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Jones, Owen; Jones, Owen [Editor]
Grammatik der Ornamente — London: Day, 1856

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https://doi.org/10.11588/diglit.17930#0010
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I

VORREDE.

war darauf gerichtet diese Tendenz zu hemmen und einen höhern Ehrgeiz
anzuregen.

Wenn der Kunstforscher sich nur bemühen wollte, den in so vielen ver-
schiedenen Sprachen ausgedrückten Gedanken nachzuforschen, so fände er
unfehlbar, anstatt eines halbvollen Behälters stehenden Wassers, eine unversieg-
bare, ewig sprudelnde Quelle.

In den kommenden Capiteln bestrebe ich mich folgende Thatsachen festzu-
setzen : —

Erstens. Dass jeder Styl der je allgemeine Bewunderung erregt hat, unver-
kennbar mit den Gesetzen im Einklänge ist, welche in der Natur die Vertheilung
der Form reguliren.

Zweitens. Dass, so verschiedenartig sich auch diese Gesetze äussern, die ihnen
zu Grunde liegenden Hauptideen doch nur sehr wenige an der Zahl sind.

Drittens. Dass die Modifikationen und Entwickelungen die von einem Styl
zum andern führten, durch die plötzliche Beseitigung irgend einer festgewurzelten
Fessel verursacht wurden, wodurch dem Gedanken eine Zeit lang freies Spiel
gegönnt wurde, bis die neue Idee, wie früher die alte, feste Wurzeln fasste, um
ihrerseits wieder neue Erfindungen in's Leben zu fördern.

Endlich. Habe ich im zwanzigsten Capitel darzuthun versucht, dass man auf
keine Weise den künftigen Fortschritt der Verzierungskunst besser sicher stellen
könne, als indem man auf die aus der Vergangenheit abgeleitete Erfahrung alle die
Kenntnisse pfropft, die zu erlangen sind, wenn man wieder zur Natur Zuflucht
nimmt um frische Eingebungen an ihrem Busen zu schöpfen. Jeder Versuch
Kunsttheorien aufzubauen oder einen Styl zu bilden ohne Rücksicht auf die Ver-
gangenheit, wäre ein Unternehmen der höchsten Thorheit. Das hiesse die seit
Jahrtausenden angehäufte Erfahrung und Kenntnisse muthwillig verwerfen. Wir
müssen im Gegentheil alle die erfolgreichen Bemühungen der Vergangenheit als ein
Vermächtniss betrachten, und ohne ihnen blindlings zu folgen, sollten wir sie als
Leitfaden gebrauchen uns im Auffinden des rechten Pfades beizustehen.

Indem ich von diesem Gegenstande Abschied nehme und meine Arbeit dem

Publicum zur Beurtheilung vorlege, verberge ich es mir keineswegs, dass meine
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