Nr. 20
JUGEND
1896
Sie schien zu regen sich und leis’ zu flüstern:
„Du sieh’st ’s, Du sieh’st ’s! Kein Men-
schenkind darf mehr
Zu mir, kein Beter darf mich fürder
schmücken;
Ich bin allein — verlassen — so ver-
lassen!“ — —
— Ich brachte jeden Tag ihr frische
Blumen
Und wand sie um die Eisenstäb’am Fenster.
Dann fuhr ich fort und sah viel schöne
Kirchen,
Marienbilder, die gar reich geschmückt,
Voll Hoheit blickten auf die Schaar der
Beter —
Doch auch nicht eines hatte solch ein Antlitz,
So holde Augen und so süsse Lippen,
Wie die verlass’ne droben im Gebirg!
E. LINDEMANN.
-ZV?
Kinderhand
Gibt es etwas Süsseres
Als eine Kinderhand?
Halt ich so ein Händchen,
Will es mich bedünken.
Dass des Tages Lasten,
Alle Lebens-Kämpfe
Hinter mir versinken;
Und ich seh die Hand
Zart in meiner haltend,
Eine kleine Insel
Vor den Augen aufblüh’n,
Schwimmen fern im Meere:
Bunte Blumen duften,
Schmetterlinge gaukeln,
Vögel musiciren,
Silberquellen rauschen,
Und es ist die Insel
Der Glückseligkeit!
Gibt es etwas Süsseres
Als eine Kinderhand?
Welche heil’ge Zukunft
Ruht in Dir geschrieben!
Welche Lust und Scherze
Lachen aus den Grübchen!
Was wird für Geschichten
Einst das Händchen schreiben.
Welche Wunden mag es
And’ren Menschen schlagen;
Wie viel Liebkosungen
Schlafen hier verborgen;
Welch’ dumpfe Qualen,
Wenn die Schläfen pochen,
Wird das Händchen fühlen,
Kommen einst die Sorgen.
Ach! und wie viel Worte
Hold unausgesprochen —
Sagt im langen Leben
Dieses Händchens Druck! —
Doch ich will’s nicht wissen,
Und ich will’s nicht denken,
Wie viel Glück und Wehe
Zierleiste von A. Halmi.
Hier beisammen wohnen.
Will nur still gemessen
Diese Offenbarung
Heilig hehrer Gottheit
In so holder Form:
Gibt es etwas Süsseres
Als eine Kinderhand? —
AUGUST BUNGERT.
«OC
2\n
Heil Dir Gewaltiger,
Göttergcstaltiger,
Siegeerriugeuder,
Herzenbezwiugeuder,
Silberfpornflingett&er,
Seligfeitbriugeuder,
Walzertaktwirbelnder,
Schnurrbärtleinzwirbeluder,
Feuriger, schneidiger,
Landesvertheidigcr!
(Dl> Du vermögen hast
Bdcr blos Gläubiger,
Bb Du den Degen hast
Bdcr den Säbel schwer,
Bb Du im rauhen Lrz
Funkelst als Kürassier,
Jegliches Frauenherz
Zieht es mit Macht zu Dir.
Bb Du in Attila,
Bdcr Ulanka bist,
Bb es Amalia
Bder Mariaufa ist,
lieberall wallt für Did;
Glühend der Frauen Blut,
Bb sie nun bürgerlich
Bder vom blauen Blut,
Gb sie mosaisch sind,
Bb protestantisch sind,
Bb sie prosaisch sind,
Bder romantisch sind!
Bb beim Llitcbalt
Du Did; im Tanze drehst,
Bder im Tattersall
In vollem Glanze stehst.
Adder ob Preise Du
Reuueuder weise kriegst,
Bb auf dem Life Du
Zierliche Kreise fliegst,
Bb Du beim Ballsouper
Glänzende Witze sprühst,
Bb aus dem Blick beim Thee
Zündende Blitze sprühst —
In Liebesweho ganz
Müssen zerronnen sein,
Die Deiner Bähe Glanz
Trifft wie der Sonnenschein,
wonnig und selig ist
Sämmtlichen Frau’»,
Unwiderstehlich bist
Stets Du zu schau’n.
Did; liebt die Trine, die
Morgens die Stiefel schmiert,
Did; liebt die Mine, die
Dir den Taffee servirt,
Streckst Du die Finger, dann
Zappeln an jedem schon
Zehn arme Dinger dran,
Flehen um Liebeslohu,
;ro
JUGEND
1896
Sie schien zu regen sich und leis’ zu flüstern:
„Du sieh’st ’s, Du sieh’st ’s! Kein Men-
schenkind darf mehr
Zu mir, kein Beter darf mich fürder
schmücken;
Ich bin allein — verlassen — so ver-
lassen!“ — —
— Ich brachte jeden Tag ihr frische
Blumen
Und wand sie um die Eisenstäb’am Fenster.
Dann fuhr ich fort und sah viel schöne
Kirchen,
Marienbilder, die gar reich geschmückt,
Voll Hoheit blickten auf die Schaar der
Beter —
Doch auch nicht eines hatte solch ein Antlitz,
So holde Augen und so süsse Lippen,
Wie die verlass’ne droben im Gebirg!
E. LINDEMANN.
-ZV?
Kinderhand
Gibt es etwas Süsseres
Als eine Kinderhand?
Halt ich so ein Händchen,
Will es mich bedünken.
Dass des Tages Lasten,
Alle Lebens-Kämpfe
Hinter mir versinken;
Und ich seh die Hand
Zart in meiner haltend,
Eine kleine Insel
Vor den Augen aufblüh’n,
Schwimmen fern im Meere:
Bunte Blumen duften,
Schmetterlinge gaukeln,
Vögel musiciren,
Silberquellen rauschen,
Und es ist die Insel
Der Glückseligkeit!
Gibt es etwas Süsseres
Als eine Kinderhand?
Welche heil’ge Zukunft
Ruht in Dir geschrieben!
Welche Lust und Scherze
Lachen aus den Grübchen!
Was wird für Geschichten
Einst das Händchen schreiben.
Welche Wunden mag es
And’ren Menschen schlagen;
Wie viel Liebkosungen
Schlafen hier verborgen;
Welch’ dumpfe Qualen,
Wenn die Schläfen pochen,
Wird das Händchen fühlen,
Kommen einst die Sorgen.
Ach! und wie viel Worte
Hold unausgesprochen —
Sagt im langen Leben
Dieses Händchens Druck! —
Doch ich will’s nicht wissen,
Und ich will’s nicht denken,
Wie viel Glück und Wehe
Zierleiste von A. Halmi.
Hier beisammen wohnen.
Will nur still gemessen
Diese Offenbarung
Heilig hehrer Gottheit
In so holder Form:
Gibt es etwas Süsseres
Als eine Kinderhand? —
AUGUST BUNGERT.
«OC
2\n
Heil Dir Gewaltiger,
Göttergcstaltiger,
Siegeerriugeuder,
Herzenbezwiugeuder,
Silberfpornflingett&er,
Seligfeitbriugeuder,
Walzertaktwirbelnder,
Schnurrbärtleinzwirbeluder,
Feuriger, schneidiger,
Landesvertheidigcr!
(Dl> Du vermögen hast
Bdcr blos Gläubiger,
Bb Du den Degen hast
Bdcr den Säbel schwer,
Bb Du im rauhen Lrz
Funkelst als Kürassier,
Jegliches Frauenherz
Zieht es mit Macht zu Dir.
Bb Du in Attila,
Bdcr Ulanka bist,
Bb es Amalia
Bder Mariaufa ist,
lieberall wallt für Did;
Glühend der Frauen Blut,
Bb sie nun bürgerlich
Bder vom blauen Blut,
Gb sie mosaisch sind,
Bb protestantisch sind,
Bb sie prosaisch sind,
Bder romantisch sind!
Bb beim Llitcbalt
Du Did; im Tanze drehst,
Bder im Tattersall
In vollem Glanze stehst.
Adder ob Preise Du
Reuueuder weise kriegst,
Bb auf dem Life Du
Zierliche Kreise fliegst,
Bb Du beim Ballsouper
Glänzende Witze sprühst,
Bb aus dem Blick beim Thee
Zündende Blitze sprühst —
In Liebesweho ganz
Müssen zerronnen sein,
Die Deiner Bähe Glanz
Trifft wie der Sonnenschein,
wonnig und selig ist
Sämmtlichen Frau’»,
Unwiderstehlich bist
Stets Du zu schau’n.
Did; liebt die Trine, die
Morgens die Stiefel schmiert,
Did; liebt die Mine, die
Dir den Taffee servirt,
Streckst Du die Finger, dann
Zappeln an jedem schon
Zehn arme Dinger dran,
Flehen um Liebeslohu,
;ro