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Preußische Kunstsammlungen [Contr.]
Jahrbuch der Königlich-Preuszischen Kunstsammlungen — 1.1880

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II.-IV Heft
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Bode, Wilhelm von: Adam Elsheimer der Römischen Maler Deutscher Nation
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https://doi.org/10.11588/diglit.75035#0147
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VON W. BODE.

von Rembrandt's älterem talentvollen Freunde Hercules Seghers nach einem „Tobias
auf der Reise" von Adam Elsheimer. Wenn ich nun auch einen direkten Einfluss
Elsheimer's auf Rembrandt durch Gemälde, Stiche und Zeichnungen, die Rembrandt
in Holland verhältnissmässig häufig zu Gesicht kommen mussten, bei der ohnehin sehr
verwandten Auffassungsweise beider Künstler nicht schlechthin läugnen möchte, so
glaube ich doch daran festhalten zu müssen, dass Elsheimer's Kunstweise im Wesent-
lichen erst aus zweiter Hand dem Rembrandt überliefert wurde: seine eigenthümliche
Compositionsweise innerhalb der Landschaft, seine Kostüme, seine naturgetreue genre-
artige Auffassung, seine rythmische Gruppierung, selbst seine Motive durch Lastman,
Pijnas und Swanenburgh, seine künstliche Beleuchtungsweise und seine tiefe, leuchtende
Färbung dagegen mehr durch Bramer. Wie Rembrandt freilich in ganz anderer
Weise als diese seine Lehrer und Vorbilder auf das innere Wesen von Elsheimer's
Kunst einging, wie er namentlich die ungesuchte, rein menschliche Auffassung des-
selben, die sich direkt an das Gemüth des Beschauers wendet, sich zu eigen machte
und davon ausgehend seinen eigenen gewaltigen Stil schuf, darauf habe ich schon
bei der Charakteristik Elsheimer's hingewiesen.
Dass Elsheimer auf die Richtung der holländischen Landschaftsmalerei, welche
die grossartigen Formen Italiens in der Fülle des südlichen Lichtes wiederzugeben
bestrebt ist, in verschiedener Weise anregend einwirkte, namentlich auf Swanevelt*)
(man vergleiche die Radierungen desselben) und selbst auf Karel du Jardin (wie zwei
neuerdings erworbene Gemälde desselben in der Berliner Galerie und ein Bild bei
Lord Bute in London am stärksten beweisen), darauf sei hier nur im Uebergange zu
demjenigen Meister hingedeutet, welcher dieser Gruppe holländischer Landschafter als
gemeinsames Vorbild vorleuchtete: Claude Lorrain. Claude war ein Schüler
Tassi's, welcher Bril's Unterricht in Rom genoss. Aber der Einfluss dieser beiden
Künstler ist gering zu nennen neben dem, welchen Elsheimer's Werke ihrerseits auf
Claude ausgeübt haben. Die Verwandtschaft ist so augenfällig, dass es Wunder
nimmt, wenn — meines Wissens wenigstens — bisher noch nicht darauf aufmerksam
gemacht worden ist. Die Wahl der Motive aus der italienischen Landschaft, namentlich
aus der Nachbarschaft von Rom, das Gefühl für Grösse und plastische Gruppierung,
die massigen Baumgruppen mit ihren sanftgeschwungenen Linien, die schönen Formen
der mächtigen Bäume, unter denen die Steineiche mit Vorliebe dargestellt ist, der
stille Zug der Wolken, das stimmungsvolle Spiel des Lichtes und der Luft: das Alles
sind charakteristische Eigenschaften der Werke beider Künstler. Claude kam ganz
jung nach Rom und hatte dort noch Gelegenheit, den etwa zwanzig Jahre älteren,
wegen seiner „neuen Art zu malen" allgemein bewunderten Künstler in seiner
Thätigkeit kennen zu lernen. Kein Wunder, dass er durch ihn weit mehr angezogen
und beeinflusst wurde, als durch seine eigentlichen Lehrer, die als Künstler tief unter
Elsheimer standen.

*) Für Swanevelt's Biographie sind ein paar Handzeichnungen von Interesse, auf die
bisher nicht aufmerksam gemacht ist. Das Braunschweiger Museum besitzt einen Markt-
schreier mit dem bekannten Monogramm und der Beischrift: a paris, 24. October 1623. Eine
landschaftliche Zeichnung im British Museum trägt die Inschrift H. V. SWANEVELT. 1649.
WOERDEN. Erstere Inschrift modificiert sehr wesentlich die herkömmliche Angabe seiner
Geburtszeit (um 1620), letztere lässt einen Aufenthalt des Künstlers in seiner Heimath im
Jahre 1649 — wahrscheinlich nach seiner Rückkehr aus Italien und vor der Uebersiedelung
nacli Rom — annehmen.
 
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