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Nr. 21

. JUGEND

1896

Ker Aunö

Lin Poggfrcd-Lantus von Detlev v. Liliencron.

In ineinem Lohholz lag er, an der Eiche,
Aühl durch die Stille plätscherte das Wehr,

Die Blätterschatten huschten auf der Leiche I

wer war der Fremde? und wo kam er her?
Der sich, aittik, Öen Dolch in's Herz getrieben.
War ihnt der Lebensweg zu lebensschwer?

Oeseickner von A. Jank.

Wer waren seine Freunde, seine Lieben?

Rein Brief, kein Zeichen seiner letzten Stunde?
Doch! Auf dem Zettel da steht was geschrieben:

„Ich machte auf der Erde meine Runde,

Ich bin durch vieler Herren Land gezogen,

Ich sah nur stets die große Wcnschenwunde.

Gleichgültig treiben Wolkenzug unö Wogen,

Bringt auch die Schwalbe ab und zu den Frieden,
Nie baute sie an meinem Fensterbogen."

Ich hätte gern den blutigen Grt gemieden,

Doch bannte mich die Pflicht, ich blieb und bog
Wich nieder zu dem Wann, der hier verschieden.

Um die gebrochnen offnen Augen flog
Und zitterte noch das verglaste Leid,

Der letzte Schmerz, der sic um's Licht betrog.

Still! Seine Seele floh ihr pilgerkleid,

Ich sah, sie küßte seine weißen Wangen,

Bereit zum Fluge in die Ewigkeit.

Dann klang mir's immer deutlicher zu Dhr,

Es war kein Flehn, cs waren ruhige Sätze,

Sie sang: „Leb wohl, mein edler Garde du Eorps.

Das Leben gab dir alle seine Schätze:

Araft, Wannheit, Schönheit, vornehme Geburt,
Des Reichthums goldbeperlte Fischernetze!

Was rittest du nicht fröhlich zum Buhurt?
Genoffest nicht den Zufall deiner Rechte?

Was suchtest du nach Grund bei jeder Furt?

Ach! Grübelei zerfraß dein Hirngeflechte,

Beständig gabst du dich Gedanken hin,

Das machte dich vom Ritterherrn zum Unechte.

Die Schärpe, deines Wuths Begleiterin,

Den Helm, den Unraß schobst du in die Ecke,

Und wem zu Liebe? Wonach stand dein Sinn?

Wie Don Quijote' zogst du, armer Recke,

Ein Narr der Freiheit, über Berg und Thal,

Bis du, dein eigner Sklave, kannst zur Strecke.

Doch eh sie in die Ewigkeit gegangen,
Umschwebte sie den Drt noch, wabernd, wehte
Auf einen Ast, da faß sie wie gefangen.

Wir graute, denn es summte wie Gebete,

Als schwächte jeden Laut ein dichter Flor,

Ich hörte anfangs nicht, um was sie flehte.

Was trieb dich denn nach Spanien, Wann der Qual?
Da schoß Don Amor Dir in's Herz den Pfeil,

Du aber warst ein tumber Parsifal.

Leb wohl, du zolltest deinem Fleisch sein Theil,

Die Erde wird dein Irdisches zerstören,

Ich aber schwebe auf zu meinem Heil."

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Index
Angelo Jank: Zeichnung ohne Titel
Detlev v. Liliencron: Der Fund
 
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