VON W. BODE.
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genannten Gemälden, noch zu massig und doch zu leer, die Färbung ist zu hart,
der Beleuchtung fehlt die Feinheit der späteren Bilder. Offenbar waren es die Land-
schaften der Carracci und des in Rom ansässigen Malers Paulus Bril aus Antwerpen,
unter deren Einfluss diese Bilder entstanden. Sie zeigen einen jungen eigenartigen
Künstler und sprechen schon deshalb für Elsheimer selbst, nicht für einen Schüler
oder Nachahmer. Auch in den figürlichen Darstellungen macht sich die Einwirkung
der grossen italienischen Kunst (der zeitgenössischen, insbesondere des Caravaggio
sowohl wie in höherem Maasse der älteren klassischen Meister) zunächst in ähnlicher
Weise schon äusserlich durch das Streben bemerklich, die menschliche Gestalt in
grösseren Dimensionen wiederzugeben. Ein sehr charakteristisches, schon recht tüchtiges
Studienköpfe Elsheimer's.
Originale in Frankfurt a. Μ.
Bild dieser Art ist die „Marter des hl. Laurentius", eine Composition von strenger,
trefflicher Zeichnung, klassischem Gewandzug und edler Ruhe bei kühler Färbung, die
trotz der Verschiedenheit des Formates auffallend an frühere Arbeiten des P. P. Rubens
erinnert — ein Umstand, der sich bei dem freundschaftlichen Verkehr der beiden fast
gleichalterigen Meister ebenso sehr aus dem Einfluss Elsheimer's auf Rubens wie um-
gekehrt aus dem des Rubens auf Elsheimer erklären lässt. Die grosse Zeichnung zu
einer „Grablegung Christi" im Museum zu Darmstadt zeigt dieselbe auffallende Ver-
wandtschaft mit Rubens und ein durchaus ähnliches Streben, jedoch verbunden mit
einer ganz einzigen Grossartigkeit. Früher und noch bezeichnender für die Macht
des Eindruckes der italienischen Natur auf den Künstler ist die „Ruhe auf der Flucht"
im Belvedere zu Wien, wo sich Correggio's Madonna della Scodella auf den ersten
Blick als Vorbild verräth, und die in direktem Anschluss an Caravaggio entstandene
„Verläugnung Christi durch Petrus" in der Akademie zu Venedig (No. 245, dort be-
zeichnet: Unbekannt: Familienscene).
Fleissige Studien nach der Natur wie nach der Antike und den alten Meistern
brachten den Künstler nach solchen zum Theil wenigstens ausserhalb seines Talentes
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genannten Gemälden, noch zu massig und doch zu leer, die Färbung ist zu hart,
der Beleuchtung fehlt die Feinheit der späteren Bilder. Offenbar waren es die Land-
schaften der Carracci und des in Rom ansässigen Malers Paulus Bril aus Antwerpen,
unter deren Einfluss diese Bilder entstanden. Sie zeigen einen jungen eigenartigen
Künstler und sprechen schon deshalb für Elsheimer selbst, nicht für einen Schüler
oder Nachahmer. Auch in den figürlichen Darstellungen macht sich die Einwirkung
der grossen italienischen Kunst (der zeitgenössischen, insbesondere des Caravaggio
sowohl wie in höherem Maasse der älteren klassischen Meister) zunächst in ähnlicher
Weise schon äusserlich durch das Streben bemerklich, die menschliche Gestalt in
grösseren Dimensionen wiederzugeben. Ein sehr charakteristisches, schon recht tüchtiges
Studienköpfe Elsheimer's.
Originale in Frankfurt a. Μ.
Bild dieser Art ist die „Marter des hl. Laurentius", eine Composition von strenger,
trefflicher Zeichnung, klassischem Gewandzug und edler Ruhe bei kühler Färbung, die
trotz der Verschiedenheit des Formates auffallend an frühere Arbeiten des P. P. Rubens
erinnert — ein Umstand, der sich bei dem freundschaftlichen Verkehr der beiden fast
gleichalterigen Meister ebenso sehr aus dem Einfluss Elsheimer's auf Rubens wie um-
gekehrt aus dem des Rubens auf Elsheimer erklären lässt. Die grosse Zeichnung zu
einer „Grablegung Christi" im Museum zu Darmstadt zeigt dieselbe auffallende Ver-
wandtschaft mit Rubens und ein durchaus ähnliches Streben, jedoch verbunden mit
einer ganz einzigen Grossartigkeit. Früher und noch bezeichnender für die Macht
des Eindruckes der italienischen Natur auf den Künstler ist die „Ruhe auf der Flucht"
im Belvedere zu Wien, wo sich Correggio's Madonna della Scodella auf den ersten
Blick als Vorbild verräth, und die in direktem Anschluss an Caravaggio entstandene
„Verläugnung Christi durch Petrus" in der Akademie zu Venedig (No. 245, dort be-
zeichnet: Unbekannt: Familienscene).
Fleissige Studien nach der Natur wie nach der Antike und den alten Meistern
brachten den Künstler nach solchen zum Theil wenigstens ausserhalb seines Talentes
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