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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 38/​39.1923/​1924(1924)

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Studniczka, Franz: Imagines illustrium
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https://doi.org/10.11588/diglit.44819#0140
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Franz Studniczka, Imagines Illustrium.

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Altersgenossen (S. 69). Daneben das würdige Haupt des alten Lehrers, vermutlich
Menedemos, auf der stämmigen und noch so straffen Gestalt, der auch seinem Stile
nach an die oben mit ihm verglichenen Schulhäupter des frühen Hellenismus gemahnt
(S. 8of.). Und wie lysippisch mannigfaltig sind sogar die vier Frauenbildnisse, obgleich
auf diesem Gebiete selbst noch die hellenistische Kunst der Neigung zum Veredeln
weitgehende Zugeständnisse zu machen pflegt. Am edelsten wirkt das Profil der
Phila mit dem leuchtend erhobenen Mutterblick,· aber sie ist für hohe griechische
Kunst außergewöhnlich fettleibig bis herauf in die Wangen. Auf gedrungener, kraft-
voller Gestalt trägt ihre Schwester Eurydike einen wieder auffallend großen Charakter-
kopf mit stärker gebogener Nase, vortretendem Jochbogen und kräftigem Kinn,
in den düstern Zügen ihr schweres Frauenschicksal. Ihr ähnelt das Gesicht der
Tochter (die Nase ist, wie S. 105 gesagt, durch Beschädigung entstellt), dessen Aufblick
zu den Lenkern des Menschenschicksals nichts von leerer Redensart hat. Die hohe
Gestalt ist im Bau, auch der Arme, von den Matronen deutlich unterschieden. Selbst
die Hetäre behält, obgleich ihre nicht eben seelenvolle Schönheit am meisten an
Göttinnen erinnert, doch etwas nüchtern Wirkliches in dem herben Mund und dem
erwartenden Blick ohne Wärme. Die hier besonders deutlichen Modelöckchen vor
den Ohren erinnern in ihrer Schlichtheit und Breite noch mehr an die der großen
Herkulanerin (S. Ι2θ), als an die eleganten Schlänglein all der pergamenischen Frauen.
Vollends in die niedrige Wirklichkeit hinab führt uns die eher garstige kleine Zofe,
deren Kopf mit dem der Herrin noch soviel bezeichnender in Vergleich gestellt ist,
als der lustige des Satyrbuben mit dem seherhaft schönen der Arkadia (S. 117).
Zum Schluß noch ein Wort Von der eigentümlichen Lehnenform der beiden
Thronoi. Antik habe ich ihre ausgeschweiften Stollen, die beiderseits über den winkel-
rechten Aufbau des Gestells herausgreifen, bisher nicht wiedergefunden (S. 84). Aber
in der Hauptsache ähnlich, nur zierlich verschnörkelt, zeigte mir sie, meiner dunkeln
Erinnerung nachhelfend, Fräulein Dr. Marie Schütte am Leipziger Kunstgewerbe-
museum im späten englischen Rokoko Chippendales und in schlichterer, aber
auch zahmerer Gestalt an ungefähr gleichzeitigen Stühlen aus Nordamerika J. Dazu
fand ich unlängst auf der Moritzburg einen solchen Lehnstuhl unter anders geformten
in einer sicher noch barocken Zimmereinrichtung, die dort August dem Starken
zugeschrieben wird. Erst recht wird diese ausschweifende Lehnenform innerhalb der
griechischen Gerätkunst als »barock« gelten müssen. Wenn man sich nämlich nicht
von allzu ängstlichen Warnern den Gebrauch solcher Vergleiche wehren läßt, die
ja selbstverständlich hinken, aber dennoch zu anschaulicher Stilbeschreibung bei-
tragen können. »Gleichnisse dürft ihr mir nicht verwehren; ich wüßte mich sonst
nicht zu erklären.«
So weit konnte ich in beschränkter Zeit den Versuch durchführen, aus den
gefundenen Deutungen zu folgern, was sich daraus für die Kunstgeschichte ergibt,
fi K. Warren Clouston, The Chippe dale period. Fig. i, 15 u. a. Eine Probe bei A. G. Meyer und
in English furniture, London 1897, Titelbild, Graul, Tafeln zur Gesch. d. Möbelformen I 7, 6.
Ein amerikanischer Stuhl ebenda 10, 8.
 
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