Nr. 20
JUGEND
1896
Und um den Brunnen stehen
Weibsen mit Eimer und Krug,
Die stecken die Köpfe zusammen
Und raunen Lug und Trug;
Nun reden die bösen Zungen
Kein Sterbenswörtchen mehr;
Zur Treppe gehn die Weibsen,
Der Gang wird ihnen schwer.
Sie müssen lecken, schlecken,
Bis dass die Treppe rein;
Sie Hessen es lieber bleiben,
Sie sehen sauer d’rein.
Sie lehnen sich über die Brüstung
Und beugen sich zum Grund,
Doch schöpfen sie nicht mit den Eimern,
Sie schöpfen mit dem Mund.
Sie steigen und netzen die Stufen
Und lassen sich nieder auPs Kniee —
Und mit den bösen Zungen
Die Treppe waschen sie.
Doch auf der obersten Stufe
Der Teufel sitzt und lacht,
Sieht zu dem Höllenspasse,
Der ihm Vergnügen macht.
ALBERT MATTHAEI.
Gedanken einer Frau
Schwestern, seid vorsichtig: bleibt ernst, wenn die Männer
vom schwachen Geschlechte reden, und lächelt nicht, wenn
ihr sie das starke nennt!
Wenn man mit den Männern richtig umzugehen weiss,
so ist eine schwache Seite gerade so viel werth, wie ein
gutes Herz.
Durch vieles Geld kommen wir nur auf unnütze Ge-
danken, und wir sind viel glücklicher, wenn ihr nichts habt
und uns zu imponiren wisst.
Es ist nicht unwürdig, den Mann anzubeten, der uns mit
der Reitpeitsche schlägt; aber es ist namenlos gemein, sich
einen neuen Hut ausreden zu lassen.
Es soll ein Zeichen unserer Beschränktheit sein, dass
wir gar kein Verständniss für Politik haben. Wir kennen eben
noch etwas Höheres, aber ich will es für mich behalten und
euch nicht eingebildet machen.
Manchmal begehen wir auch Dummheiten; aber nur, wenn
wir lieben.
Den hingeworfenen Fehdehandschuh der Gegnerin heben
wir auf, um ihre — Handschuhnummer zu erfahren.
ERNST FLEISCHHAUER.
Wenn ihr nur wüsstet, wie gut euch so ein Bisschen
Brutalität und Grausamkeit steht; ihr würdet es dann nicht
immer wieder mit dem unglückseligen Werthergesicht probiren.
Ihr mögt es glauben oder nicht: kokett — sind wir alle;
freilich ist manche von uns klug genug, es euch nicht merken
zu lassen.
Goethe, der grosse Frauenkenner, — oder war es Schiller? —
sagt einmal irgend wo sehr treffend: Derbrave Mann denkt
an sich selbst zuletzt.
Der Jugend dies Glas!
Der Jugend dies Glas, der beflügelten Schaar,
Mit dem leuchtenden Blick, mit dem wallenden Haar,
Mit der Lippe, die singt, weil der Odem sie hebt,
Mit der Seele, die jauchzt, weil sie athmet und lebt,
Weil die Welt ihr noch leuchtet im lachenden Schein,
Denn die Jugend ist Glück, und ist Glück nur allein!
Der Jugend dies Glas!
Denkt nur nicht, dass wir eine einheitliche grosse Liga
gegen euch bilden; so wie Frauen sich hassen können, hassen
sich Männer nie.
Kriegführen und Heiraten ist ganz zweierlei, wenn auch
die meisten Menschen das Geld bei beiden für die Haupt-
sache halten. Zur Ehe gehört: erstens Liebe, zweitens Liebe,
drittens Liebe.
Dem Reigen, der durch die Geschlechter hinschwebt,
So lange die Woge des Lebens sich hebt;
Aus des Ewigen Mund dem lebendigen Hauch,
Wie der Quell, wie der Strahl, wie die Rose am Strauch,
Dem Jubelaccord in dem Hochlied vom Sein!
Denn die Jugend ist Glück, und ist Glück nur allein!
Der Jugend dies Glas! julius lohmeyer.
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JUGEND
1896
Und um den Brunnen stehen
Weibsen mit Eimer und Krug,
Die stecken die Köpfe zusammen
Und raunen Lug und Trug;
Nun reden die bösen Zungen
Kein Sterbenswörtchen mehr;
Zur Treppe gehn die Weibsen,
Der Gang wird ihnen schwer.
Sie müssen lecken, schlecken,
Bis dass die Treppe rein;
Sie Hessen es lieber bleiben,
Sie sehen sauer d’rein.
Sie lehnen sich über die Brüstung
Und beugen sich zum Grund,
Doch schöpfen sie nicht mit den Eimern,
Sie schöpfen mit dem Mund.
Sie steigen und netzen die Stufen
Und lassen sich nieder auPs Kniee —
Und mit den bösen Zungen
Die Treppe waschen sie.
Doch auf der obersten Stufe
Der Teufel sitzt und lacht,
Sieht zu dem Höllenspasse,
Der ihm Vergnügen macht.
ALBERT MATTHAEI.
Gedanken einer Frau
Schwestern, seid vorsichtig: bleibt ernst, wenn die Männer
vom schwachen Geschlechte reden, und lächelt nicht, wenn
ihr sie das starke nennt!
Wenn man mit den Männern richtig umzugehen weiss,
so ist eine schwache Seite gerade so viel werth, wie ein
gutes Herz.
Durch vieles Geld kommen wir nur auf unnütze Ge-
danken, und wir sind viel glücklicher, wenn ihr nichts habt
und uns zu imponiren wisst.
Es ist nicht unwürdig, den Mann anzubeten, der uns mit
der Reitpeitsche schlägt; aber es ist namenlos gemein, sich
einen neuen Hut ausreden zu lassen.
Es soll ein Zeichen unserer Beschränktheit sein, dass
wir gar kein Verständniss für Politik haben. Wir kennen eben
noch etwas Höheres, aber ich will es für mich behalten und
euch nicht eingebildet machen.
Manchmal begehen wir auch Dummheiten; aber nur, wenn
wir lieben.
Den hingeworfenen Fehdehandschuh der Gegnerin heben
wir auf, um ihre — Handschuhnummer zu erfahren.
ERNST FLEISCHHAUER.
Wenn ihr nur wüsstet, wie gut euch so ein Bisschen
Brutalität und Grausamkeit steht; ihr würdet es dann nicht
immer wieder mit dem unglückseligen Werthergesicht probiren.
Ihr mögt es glauben oder nicht: kokett — sind wir alle;
freilich ist manche von uns klug genug, es euch nicht merken
zu lassen.
Goethe, der grosse Frauenkenner, — oder war es Schiller? —
sagt einmal irgend wo sehr treffend: Derbrave Mann denkt
an sich selbst zuletzt.
Der Jugend dies Glas!
Der Jugend dies Glas, der beflügelten Schaar,
Mit dem leuchtenden Blick, mit dem wallenden Haar,
Mit der Lippe, die singt, weil der Odem sie hebt,
Mit der Seele, die jauchzt, weil sie athmet und lebt,
Weil die Welt ihr noch leuchtet im lachenden Schein,
Denn die Jugend ist Glück, und ist Glück nur allein!
Der Jugend dies Glas!
Denkt nur nicht, dass wir eine einheitliche grosse Liga
gegen euch bilden; so wie Frauen sich hassen können, hassen
sich Männer nie.
Kriegführen und Heiraten ist ganz zweierlei, wenn auch
die meisten Menschen das Geld bei beiden für die Haupt-
sache halten. Zur Ehe gehört: erstens Liebe, zweitens Liebe,
drittens Liebe.
Dem Reigen, der durch die Geschlechter hinschwebt,
So lange die Woge des Lebens sich hebt;
Aus des Ewigen Mund dem lebendigen Hauch,
Wie der Quell, wie der Strahl, wie die Rose am Strauch,
Dem Jubelaccord in dem Hochlied vom Sein!
Denn die Jugend ist Glück, und ist Glück nur allein!
Der Jugend dies Glas! julius lohmeyer.
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