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E. Pfuhl, Apollodoros δ σκιαγράφος.

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tierung heißen 6). In der Anzeige von Behns Dissertation habe ich dann erklärt,
es lasse sich beweisen, daß σκιαγραφία eine rationelle Perspektive sei 7). Soweit war
eigentlich schon der alte Schneider gewesen; er zog den Schatten nur noch zur Wort-
erklärung heran, weil Schlagschatten perspektivische Bilder seien — wobei er freilich
zwei verschiedene Arten der Projektion vermengte8); die Späteren sprechen dann
wieder von perspektivischer Schattierung.
Wer heute die Schneidersche Interpretation für die Geschichte der griechi-
schen Malerei fruchtbar machen will, kann sich nicht mit einem Hinweis auf die
bequemen Zusammenstellungen und kritischen Bemerkungen in den Eclogae physicae
begnügen, und auch die Autorität Hausers, der neuerdings σκιαγραφία ohne weiteres
mit Perspektive übersetzt 9), entbindet nicht von der Verpflichtung zum Beweise,
wenn man über Schneider hinausgehen und ein so wohl durchdachtes System an-
greifen will, wie es Rodenwaldts Anschauungen von griechischer Raumdarstellung
enthalten.
Wir verfolgen zunächst die Wortbedeutung von σκιαγραφία. Hesych: σκια-
γραφίαν, την σκηνογραφίαν ουτω λέγουσι. έλέγετο δέ τις και Απολλόδωρος ζωγράφος σκια-
γράφος άντ'ι του σκηνογράφος. Photios: σκιαγράφος· δ νυν σκηνογράφος, ούτως Απολ-
λόδωρος. Die besondere Bedeutung von σκηνογραφία ist von Schneiders Eclogae
bis zu Watzingers Vitruvstudien so vollständig festgestellt, daß es keiner neuen
Untersuchung bedarf. Bestritten wird nur, daß Agatharchos von Samos der erste
Skenograph war, d. h. daß er perspektivische Fassaden auf glatte Bühnenwände
malte; andrerseits vermutet man, daß seine Hausdekorationen dem zweiten
pompejanischen Stil ähnelten I0). Überliefert ist von Agatharchos folgendes. Vitruv
VII Praef. II (158): primum ·—· Aeschylo docente tragoediam scenam fecit et de
ea commentarium reliquit. Vitruvs weitere Ausführungen zeigen, daß er darunter
eine perspektivische Fassadenmalerei versteht (vgl. auch VI 2, 2, 139). Nach Plu-
tarch, Perikies 13 war Agatharchos ein Schnellmaler (ταχύ και ραδίως τα ζωα ποιείν);
Zeuxis hörte angeblich einmal, wie er sich dessen rühmte, und bemerkte kurz, er
dagegen male langsam. Ein Bruchstück derselben Anekdote steht bei Plutarch,
de amicorum multitudine 5: Zeuxis soll auf den Vorwurf, daß er langsam male, ge-
antwortet haben: ομολογώ έν πολλω χρόνω γράφειν, και γάρ εις πολύν. Nimmt man
beides zusammen, so ergibt sich die Antithese der langsam gemalten, aber auch
bleibenden Wert besitzenden Werke des Zeuxis und der rasch gemalten, aber auch
rasch entwerteten des Agatharchos. In dieser anekdotischen Überlieferung wird
niemand das Wort ζωα pressen wollen, um zu behaupten, es könne sich hier nur um

6) F. Behn, Die Ficoronische Cista 55; Collignon
a. a. 0. 39 und 47 ff.; Klein, Geschichte der
griechischen Kunst I 444 f. In Passows Lexi-
kon sind Schattierung und Perspektive einfach
nebeneinander gestellt. — Aus den Zitaten wie
aus dem Schweigen Collignons und Behns glaube
ich entnehmen zu können, daß mir nichts für
die vorliegende Untersuchung Wichtiges dadurch
entgangen ist, daß mir Girard, La peinture

antique, und Bertrand, Etudes sur la peinture
et la critique d’art dans l’antiquite unzugänglich
geblieben sind.
’) Berl. philol. Wochenschrift XXVIII 1908, 408.
8) Eclogae physicae II 266.
9) Furtwängler-Reichhold, Griechische Vasenmalerei
II 304: Theoretisches Erfassen der Perspektive
durch Apollodoros.
10) Studniczka, Tropaeum Traiani 67.
 
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