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Preußische Kunstsammlungen [Contr.]
Jahrbuch der Königlich-Preuszischen Kunstsammlungen — 1.1880

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II.-IV Heft
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Bode, Wilhelm von: Adam Elsheimer der Römischen Maler Deutscher Nation
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https://doi.org/10.11588/diglit.75035#0127

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VON W. BODE.

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schuldung des Künstlers aber und von der Schuldhaft, worüber Sandrart Langes und
Breites zu erzählen weiss, und von den Anekdoten, die alle späteren Biographen an
dieselbe knüpfen, kein Wort bei Baglione. Nach seinem Bericht ist offenbar Sandrart's
Erzählung nicht nur sehr übertrieben, sondern mindestens in der Form, die er der
Sache giebt — dass nämlich Elsheimer seinen Schüler und Freund, den Ritter Hendrik
Goudt von Utrecht wegen vorgeschossenen Geldes etliche Jahre lang zu Rom habe
warten lassen, darüber wegen jener Schulden schliesslich in Schuldarrest gekommen,
darin erkrankt und in Folge dessen bald nach seiner Befreiung aus dem Gefängniss
gestorben sei — gradezu falsch. Denn Goudt, welcher zwei seiner Radierungen nach
Elsheimer in den Jahren 1608 und 1610 in Rom ausführte, fertigte nach Sandrart's
eigener Aussage seine späteren Stiche (mit Daten von 1612 und ι6ι3) bereits in Utrecht,
verliess also Rom etwa ein Jahrzehnt vor Elsheimer's Tode. Baglione pflegt sonst
derartige Ereignisse, wie sie Sandrart schildert, in seinen Biographieen genau anzugeben;
und ausserdem führt er als Grund von Elsheimer's Tode ausdrücklich ein Magenübel
an, welches sich derselbe „angeblich" durch übermässige Arbeit zugezogen habe. Wäre
nicht Baglione's Bericht von Sandrart und seinen Nachschreibern ganz unberück-
sichtigt geblieben, so könnte man auf die Vermuthung kommen, dieselben hätten ihre
lamentabeln Anekdoten über die Armuth, die Gefangenschaft und den Tod des Künstlers
aus dem Missverständniss von Baglione's Worten: „mori di dolore di stomaco" abge-
leitet! Auf jeden Fall lässt sich Sandrart's Erzählung, die sich — wie wir sahen —
schon aus anderen Gründen als stark übertrieben herausstellt, mit Baglione's Angabe,
dass Elsheimer, „um behaglicher leben zu können, aus dem Palazzo Apostolico aus-
reichend mit Lebensunterhalt versehen worden sei", in keiner Weise zusammenreimen;
und doch verdient Baglione in dieser Angabe unbedingtes Vertrauen, da er nicht nur
Elsheimer persönlich nahe stand, sondern grade in künstlerischen Dingen die rechte
Hand des damaligen Papstes Paul V. war.
Als Todesjahr des Künstlers wird das Jahr 1620 angegeben. Baglione be-
zeichnet den Zeitpunkt nur sehr unbestimmt durch die Worte: „nel Pontificato di
Paolo V.", welcher von i6o5—1621 regierte. Auch Sandrart nennt kein bestimmtes
Jahr; allein das Jahr 1620 ergiebt sich ziemlich sicher aus einer Bemerkung, die er
über einen Schüler Elsheimer's, J. E. Thoman von Hagelstein macht: dieser sei — so
sagt Sandrart — im Jahre i6o5 nach Italien gekommen und habe sich hier „erstlich
eine Zeitlang zu Mayland, hierauf aber in die i5 Jahre zu Neapoli, Rom und Genua
(bis zu Elsheimer's Tode, wie es an einer andern Stelle heisst) aufgehalten". Nach
dem Wortlaute eines kürzlich (1877) durch Ruelens in seinem Werke „Pierre Paul
Rubens, documents et lettres" veröffentlichten Briefes von Rubens vom 19. Juni 1622
war Elsheimer damals schon todt. Es darf daher wohl vorläufig an dem Jahre 1620
festgehalten werden.
Zur Entscheidung der Frage nach der künstlerischen Entwicklung Els-
heimer's fehlt es fast an jedem sicheren Anhalt. Wie der Meister seine Gemälde nur
ausnahmsweise mit seinem Namen zeichnete, so ist mir auch auf keinem derselben
eine Jahreszahl bekannt. Und die zuverlässigen Ueberlieferungen in dieser Richtung
beschränken sich auf einige wenige datierte Stiche nach Bildern des Künstlers, durch
welche sich eben nur so viel feststellen lässt, dass die entsprechenden Gemälde nicht
später als in den auf den Stichen angegebenen Jahren entstanden sind. Jedoch glaube
ich mehrere Bilder Elsheimer's nachweisen zu können, welche wenigstens einige
äussere Anhaltepunkte zur Bestimmung ihrer Entstehung darbieten, und die sodann
 
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