Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben (1.1896, Band 1 (Nr. 1-26))

1896

Nr. 3

Abenddämmerung
am See.

Weit draussen auf der glatten Welle
Liegt still ein Segel regungslos;

Wie von der Nacht gebannt zur Stelle,
Der Nacht, die andringt ruhig gross.
Sie hält das Schiff am Zauberbande
Der schönen Ufer, da zugleich
Des Mondes Licht Gebirge, Lande
Umgibt mit seinem Geisterreich.

HERMANN VON LINGG.

Vorher und nachher.

Was der Priester sprach für Worte,
Flog mir nur am Ohr vorbei;

Weiss nur, aus der Kirchenpforte
Gingen Arm in Arm wir Zwei.

. JUGEND -

Früher war’s so meine Weise,

Dass ich stets ein Nein ihm bot;
Stupft’ er mich am Arm nur leise,
Immer wurd’ ich feuerroth.

Was er jetzt auch mag verlangen,
Immer noch, wie sonst geschah,
Feuerroth glühn mir die Wangen,
Doch mein Mund sagt immer: Ja!

&

Nachher und vorher.

Seh’ ich dich nur an, so lachst du,
Kehrst dich nicht mehr ab so thörig;
Ruf’ ich dich, die Antwort hör’ ich:
Hier, mein Liebster! Ich bin da.

Schöner bist du noch, als früher,
Täglich neuen Reiz enthüllst du,

Jeden Wunsch von mir erfüllst du,
Stets erwiderst du nur: Ja.

Ach, und doch - - wo ist ein Weiser,
Der mir dieses Räthsel deute!

Scheinen will mir, dass ich heute
Nicht wie einst dir theuer bin.

Und ich quäle mich im Stillen,

Denk ich jener schönen Zeiten
Voll verstohlner Süssigkeiten —

Jene Zeiten sind dahin!

Jene schönen Tage, Liebchen,

Wo, wenn sich die Augen fanden,
Zitternd wir beisammen standen
Mit erröthendem Gesicht.

Jene Zeit, wo hold erglühend

Stets dein Mund: Ich will nicht! sagte,

Ich darauf: Warum denn? fragte,

Und du sagtest: Warum nicht?

AUS DEM ITALIENISCHEN DES RICCARDO
SELVATICO VON PAUL HEYSE.

Aus einer Wiener Karikaturenmappe.

Gezeichnet von O. Böhler.

Wie der Herr Hofburgschauspieler N. N. Unterricht erhält in der Aussprache des englischen „th“.
Sprechen Sie „dshzs“! Sprechen Sie „dzshsz“!

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