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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 6.1891

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Treu, Georg: Die neuesten Versuche zur Anordnung des olympischen Ostgiebels
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https://doi.org/10.11588/diglit.37650#0074
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Treu, Die neuesten Versuche zur Anordnung des olympischen Ostgiebels.

Die Hauptschuld daran trägt leider Brunns verhängnifsvoller Vorschlag
einer Umordnung der Mittelgruppe in dem Sinne, dafs Oinomaos und Pelops ihre
Plätze unmittelbar neben Zeus zu Gunsten der beiden Frauen aufzugeben hätten
und selbst an die dritten Stellen im Giebel rücken sollten — ein Vorschlag, der
um so mehr Beachtung fand, als er aus der Feder desjenigen Mannes stammt, von
dem wir alle von jung auf zu lernen gewohnt sind k
Der Erste, der in diesem Versuch öffentlich den rettenden Gedanken be-
grtifste, war Six2. Was gerettet werden sollte, war die Möglichkeit, die freigear-
beiteten Vorderpferde von ihrem Platz neben den Reliefgespannen zu entfernen und
sie allein hinter diesen hertraben zu lassen. Es sollte auf diese Weise aus den
Flügelgruppen des Giebels eine Anschirrscene gestaltet werden —- als solche wurde
die 7tap«axsu7] des Pausanias gedeutet —• eine Anschirrscene freilich, der es, insbeson-
dere auf der rechten Seite, nur an den Anschirrenden fehlte.
In dieser Form nun scheint Sixens Vorschlag den Einwendungen gegenüber,
welche ich in dieser Zeitschrift IV, S. 304fr. versucht habe, nicht mehr aufrecht
erhalten zu werden. Aber die damals ausgesprochene Warnung, dafs ein von sol-
chen Voraussetzungen ausgehender Anordnungsversuch an seiner räumlichen Unaus-
führbarkeit scheitern müsse, scheint fruchtlos gewesen zu sein. Dies beweist die
im vorigen Hefte dieses Jahrbuchs S. 9 ff veröffentlichte neue Reconstruction des
Ostgiebels von Sauer, welche im wesentlichen auf der Grundlage der Vorschläge
Brunns und Sixens beruht. Da diese also ihre Geltung in der Meinung einiger
Fachgenossen noch behauptet zu haben scheinen, so glaubte ich mich nunmehr zu
einer möglichst augenfälligen Darlegung des Thatbestandes verpflichtet, welcher
sich aus jenen Voraussetzungen als notwendige Folge ergiebt.
Zu diesem Zwecke ist einfach die von Sauer geforderte Aufstellung der
Mittelgruppe mit den Abgüssen in einem Giebelrahmen ausgeführt worden, der,
wie ich gleich bemerke, genau die von Dörpfeld ermittelte und von Sauer (S. 30)
seiner Anordnung zu Grunde gelegte Gröfse hat3. Das Ergebnifs habe ich mit
Dr. Herrmann’s freundlicher Hülfe photographisch aufnehmen und, Dank Conzes
Entgegenkommen, auf der nebenstehenden Autotypie über einer Wiederholung der
Sauerschen Reconstructionszeichnung wiedergeben lassen können. Den Fachgenossen
ist auf diese Weise die Nachprüfung auch der Einzelheiten ermöglicht.
Dieses Bild ist beredter als alle Worte. Will man die Männer so aufstellen,
wie Brunn und Sauer verlangen, so decken sie die Frauen fast vollständig zu,
bohren ihnen ihre Rückendübel in den Leib und würden überdies in Wirklichkeit
aus dem Giebel herausstürzen, der unmöglich genügende Tiefe dargeboten haben
kann, um beide Gestalten vor einander aufzunehmen. Man sieht, dafs sich die

]) Sitzungsberichte der bayer. Akad. der Wissen-
schaften von 1888, philos. - philolog. CI. II, 2
S. 183 ff.
2) Journal of Hellenic studies X, S.98ff., vergl.

Taf. 6.
3) Die weifse Linie, welche oberhalb der Wasser-
nase am schrägen Giebelgeison entlang läuft,
bezeichnet die innere lichte Höhe des Giebels.
 
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