Nr. 1 und 2
JUGEND
1896
Theaterleute.
Von Ferdinand Bonn.
Der Intendant.
Der Höchste ist der In-
tendant,
Oft wird er Exzellenz ge-
nannt.
Er schrieb einmal ein
schönes Stück,
Dass man’s nicht gab, das
war ein Glück!
Novizinnen der hohen
Kunst
Erfreuen sehr sich seiner
Gunst.
Er ist nicht stolz und hat
sie gern
Trotz seinem grossen
Band und Stern !
Hat 25 Jahr man ihn
Geärgert stets durch Dick und Dünn,
Beschimpft, gezogen hin und her,
Dann-hält sein Jubiläum er!
<6?
/ /
Der Regisseur.
Ist dieser „Ober“, wie gar oft,
Er von der Kunst längst nichts mehr
hofft.
Einst trug er manches Ideal,
Jetzt ist ihm alles ganz egal!
„Kinder!“ ruft er voll Bonhomie —
Geht’s nicht, dann brüllt er wie ein Vieh!
Der Held.
Das ist der Held, der Hauptathlet.
„Da seht mal, wie ein König geht!“
Die Rollen kann er meistens nicht,
Was braucht er das mit dem Gesicht!
Da — wie er sagt — ein Antrag lockt,
Ist er stets mürrisch und verstockt!
Er spielt die grossen Menschen nur,
Das sieht man g'eich an der Statur.
Er hat viel Schulden, auch 'ne Frau,
Doch dieses weiss man nicht genau.
Er hat ein mächtiges Organ,
Das wendet er auch immer an,
Ob leis, ob laut und auch beiseit,
Dem Helden ist es wurscht — er schreit!
<6?
Der Liebhaber.
Der junge Mensch in heisser Gluth
Gar oftmals etwas Dummes thut
Und geht zu Grunde, wenn er kann.
Man nennt’s Tragödie dann und wann.
Liebhaber auch in unsrer Zeit,
Vor Allem sei nicht zu gescheid !
Er spielt sein Fach jahraus, jahrein,
Fast jedesmal bei Mondenschein.
Er lächelt immer — auch im Tod,
Und schminkt sich nur mit weiss
und roth.
Die Mädchenschaar schwört nur
bei ihm
Und schreibt ihm Briefchen anonym,
Dies macht ihn schliesslich geistes-
schwach —
Er geht dann in ein ält’res Fach.
Der Bonvivant.
Das ist der schöne „Bong-vi-vang“,
Ist bei der Bühne meist schon lang,
Denn bis er die Manieren fand,
So manches liebe Jahr entschwand.
Den Rock, den trägt er offen blos
Und eine Hand im Hinterschooss,
Denn das beweist ein froh’ Gemüth,
Dann — dass man auch das Futter sieht!
Auch Schnurrbart hat er dann und wann,
Weil er ihn meistens brauchen kann.
Er spielt „natürlich“, aber wie!
Versteht man auch die Hälfte nie !
Tragödie hat er auf dem Strich
Und ärgern thut ihn fürchterlich,
Dass man Tragöden Orden giebt!
\,Gross“ wird er nie — doch „sehr
beliebt“!
'5r
Der Charakterspieler.
Das ist der böse Franz von Moor,
Als Intriguant stellt er sich vor.
Er hat ein Weib und Kinder acht.
Man glaubt es regnet, wenn er lacht.
Den Franz von Moor, den lässt er
nicht,
Bis ihm dereinst das Auge bricht.
Er reisst stets zwei Coulissen um,
Verachtet Press’ und Publikum.
Perrücken hat er „eine“ zwar,
Doch geht er meist im eignen Haar.
Denn, tritt er auf, so weiss man
schon,
Jetzt kommt der wahre Höllensohn.
Er ist zumeist ein braver Mensch,
Den Shakespeare kennt er „aus-e-
wend’ch“.
*
8
JUGEND
1896
Theaterleute.
Von Ferdinand Bonn.
Der Intendant.
Der Höchste ist der In-
tendant,
Oft wird er Exzellenz ge-
nannt.
Er schrieb einmal ein
schönes Stück,
Dass man’s nicht gab, das
war ein Glück!
Novizinnen der hohen
Kunst
Erfreuen sehr sich seiner
Gunst.
Er ist nicht stolz und hat
sie gern
Trotz seinem grossen
Band und Stern !
Hat 25 Jahr man ihn
Geärgert stets durch Dick und Dünn,
Beschimpft, gezogen hin und her,
Dann-hält sein Jubiläum er!
<6?
/ /
Der Regisseur.
Ist dieser „Ober“, wie gar oft,
Er von der Kunst längst nichts mehr
hofft.
Einst trug er manches Ideal,
Jetzt ist ihm alles ganz egal!
„Kinder!“ ruft er voll Bonhomie —
Geht’s nicht, dann brüllt er wie ein Vieh!
Der Held.
Das ist der Held, der Hauptathlet.
„Da seht mal, wie ein König geht!“
Die Rollen kann er meistens nicht,
Was braucht er das mit dem Gesicht!
Da — wie er sagt — ein Antrag lockt,
Ist er stets mürrisch und verstockt!
Er spielt die grossen Menschen nur,
Das sieht man g'eich an der Statur.
Er hat viel Schulden, auch 'ne Frau,
Doch dieses weiss man nicht genau.
Er hat ein mächtiges Organ,
Das wendet er auch immer an,
Ob leis, ob laut und auch beiseit,
Dem Helden ist es wurscht — er schreit!
<6?
Der Liebhaber.
Der junge Mensch in heisser Gluth
Gar oftmals etwas Dummes thut
Und geht zu Grunde, wenn er kann.
Man nennt’s Tragödie dann und wann.
Liebhaber auch in unsrer Zeit,
Vor Allem sei nicht zu gescheid !
Er spielt sein Fach jahraus, jahrein,
Fast jedesmal bei Mondenschein.
Er lächelt immer — auch im Tod,
Und schminkt sich nur mit weiss
und roth.
Die Mädchenschaar schwört nur
bei ihm
Und schreibt ihm Briefchen anonym,
Dies macht ihn schliesslich geistes-
schwach —
Er geht dann in ein ält’res Fach.
Der Bonvivant.
Das ist der schöne „Bong-vi-vang“,
Ist bei der Bühne meist schon lang,
Denn bis er die Manieren fand,
So manches liebe Jahr entschwand.
Den Rock, den trägt er offen blos
Und eine Hand im Hinterschooss,
Denn das beweist ein froh’ Gemüth,
Dann — dass man auch das Futter sieht!
Auch Schnurrbart hat er dann und wann,
Weil er ihn meistens brauchen kann.
Er spielt „natürlich“, aber wie!
Versteht man auch die Hälfte nie !
Tragödie hat er auf dem Strich
Und ärgern thut ihn fürchterlich,
Dass man Tragöden Orden giebt!
\,Gross“ wird er nie — doch „sehr
beliebt“!
'5r
Der Charakterspieler.
Das ist der böse Franz von Moor,
Als Intriguant stellt er sich vor.
Er hat ein Weib und Kinder acht.
Man glaubt es regnet, wenn er lacht.
Den Franz von Moor, den lässt er
nicht,
Bis ihm dereinst das Auge bricht.
Er reisst stets zwei Coulissen um,
Verachtet Press’ und Publikum.
Perrücken hat er „eine“ zwar,
Doch geht er meist im eignen Haar.
Denn, tritt er auf, so weiss man
schon,
Jetzt kommt der wahre Höllensohn.
Er ist zumeist ein braver Mensch,
Den Shakespeare kennt er „aus-e-
wend’ch“.
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