine gewisse Verwandtschaft in der Formgebung zeigt die Kupferschale von
Dali (Ceccaldi monuvients antiques de Chypre pl. VII, danach Perrot III S. 673 No. 428.
 
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