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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 26.1911

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Schröder, Bruno: Artemis Colonna
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https://doi.org/10.11588/diglit.44286#0057
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B. Schröder, Artemis Colonna.

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Es ist die Hoffnung geäußert worden I), wenn einmal zu der Artemis
Colonna der Kopf hinzugefunden sei, möchte sich wohl auch der Name des Meisters
finden. Wir sprechen die Hoffnung von neuem aus, da sich uns bis jetzt kein Weg
gezeigt, sie zu erfüllen.
Von entfernter verwandten Werken läßt sich der Satrapensarkophag3) aus
Sidon anführen, auf dem Einzelheiten in der Zeichnung der Falten und der Kopf des
Mädchens Ähnlichkeiten aufweisen. Aber auch solche Spuren sind zu schwach,
um schon jetzt den Meister der Artemis Colonna und seine Heimat zu nennen.
Es lohnt die Mühe, bei dieser Gelegenheit einen Blick auf eine Artemisstatue
zu werfen, die in der Kunstgeschichte mit der Artemis Colonna »oft genug in einem
Atem genannt wurde« 3), in dem Sinne, als ob beide Statuen auf Originale zurück-
gingen, die bei der nahen Verwandtschaft untereinander nur in einer und derselben
Richtung ihren Ursprung genommen haben könnten 4).
Die kleine Figur, die wir nach ihrer am besten erhaltenen Replik die Dresdener
Artemis zu nennen pflegen, gilt für sicher praxitelisch 5). Hier ist die Göttin ge-
bildet, wie sie in jugendlicher Erscheinung ruhig dasteht, die rechte Hand zum
Köcher erhoben, die Linke gesenkt. Sie trägt den ungegürteten Chiton, ebenso wie
die Artemis Colonna, und in dieser gleichen Kleidung liegt die Ähnlichkeit zwischen
den beiden Kunstwerken. Mit Recht hat jedoch H. Bulle 6) die praxitelische
Figur von der Artemis Colonna »grundverschieden« genannt. Bei der Dresdener
Artemis ist der Chiton künstlich angeordnet, in einer Weise, wie er beim ein-
fachen Umlegen des Köcherbandes sich schwerlich falten würde; bei der Artemis
Colonna hängt der Überschlag in freier Natürlichkeit herab. Auch die Falten,
die von dem Köcherband vor der Brust gebildet werden, ähneln sich bei beiden
Statuen nicht mehr, als sich bei der gleichen Art von Stoff unter der gleichen
äußeren Bedingung ergibt 7). Ebenso sind am unteren Teil der Figuren nur
Verschiedenheiten zu bemerken. Auf der einen Seite ein ideales, stoffloses Gewand
und das Bestreben, trotz der Menge der Falten die Körperformen in straffer
Zeichnung erkennen zu lassen; bei der Dresdener Statue weiche, notdürftig
gegliederte Stoffmassen, die schlaff am Körper herabhängen. Ebensowenig gleichen
sich die Köpfe der Figuren (Abb. 7).
Wo wir dort große, einfache Flächen sahen, entzückt uns hier anmutiger Reich-
tum an Einzelformen in Stirn und Wangen. Der auch hier leicht geöffnete Mund
erscheint fast von puppenhafter Zierlichkeit und die Augen blicken sanft, fast zärt-
lich. Wo dort abweisende Strenge, ist hier kindliche Unberührtheit.

r) Klein, Praxiteles 311.
2) Hamdi-Bey und Reinach, La Necropole de Sidon
PI. XX ff.
3) Klein, Praxiteles 310.
4) R. v. Schneider, Jahrb. der Kunstsammlungen des
AHerh. Kaiserhauses XII 69.
5) Furtwängler, Meisterwerke 554 ff. Amelung,
Basis des Praxiteles 21 ff. Amelung, Die Skulpt.

d. Vat. Mus. I 16 a. Klein, Praxiteles 308 ff.
Wernicke, P. W. II 1423.
6) Vgl. die phidiasische Frauenstatue aus Korinth
(American Journ. of archeol. XIII 1909, 322),
bei der das Köcherband in der gleichen Weise
einschneidet.
7) Röm. Mitt. IX 1894, 159.
 
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