VON F. HARCK
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lung des Prinzen Georg in Dresden; die anderen, mit Figuren aus der Kreuztragung,
(No. i63 der Dresdener Galerie) befinden sich im Louvre (No. 220) und in Modena
(abgebildet in Venturi's Werk S. 461). Alle drei sind Zeichnungen nach den Bildern
und nicht Studien für dieselben; auch die letzte, von Venturi für echt gehaltene, ist
ihrem Charakter nach, trotz der Veränderungen, meiner Ansicht nach nur Kopie.
Die vierte hierher gehörige Zeichnung endlich, befindet sich in den Uffizien
(Bolognesische Schule I. Mappe No. 1444) und zeigt die auf der Kreuztragung befind-
liche, vom Rücken gesehene Frau mit einem Kind an der Hand. Diese scheint mir
eher eine ausgeführte Studie zu dem Bilde zu sein; es ist eine durchstochene Kreide-
zeichnung, mit brauner Farbe sorgsam laviert und weiss gehöht. Auf demselben
Blatt ist diese Figur nochmals von viel späterer Hand mit der Feder wiederholt,
flüchtig laviert und Ottaviano Mascarino bezeichnet. Im British Museum in London
befindet sich unter dem Namen Lorenzo Ghiberti eine flotte, aber doch sehr sorgfäl-
tige Rötelzeichnung mit dem Entwürfe zu einer Kreuzigung, die gleichfalls wohl
dem Ercole zugehört. Eine andere traditionell ihm zugeschriebene Zeichnung,
einen von rückwärts gesehenen Reiter darstellend, befindet sich, wie Prof. Thausing
mittheilte, in Pesth; auf der Rückseite derselben findet sich folgende Inschrift: ,,i562.
Diz soll gemallt haben erchol de ferrar, ist vor 100 ettlich Jaren Ein köstlicher maller
gewest, hat die Capelle in San Piero (Petronio) gemacht So gestifft haben das geschledt
der Gangan (Garganelli)". Im Berliner Kupferstichkabinet befinden sich zwei dem
Roberti zugeschriebene Federzeichnungen No. 6i5 und No. i53g. Erstere enthält den
Entwurf zu einer Kreuzigung, der sicher von Ercole herrührt, ist aber von anderer
Hand völlig überarbeitet und zum Teil ergänzt; auch auf der zweiten Zeichnung ist
die ursprüngliche Federskizze meiner Ansicht nach von anderer Hand überarbeitet
und laviert und der ursprüngliche Eindruck verwischt, trotzdem scheint auch sie auf
Roberti zurückzugehen.
Ich kann mich hier nicht darauf einlassen, die einzelnen stilistischen Eigentüm-
lichkeiten Ercole Roberti's, der eine ganz selbständige von Cossa's und Tura's Einfluss
unberührte Stellung unter den ferraresischen Quattrocentisten einnimmt, näher aus-
einander zu setzen; kein einziges aber seiner charakteristischen Merkmale tritt uns in
den Schifanoja-Fresken entgegen, welches irgendwie die Annahme seiner Mitwirkung
gestattete. Haben wir überdies seine Geburt um iq5o zu setzen, so ist seine selb-
ständige Thätigkeit an solch monumentalem Werk in der zweiten Hälfe der sechziger
Jahre wohl schon hierdurch ausgeschlossen.
Nach diesen Abschweifungen über Ercole Roberti, die man mir wohl verzeihen
wird, kehre ich nochmals kurz zu unseren Fresken zurück. Wir haben in ihnen die
Thätigkeit Ercole Roberti's und Lorenzo Costa's auszuschliessen, sie sind das Produkt
Cossa's, Tura's und unbestimmbarer Schüler derselben, und wahrscheinlich ist ausser-
dem die Mitwirkung Gregorio Schiavone's; sie sind in der zweiten Hälfte der sechziger
Jahre des XV. Jahrhunderts entstanden und voraussichtlich um 1470 beendet worden.
Dies in kurzen Worten das Resultat der vorliegenden Untersuchung. Möchte sie,
zusammengehalten mit den sich auf kulturhistorischem Boden bewegenden Ausfüh-
rungen Gustave Gruyer's ein regeres Interesse an diesem in jeder Beziehung inter-
essanten Freskencyklus des Quattrocento erwecken und möchte sie vor allem zu einer
genauen Untersuchung des ikonographischen Bestandteiles und seiner Quellen anregen.
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lung des Prinzen Georg in Dresden; die anderen, mit Figuren aus der Kreuztragung,
(No. i63 der Dresdener Galerie) befinden sich im Louvre (No. 220) und in Modena
(abgebildet in Venturi's Werk S. 461). Alle drei sind Zeichnungen nach den Bildern
und nicht Studien für dieselben; auch die letzte, von Venturi für echt gehaltene, ist
ihrem Charakter nach, trotz der Veränderungen, meiner Ansicht nach nur Kopie.
Die vierte hierher gehörige Zeichnung endlich, befindet sich in den Uffizien
(Bolognesische Schule I. Mappe No. 1444) und zeigt die auf der Kreuztragung befind-
liche, vom Rücken gesehene Frau mit einem Kind an der Hand. Diese scheint mir
eher eine ausgeführte Studie zu dem Bilde zu sein; es ist eine durchstochene Kreide-
zeichnung, mit brauner Farbe sorgsam laviert und weiss gehöht. Auf demselben
Blatt ist diese Figur nochmals von viel späterer Hand mit der Feder wiederholt,
flüchtig laviert und Ottaviano Mascarino bezeichnet. Im British Museum in London
befindet sich unter dem Namen Lorenzo Ghiberti eine flotte, aber doch sehr sorgfäl-
tige Rötelzeichnung mit dem Entwürfe zu einer Kreuzigung, die gleichfalls wohl
dem Ercole zugehört. Eine andere traditionell ihm zugeschriebene Zeichnung,
einen von rückwärts gesehenen Reiter darstellend, befindet sich, wie Prof. Thausing
mittheilte, in Pesth; auf der Rückseite derselben findet sich folgende Inschrift: ,,i562.
Diz soll gemallt haben erchol de ferrar, ist vor 100 ettlich Jaren Ein köstlicher maller
gewest, hat die Capelle in San Piero (Petronio) gemacht So gestifft haben das geschledt
der Gangan (Garganelli)". Im Berliner Kupferstichkabinet befinden sich zwei dem
Roberti zugeschriebene Federzeichnungen No. 6i5 und No. i53g. Erstere enthält den
Entwurf zu einer Kreuzigung, der sicher von Ercole herrührt, ist aber von anderer
Hand völlig überarbeitet und zum Teil ergänzt; auch auf der zweiten Zeichnung ist
die ursprüngliche Federskizze meiner Ansicht nach von anderer Hand überarbeitet
und laviert und der ursprüngliche Eindruck verwischt, trotzdem scheint auch sie auf
Roberti zurückzugehen.
Ich kann mich hier nicht darauf einlassen, die einzelnen stilistischen Eigentüm-
lichkeiten Ercole Roberti's, der eine ganz selbständige von Cossa's und Tura's Einfluss
unberührte Stellung unter den ferraresischen Quattrocentisten einnimmt, näher aus-
einander zu setzen; kein einziges aber seiner charakteristischen Merkmale tritt uns in
den Schifanoja-Fresken entgegen, welches irgendwie die Annahme seiner Mitwirkung
gestattete. Haben wir überdies seine Geburt um iq5o zu setzen, so ist seine selb-
ständige Thätigkeit an solch monumentalem Werk in der zweiten Hälfe der sechziger
Jahre wohl schon hierdurch ausgeschlossen.
Nach diesen Abschweifungen über Ercole Roberti, die man mir wohl verzeihen
wird, kehre ich nochmals kurz zu unseren Fresken zurück. Wir haben in ihnen die
Thätigkeit Ercole Roberti's und Lorenzo Costa's auszuschliessen, sie sind das Produkt
Cossa's, Tura's und unbestimmbarer Schüler derselben, und wahrscheinlich ist ausser-
dem die Mitwirkung Gregorio Schiavone's; sie sind in der zweiten Hälfte der sechziger
Jahre des XV. Jahrhunderts entstanden und voraussichtlich um 1470 beendet worden.
Dies in kurzen Worten das Resultat der vorliegenden Untersuchung. Möchte sie,
zusammengehalten mit den sich auf kulturhistorischem Boden bewegenden Ausfüh-
rungen Gustave Gruyer's ein regeres Interesse an diesem in jeder Beziehung inter-
essanten Freskencyklus des Quattrocento erwecken und möchte sie vor allem zu einer
genauen Untersuchung des ikonographischen Bestandteiles und seiner Quellen anregen.