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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 8.1893

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Kuhnert, Ernst: Unteritalische Nekyien
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https://doi.org/10.11588/diglit.38776#0122
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112 Kuhnert, Unteritalische Nekyien.

in das Gemälde E. IV als Zuschauer hineingekommen sind. Dafs wir eine Unter-
weltsdarstellung vor uns haben, steht über allem Zweifel; finden wir da neben Perse-
phone eine auf einem Pantherfell sitzende Gestalt mit einer Lanze, ganz entsprechend
der einen der Poinai auf der Vase von Altamura, so können wir über ihre
Bedeutung nicht im Unklaren sein. Eben so sicher können wir nunmehr den Jüng-
ling neben ihr nach Analogie von E. VI, 2 als den Toten deuten; ich habe daher
kein Bedenken getragen, auch diese Vase schon oben in den Kreis meiner Betrach-
tung zu ziehen. Die wesentliche Bedeutung der beiden Vasen wird durch jene
Gestalten, für die ich einstweilen gar keine Deutung einer nicht sicheren vorziehe,
in keiner Weise beeinflufst.
Der an den Apollon Kitharodos erinnernde Orpheus findet sich in ganz
ähnlicher Tracht auch auf der von Robert, S. 54 publicirten Vase der Sammlung
Caputi, auf der der Heros die Thraker mit seinem Gesänge bezaubernd dargestellt
ist; phrygische Kleidung hat der Sänger bereits auf einer in Böotien gefundenen
Vase, die Robert ebendort anführt. Das älteste Denkmal, das Orpheus durch
Teile der Tracht als Nichthellenen charakterisirt, ist das albanische Relief, Furt-
wängler 50. Berl. Winckelmannsprogramm, S. 157; die sf. Vase, Arch. Zeitung 1884,
Sp. 272 und die zahlreichen Darstellungen des Sängers in seiner Macht über die
Thraker zeigen uns einen Griechenjüngling.
Alle diese Gemälde stehen zu dem Stifter der Mysterien in keiner Be-
ziehung, sie schildern nur des Sängers Leben in Thrakien oder die Eurydike-Sage,
deren ältestes literarisches Zeugnis in des Euripides Alkestis 357fT. vorliegt 27. Nur
eine etruskische Vase Annali 1845, *av• M scheint auf die auch in Etrurien
verbreiteten orphischen Mysterien hinzuweisen und ist in diesem Sinne bereits
von Furtwängler (S. 158, A. 10) gedeutet worden: »die obscönen bakchischen
Figuren, die der südetruskische Maler aus eigener Erfindung dazu gemalt hat, zeigen
wol, wie er sich die Gesellschaft dachte, in die man durch die orphischen Weihen
eingeführt ward.« Gerade von Etrurien aus hatte sich der bakchische Geheim-
dienst, dessen Anzeige im Jahre 186 zu dem Senatusconsultum de Bacanalibus führte,
bis in die Nähe von Rom verbreitet; mit der gröfsten Strenge wurden die Myste-
rien in ganz Italien unterdrückt, in Apulien und in Tarent wurden noch fünf Jahre
später Teilnehmer an den Orgien hingerichtet2S. Wir können diesem Senats-
beschlufs und seiner grausamen Ausführung entnehmen, welch ungeheure Verbrei-
tung in Etrurien und den griechisch redenden Teilen Italiens die Mysterien ge-
funden haben müssen; und bis auf welche Kreise die Macht der Mysterienpriester
sich ausdehnte, lassen uns die goldenen Täfelchen und unsere Prachtvasen
schliefsen.
Den vorangegangenen Erörterungen habe ich mit Absicht alles, was ich nicht
27) Eine eigentümliche tendenziöse Entstellung hat einen anderen Namen, ’AypioTtr], Athen. XIII,
sie- im Munde des Phaidros Plato, Sympos. 597 b.
S. 179 D. angenommen; Hermesianax hat nur 2S) Livius 39, 41; 40, 19. Vgl. Preller, Rom.
Mytlrol. II3, 8.36511., Comparetti im Journal of Hell. Studies III, S. 118.
 
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