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Μ. Mayer, Altapulische Terrakotten.

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bedeckung tragen, ist es eine kegelförmige Helmkappe. Diese Figürchen sind, soviel
ich weiß, alle echt archaisch, mag selbst der idolartige Typus hie und da — ich weiß
es nicht — noch später wiederholt worden sein.
Über das Alter des Reiters aus Rudiae hingegen dürfen wir uns keinen Illusionen
hingeben. Schon die Art, wie das Haar über der Stirn nach vorn gekämmt ist, in
unregelmäßiger oder freier Weise, muß auffallen. Und die Gesichtsformen, wenn es
möglich wäre, tiefer in sie einzudringen, würden der ganzen Anlage nach jedenfalls
auch gewisse prinzipielle Unterschiede gegen echt Archaisches ergeben. Ein be-
stimmtes Kennzeichen liegt in der zarten rosa Deckfarbe, deren Spuren sich hie und
da erhalten haben. Das ist die gewöhnlich auf weißem Grunde aufgetragene Be-
malung, welche die apulischen Terrakotten des IV. und III. Jahrhunderts ziert.
Übrigens gehören dazu nicht die schwachen Ansätze von Bemalung, die man im
Gesicht bemerkt und die mit einer dunkleren Farbe aufgetragen sind: die Augensterne
und -brauen sowie das. etwas verwaschene Sturmband, das zwischen Kinn und Mund
die Kopfbedeckung festzuhalten scheint.
Die Kopftracht gibt uns ein Rätsel auf. Rein schematisch betrachtet, gleicht
sie gewissermaßen den Tonglöckchen aus dem prähistorischen Kreta 3). Ferner
trägt der kleine Horus oder Harpokrates auf römisch-ägyptischen Terrakotten einen
doppelten Aufsatz oder Auswuchs, der für jeden, der den Sinn nicht kennt, durchaus —
auf manchen Darstellungen wenigstens — das Aussehen einer Kappe gewinnt; vgl.
Comptes rendus de l’Ac. des inscr. 1905, 123 ff. 4). Ob diese Eigentümlichkeit
auch schon in hellenistischer Zeit oder noch früher vorkommt, ist mir nicht bekannt;
von publiziertem Material scheinen die Funde von Naukratis, Ann. Brit. Sch. V
pl. XIII 191, 92, die ältesten dieser Art zu sein. Ein Zusammenhang mit
Apulien, der auf eine Mißdeutung des Ägyptischen hinauskommen müßte, ist
schwer herzustellen. Eher vielleicht noch mit gewissen griechischen Terrakotten
der Krim, die Musikanten mit einer oben geteilten hohen Kappe darstellen 5).
Man kann auch die Beobachtung machen, daß die Apulier mit zweizinkigen
Gabelhenkeln gelegentlich eine Dreiteilung, offenbar willkürlich, vornehmen3 4 * 6).
An demselben Orte, im Frovinzialmuseum zu Lecce (Nr. 201), befindet sich eine weib-
liche Gewandfigur in Terrakotta, FI. 0,19 m, aus Gnathia, wie es dort heißt, die
den r. Arm in die Seite gestemmt, in der Linken ein Fruchthorn hält 7) und einen
eigentümlichen Kopfputz trägt: eine dreifach geteilte hohe Haube, ebenfalls quer-
stehend, aber nicht so spitzig und mit dem Unterschiede, daß diese Fartie die
hintere hohe Hälfte bildet und von dort über Nacken und Schultern als Kapuze
herabfällt, wovon bei dem Reiter keine Andeutung, während der Vorderteil über der
Stirn sich noch einmal zu einem doppelten Bausch erhebt. Mit diesem aus gleichem
Kulturkreise stammenden Stücke, das einen etwas vorgeschritteneren, aber gleich-

3) Journ. hell. stud. XXIII 1903, 180 Fig. 6.
4) Von dieser Art ist im Berliner Museum, Ägypt.
Abt., z. B. die Terrakotte Inv. 9182. Die Aus¬
wüchse stellten ursprünglich Federn dar, ganz
zuerst, wie es heißt, Hörner.

5) Winter, Typenkatalog IS. 172, 1, wo die russi-
sche Literatur angegeben ist.
6) In der Daunia. Röm. Mitt. XXIII 1908 Beil.
III 2, S- 179 Nr. 24; S. 190.
7) Vgl. etwa Winter, Typenkatalog II S. 172, 173.
 
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