Nr. 1 und 2
JUGEND
1896
Vor langer, langer Zeit, da die Geister noch nicht so
selten waren, wie heutzutage, sind einmal dem lieben Gott
aus seinem Farbenkasten, in dem er die Farben bereit hat
für’s Abendroth, für Tag und Nacht und die Jahreszeiten,
eine Menge von Farben gestohlen worden. Da gab’s grosse
Untersuchung im Geisterreich und viel Verdruss und der
liebe Gott sperrte die ganze Geistergesellschaft auf ein paar
Wochen in’s Fegefeuer, bis der Sünder sich gemeldet hätte!
Und endlich thaten das böse Gewissen und die Hitze des
Fegefeuers ihre Wirkung. Der Schuldige meldete sich —
es war der Berggeist. Der litt an einer Art von Kleptomanie.
Der liebe Gott war dem armen Sünder gnädig und erliess
ihm die Strafe. Aber wenn Einem einmal das Stehlen im
Blute liegt! — Dauerte nicht lange, so hatte der Berggeist die
Farben schon wieder und riss aus mit seiner Beute. Die
andern Geister ihm nach, als sie es merkten, denn die vier-
zehn Tage Fegefeuer hatten sie nicht vergessen! Wie die
wilde Jagd ging’s dahin durch ganz Tirol durch. Der Sünder
flüchtete sich schliesslich in eine Hütte — schon glaubten
sie ihn zu haben, da fand er noch eine Lücke und sauste
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JUGEND
1896
Vor langer, langer Zeit, da die Geister noch nicht so
selten waren, wie heutzutage, sind einmal dem lieben Gott
aus seinem Farbenkasten, in dem er die Farben bereit hat
für’s Abendroth, für Tag und Nacht und die Jahreszeiten,
eine Menge von Farben gestohlen worden. Da gab’s grosse
Untersuchung im Geisterreich und viel Verdruss und der
liebe Gott sperrte die ganze Geistergesellschaft auf ein paar
Wochen in’s Fegefeuer, bis der Sünder sich gemeldet hätte!
Und endlich thaten das böse Gewissen und die Hitze des
Fegefeuers ihre Wirkung. Der Schuldige meldete sich —
es war der Berggeist. Der litt an einer Art von Kleptomanie.
Der liebe Gott war dem armen Sünder gnädig und erliess
ihm die Strafe. Aber wenn Einem einmal das Stehlen im
Blute liegt! — Dauerte nicht lange, so hatte der Berggeist die
Farben schon wieder und riss aus mit seiner Beute. Die
andern Geister ihm nach, als sie es merkten, denn die vier-
zehn Tage Fegefeuer hatten sie nicht vergessen! Wie die
wilde Jagd ging’s dahin durch ganz Tirol durch. Der Sünder
flüchtete sich schliesslich in eine Hütte — schon glaubten
sie ihn zu haben, da fand er noch eine Lücke und sauste
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