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G. Lippold, Jünglingsstatue von Antikythera.

271

JÜNGLINGSSTATUE VON ANTIKYTHERA.
Unter den Funden von Antikythera spielen die zahlreichen Marmorskulpturen
eine traurige Rolle. Die meisten von ihnen sind derartig zerfressen, daß, obwohl
Svoronos mit gewohntem Scharfsinn eine Reihe von ihnen zu deuten versucht hat,
doch nur eine einzige mit völliger Sicherheit bisher bestimmt werden konnte, die
Wiederholung des Herakles Farnese in Originalgröße I). Bei einer andern hat
Svoronos wenigstens einen Weg gezeigt, auf dem man zu einer genaueren Bestimmung
kommen kann. Es ist die hier Fig. I abgebildete Statue 2). Sie gleicht nach Svoronos
in der Haltung »einigen Hermesstatuen vom Typus des Hermes aus Aegion«; Svo-
ronos bildet zum Vergleich den »Mercure Richelieu« im Louvre ab (Fig. 2).
Bei der starken Zerstörung des Körpers scheint es geraten, von dem einzigen
besser erhaltenen Teil, dem Kopf, auszugehen; wenigstens seine rechte Hälfte ist
von den zerstörenden Einflüssen des Meeres unberührt geblieben. Der Kopftypus
läßt sich bestimmen. Fig. 3 u. 4 stellt den Kopf mit dem der Münchener Glyptothek
Nr. 289 (nach Gips) zusammen. Man erkennt sofort, daß beide auf das nämliche Original
zurückgehen3). Von dem Münchener Kopfe kennen wir eine Reihe weiterer Repliken
(vgl. unten); wir dürfen also auch von dem dazugehörigen Körper Wiederholungen
in unserm Antikenvorrat erwarten. Die Statue von Antikythera begrenzt den Kreis,
innerhalb dessen wir zu suchen haben, ziemlich enge: viertes Jahrhundert, linkes
Standbein, Kopf zur linken Schulter gewandt, Chlamys über dem linken Arm. Also,
wie Svoronos richtig gesehen hat, die Gruppe des Hermes von Aegion. Dieser selbst
scheidet aus, da er, wenn er überhaupt Kopie in eigentlichem Sinne ist, auf ein Werk
des 5. Jahrhunderts zurückgehen muß. Von den übrigen ähnlichen Statuen ist nur
der schon von Svoronos herangezogene »Mercure Richelieu« (Fig. 2) in mehreren
Repliken vertreten. Die wenigen Einzelheiten, die man von der Statue von Anti-
kythera noch erkennen kann, stimmen mit diesem Typus vortrefflich überein: deut-
lich sieht man namentlich, wie der linke Oberarm vom Körper getrennt ist, die über
den Unterarm fallende Chlamys dagegen den Kontur des Oberschenkels begleitet.
Auch die Übereinstimmung des allgemeinen Umrisses, namentlich der Biegung des
Oberkörpers läßt sich nicht verkennen 4), Wir würden also zunächst geneigt sein,
die Statue von Antikythera für eine Replik des »Mercure Richelieu« zu halten. Aber
hier scheint sich eine Schwierigkeit zu erheben; denn für den Mercure Richelieu
glaubt man den zugehörigen Kopftypus — der von dem der athenischen Statue ab-
weicht — bereits gefunden zu haben. Der Typus hat in der Archäologie ein wechsel-

x) Athener Nationalmuseum Taf. XI, 1. Mit Wahr-
scheinlichkeit bestimmt hat Svoronos noch Ath.
Nat.-Mus. Taf. XV, 4 (Hermes von Andros) und
XVI, 2 (knidische Aphrodite). Genauere Unter-
suchung der Fragmente wird sicher noch mehr
ergeben.
2) Svoronos, das Athener Nationalmuseum Taf. XV,
Schätzungen keine Differenzen

1; S. 73, Nr. 35. Vgl. ’Ecp. dpy. 1902 z. E 1 u. 2.
Athen Nr. 2774 (Stais, Guide 72).
3) Die Übereinstimmung haben Eduard Schmidt und
ich unabhängig voneinander vor dem Stück in
Athen konstatiert.
4) Genaue Maße ließen sich bei der athenischen
Statue natürlich nicht nehmen; doch ergaben
genüber dem Mercure Richelieu.
 
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