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Preußische Kunstsammlungen [Contr.]
Jahrbuch der Königlich-Preuszischen Kunstsammlungen — 1.1880

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Dohme, Robert: Filarete's Traktat von der Architektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.75035#0334

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23ο

FILARETE'S TRAKTAT VON DER ARCHITEKTUR

Bibliotheken von ihm zusammengetragener Collectaneen. Ob die Abschrift, wie nahe-
liegt, von ihm herrührt, vermag ich nicht zu sagen. — Ein anderes Excerpt aus Bonfini's
Uebersetzung (X) befand sich einst in der Sammlung du Peiresc's (Montfaucon, Bibl.
manuscr. p. 1182), ist aber seitdem verschollen. Ebenfalls verschollen scheint jenes
Exemplar der lateinischen Uebersetzung (XI) zu sein, welches Montfaucon und
Mazzucchelli in der Ottoboniana kennen, wenigstens vermochte Herr Dr. Schmarsow,
dem ich die Notizen über die Manuscripte der vaticanischen Bibliothek verdanke, es
dort nicht mehr aufzufinden. Verloren ist ferner das Manuscript über Architektur,
welches Scipio Maffei in der Bibliothek von St. Emeran in Regensburg sah und von
dem Mazzucchelli vermuthet, dass es der Filarete sein könne. Die Münchener Staats-
bibliothek, in welche die Bücherei von St. Emeran aufgegangen ist, hat von dort her
kein derartiges Manuscript übernommen. — Der Vollständigkeit dieser Notizen wegen
sei endlich noch erwähnt, das Morelli mit seiner Angabe, Scamozzi versichere (I, VI)
ein Exemplar des Filarete in italienischer Sprache zu besitzen, irrt; es wird dort des
Autors nur unter denen, welche über Architektur geschrieben haben, gedacht.
Jeder Beschäftigung mit dem Inhalte des Traktates tritt zunächst die Frage
entgegen, wie kam Vasari zu seinem Urtheil?*) Denn hat er Recht, so ist jedes nähere
Eingehen auf solche Leistung müssig.
Um die Arbeit, wie wir Modernen, lediglich als ein zeitgeschichtliches Document
zu schätzen, welches das Verständniss einer vergangenen Periode mit erschliessen hilft,
ohne dass von ihr irgend welche praktische Nutzanwendung für die Gegenwart ver-
langt wird, dafür fehlte Vasari natürlich der kritisch objective Standpunkt; zugleich
steht er den Tagen des Humanismus doch auch schon zu fern, um an diesem Lehr-
gedicht in Prosa einer bereits untergegangenen Weltanschauung noch ein aesthetisches
und literarisches Genüge zu finden. So prüft er die Schrift allein auf ihren Werth
als historische Chronik und auf den Grad der Belehrung hin, den er als praktischer
Künstler aus ihr ziehen kann, und findet da allerdings ganz richtig, dass das Resultat
sehr unbedeutend ist. Hierzu kommt, dass die Arbeit unverkennbar voll barocker
Schrullen steckt, die unser Gesammturtheil natürlich dann um so mehr beeinflussen,
wenn der Inhalt uns überhaupt nicht anspricht**). Dass wir heut aber trotz aller
Absonderlichkeiten der Arbeit dieselbe als ein vollgiltiges Zeugniss von den baulichen
Idealen ihrer Zeit ansehen dürfen, sehen wir schon aus der Werthschätzung, welche
sie bei den fürstlichen Baudilettanten des Quattrocento, abgesehen von den Sforza und
Medici, bei Ferrante von Neapel und Matthias von Ungarn gefunden.
Die Schrift ist ein wenn schon gemässigtes Seitenstück zur Hypnerotomachie;
im Gegensatz zu Vitruv's und Alberti's streng theoretischen Lehrbüchern eine bau-
künstlerische Phantasie voll wunderlicher Ideen 'und märchenhafter Uebertreibungen,
voll Weitschweifigkeiten und Wiederholungen. Das Ganze ist in ein novellistisches
Gewand gekleidet, ohne dass doch die Fabel selbständiges Interesse böte. Haupt-
träger der Handlung ist Filarete selbst, der für seinen Fürsten eine Residenz „Sforzinda"

*) E comeche alcuna cosa buona in essa si ritruovi e non dimeno per lo piü ridicola,
e tanto scioca, ehe per avventura e nulla piü.

**) Im XIV. Buche lässt Filarete bei den Arbeiten für eine Hafenanlage seine Erdarbeiter
auf eine Steinkiste stossen, in der sich unter allerlei Kostbarkeiten Aufzeichnungen finden,
in denen der fabelhafte König Zogalia (Galeazzo) über die Grossthaten seines Architekten
Onitoan Nolivera eines Notirenflo (silbenweis verkehrt zu lesen) berichtet; beim Bau der
Stadtmauern beschäftigt er an jeder laufenden Braccia Mauerwerk elf Arbeiter u. s. f.
 
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