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Jolly, Julius
Recht und Sitte: einschliesslich der einheimischen Litteratur — Strassburg, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.23228#0158
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i5°

II. LlTTERATUR UND GESCHICHTE. 8. RECHT UND SlTTE.

Cultus der Brahmanen, Götterbilder, Kühe, die Selbstbeherrschung und Fröm-
migkeit u. s. w. (Vi. 63, 1—51; 71 f. u. a.).

An das 36jährige Vedastudium erinnern die 37 Jahre, welche nach
Megasthenes fr. 41 die indischen Philosophen mit Genossen und Lehrern in
Keuschheit und Kasteiung verbringen, ehe sie eine Familie gründen. Die
Angaben bei Alberüm 2, 130—135 über die Schüler und Familienväter stimmen
durchweg mit den Smrtis überein, sind aber auch wohl meistens daraus ge-
flossen. Heutzutage ist das Studium im Hause eines guru nicht mehr obliga-
torisch, und kommt nur noch vereinzelt vor, wie z. B. in den Sanskrit-Tols
in Naihati bei Calcutta2; der naisthika brahmacärin hat sich bei vielen Sekten
der Gegenwart erhalten, wo zwischen sisya und guru ein ähnliches Verhältnis
besteht wie nach den Smrtis. Gewöhnlich wird die »Aufnahme beim Lehrer«
(upanayana) nur als eine Ceremonie betrachtet und von der »Heimkehr von
dem Lehrer«, die ebenfalls zur blossen Ceremonie geworden ist, fast unmittel-
bar gefolgt, vgl. § 56. Aus ökonomischen Gründen ist es nicht unwahrschein-
lich, dass dieses abgekürzte Verfahren schon aus alter Zeit datirt Dagegen
werden die Pflichten des grhastha noch mehr oder weniger beobachtet j, so
die Reinigung des Körpers mit der linken Hand, der Gebrauch der Zahn-
stöckchen, die auch Hiouen Thsang erwähnt, die Morgen- und Abendandacht,
die Vermeidung des Tretens auf Scherben, Knochen u. dgl., das Tragen goldener
Ohrringe, die gottesdienstlichen Verrichtungen, vgl. §§ 56—59.

1 Vgl. Delbrück, D. indog. Verwandtschafisnamen 559 ff. — 2 Vgl. meine "Reise

nach Ostindien« 6Sf.; Garbe, Ind. Reiseskizzen 143—147. — 3 DüBOIS, 147—166;

Bühler ZDMG 40, 541; Hiouen Thsang, Mem. 1, 55, 71; BG 22, 60—90 u. a.

§ 55. Der Waldeinsiedler und der Bettelmönch. Bei beginnendem
Alter, wenn er seine Haut runzlig, seine Haare grau werden und den Sohn
seines Sohnes sieht, soll der grhastha in die dritte Lebensstufe des Waldein-
siedlers (väiiaprastha) eintreten (M. 6, 2 u. a.). Seine Gattin soll ihn entweder
in den Wald begleiten oder bei seinen Söhnen zurückbleiben; nach dem
Vaikh. sü. heisst er im ersteren Fall sapaimka und ist als solcher entweder
audumbara, vairinca, välakhilya oder phenapa, ohne Gattin heisst er apatnika
und zerfällt in viele Unterarten wie kälasika, uddandaka, as'makidta, danto-
lüklialika, unchavrttika, bailväsin, pancägnimadhyas'äyin u. a. Diese Namen
beruhen auf den verschiedenen Kasteiungen, denen sich die vänaprastha unter-
ziehen. Allgemein sollen sie sich nur in Baumbast oder Felle kleiden, ihre
Haare und Nägel wachsen lassen, von den Früchten, Kräutern und Wurzeln
des Waldes leben, Abends und Morgens in dem unter besonderen Ceremonien
angezündeten Srämandka-Feuer opfern, überhaupt die fünf mahäyajna wie
vorher darbringen, Keuschheit üben, dreimal am Tag baden, auf dem Boden
schlafen (Vi. 94; Gaut. 3, 26—36; Baudh. 2, 11, 15 u. a.). Als besondere
Kasteiungen sollen sie sich im Sommer der Sonnenglut, verstärkt durch die
Hitze von vier Feuern, aussetzen, in der Regenzeit im Freien schlafen, im
Winter nasse Kleider tragen, sich auf der Erde umherwälzen, den Tag über
auf den Fussspitzen stehen oder zwischen Sitzen und Stehen abwechseln, mit
emporgestreckten Armen oder erhobenem Stabe stehen, unverwandt in die
Sonne blicken, oder das Gesicht auf den Boden gewandt halten, lange im
Wasser untertauchen, nicht sprechen, einen Monat lang fasten u. s. w. (M. 6.
22—32; Vi. 95; Vaikh. dharmasü. 1, 7—n). Als der Lehrer oder Begründer
des Ordens der Waldeinsiedler gilt der Rsi Vtkhanas, nach dem sie auch
vaikhänasa heissen {Baudh. 2, 11, 14); ein freilich später Ausläufer seiner
Lehren ist das Vaikhänasasütra (% 3). Vielleicht war dieser Orden niemals
allgemein anerkannt. Der Stand des Waldeinsiedlers gehört zu den in dem
gegenwärtigen Zeitalter abgeschafften Einrichtungen (kalivarjya), und schon
 
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