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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 40.1925(1926)

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Bieber, Margarete: Ein idealisiertes Porträt Alexanders des Grossen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44818#0202
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Margarete Bieber Ein idealisiertes Porträt Alexanders des Großen

Vorbild folgt, so sind die Augen, der Spiegel der Seele, sicher mißglückt. Ist es schon
an sich unglaublich, daß der Welteroberer so kleine, trübe, mattblickende Augen
gehabt hat, so wird das durch das Zeugnis des sicher zuverlässigen Alexandermosaiks
mit seinen großen, lebhaften Augen schlagend widerlegt. Von dem Alexander mit
der Lanze haben wir nur den kleinen, schwachen Nachklang in der Statuette aus
Ägypten im Louvre1).
Wir müssen überhaupt annehmen, daß eine so leidenschaftliche Persönlichkeit
wie Alexander von Jahr zu Jahr in seiner äußeren Erscheinung sich änderte. Ein
objektiv wahres, allgemeingültiges Bild von ihm können wir also schon aus inneren
Gründen nicht erwarten. Ein nur einmalig gültiges konnte aber dem offiziellen
Kult weder zu Lebzeiten noch nach dem Tode Alexanders zugrunde gelegt werden.
Wir müssen uns also damit bescheiden, daß wir von Alexanders physischer Er-
scheinung Aveder ein absolut zuverlässiges Bild besitzen, noch von unserer Über-
lieferung erwarten dürfen2). Wir kennen dafür seine metaphysische Erscheinung,
das heißt das Bild, das sich Mitwelt und Nachwelt von dem Helden machte, der
sich wie sein Ahnherr Herakles den Himmel durch eigene Kraft erworben hat,
nachdem er sich die Erde unterworfen hatte. ÄVie bei Herakles sind nach der Apotheose
die Spuren der irdischen Kämpfe im Antlitz verwischt. Für die Inkarnation dieser
Idee des zum Gott emporgestiegenen Menschen ist der Kopf aus dem Asklepieion
von Kos ein gutes Zeugnis.
Gießen. Margarete Bieber.

T) Winter, Arch. Anz. io, 1895, 162 f. Schreiber,
Studien 100 ff., Taf. VI L. Bernoulli a. 0. 102 f. 11.
144'f. Fig. 31. Delbrück, J. d. I. 40, 1925,11 Abb.4.
2) Über Delbrücks Versuch (oben J. <1. I. 40, 1925,

8 ff.), ein zu Lebzeiten des Königs entstandenes
realistisches Porträt Alexanders von Pyrgoteles
nachzuweisen, wage ich ohne Kenntnis des
Originals nicht zu urteilen.
 
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