Nr. 21
JUGEND
1896
Ist's Liebe, ist es Ruhm, wonach sie geizt?
Ach, Weiberlaunen! Wie die Lippen spielen I
Wie sie graziös sich nun im Sattel spreizt I
Sie lacht I Die märchenmächtigen Augen zielen,
Nach wem? Sie lacht, sie wiegt sich, und sie lacht,
Und galoppirt auf bunten Arokusdielen.
Sie galoppirt durch ernste Lorbeernacht,
Durch frohe, frühlingstolle Wandelbäums,
Der Gießbach stürzt durch Goldorangenpracht.
Sie fällt in Schritt, und fällt in Traum und Träume,
Verheißung, wem? wein gilt ihr Wondesblick,
Nach Tag und Thau und Abendrothgesäume?
Venus geht auf; es knüpft sich ein Geschick.
Lautlos. Ts lärmen nur noch die Fontänen.
Träg blinzelt Sphinx hinauf in's Stcrngestick.
Ich bin nicht mehr im Land der Sarazenen,
Wein Frösteln mahnt, daß ich in Holstein bin,
Wo sich die dicken, dummen Nebel dehnen.
Die Sonne, eine matte Siegerin,
Dringt mühsam wieder durch die Wolkendeiche,
Ich nahm ihr Licht mit Dank und Ruhe hin.
In meinem Lohholz lag er, an der Tiche;
Wer mag der Fremde sein, wo kam er her?
Die Blätterschatten huschten auf der Leiche.
Aühl durch die Stille plätscherte das Wehr.
Besuch
Brennet nicht die Lampe trüber,
Und sie warf doch hellen Schein?
Hebt sich dort nicht die Gardine,
Gleich als kam’ ein Hauch herein?
Eben knisterte das Feuer
Noch im Ofen — jetzt nicht mehr.
Niemand spricht im Nebenzimmer!
Ist das ganze Haus denn leer?
Da _ da wandelt sich ja plötzlich
Auch Dein Bildchen an der Wand;
’s ist als glitte sanft darüber
Eine weisse Geisterhand.
Jetzt — jetzt senkt sich auf dem Sopha
Leis das Polster neben mir!
Ja! ich weiss’, Du bist gekommen
Und ich fühle, Du bist hier
c. A. PIPER.
Ein Sommertraum. Auf lichtverklärten Wiesen
Gingen im Reigen schlanke nackte Mädchen
Und waren selig. Falter flimmerten.
Die dunklen Rosenbüsche glühten auf,
Trunken vor Licht. Und hinter ihnen stand
Im Purpurrock ein junger Königssohn.
Der schaute auf den nackten Mädchenreigen
Und rief ihn an. Sie aber sah’n ihn nicht.
Er rief und winkte — rief... Sie aber sangen
Und hörten nicht den jungen Königssohn.
Da ward ihm so vor lauter Schauen heiss,
Und zitternd warf er von sich Rock und Ring,
Und stand nun da, ein nackter schöner Traum.
Die Mädchen schraken auf, und sah’n ihn steh’n,
Und fühlten ihn in ihrer Seligkeit
Trunken wie sich. Ein Jubel nahm ihn auf.
Sie schmiegten sich an seinen jungen Leib
Und küssten seine weissen stolzen Hände
Und nannten ihn Freund.
Die Schönheit aber stand
An einem Birkenbaum und lächelte.
FRANZ EVERS.
330
JUGEND
1896
Ist's Liebe, ist es Ruhm, wonach sie geizt?
Ach, Weiberlaunen! Wie die Lippen spielen I
Wie sie graziös sich nun im Sattel spreizt I
Sie lacht I Die märchenmächtigen Augen zielen,
Nach wem? Sie lacht, sie wiegt sich, und sie lacht,
Und galoppirt auf bunten Arokusdielen.
Sie galoppirt durch ernste Lorbeernacht,
Durch frohe, frühlingstolle Wandelbäums,
Der Gießbach stürzt durch Goldorangenpracht.
Sie fällt in Schritt, und fällt in Traum und Träume,
Verheißung, wem? wein gilt ihr Wondesblick,
Nach Tag und Thau und Abendrothgesäume?
Venus geht auf; es knüpft sich ein Geschick.
Lautlos. Ts lärmen nur noch die Fontänen.
Träg blinzelt Sphinx hinauf in's Stcrngestick.
Ich bin nicht mehr im Land der Sarazenen,
Wein Frösteln mahnt, daß ich in Holstein bin,
Wo sich die dicken, dummen Nebel dehnen.
Die Sonne, eine matte Siegerin,
Dringt mühsam wieder durch die Wolkendeiche,
Ich nahm ihr Licht mit Dank und Ruhe hin.
In meinem Lohholz lag er, an der Tiche;
Wer mag der Fremde sein, wo kam er her?
Die Blätterschatten huschten auf der Leiche.
Aühl durch die Stille plätscherte das Wehr.
Besuch
Brennet nicht die Lampe trüber,
Und sie warf doch hellen Schein?
Hebt sich dort nicht die Gardine,
Gleich als kam’ ein Hauch herein?
Eben knisterte das Feuer
Noch im Ofen — jetzt nicht mehr.
Niemand spricht im Nebenzimmer!
Ist das ganze Haus denn leer?
Da _ da wandelt sich ja plötzlich
Auch Dein Bildchen an der Wand;
’s ist als glitte sanft darüber
Eine weisse Geisterhand.
Jetzt — jetzt senkt sich auf dem Sopha
Leis das Polster neben mir!
Ja! ich weiss’, Du bist gekommen
Und ich fühle, Du bist hier
c. A. PIPER.
Ein Sommertraum. Auf lichtverklärten Wiesen
Gingen im Reigen schlanke nackte Mädchen
Und waren selig. Falter flimmerten.
Die dunklen Rosenbüsche glühten auf,
Trunken vor Licht. Und hinter ihnen stand
Im Purpurrock ein junger Königssohn.
Der schaute auf den nackten Mädchenreigen
Und rief ihn an. Sie aber sah’n ihn nicht.
Er rief und winkte — rief... Sie aber sangen
Und hörten nicht den jungen Königssohn.
Da ward ihm so vor lauter Schauen heiss,
Und zitternd warf er von sich Rock und Ring,
Und stand nun da, ein nackter schöner Traum.
Die Mädchen schraken auf, und sah’n ihn steh’n,
Und fühlten ihn in ihrer Seligkeit
Trunken wie sich. Ein Jubel nahm ihn auf.
Sie schmiegten sich an seinen jungen Leib
Und küssten seine weissen stolzen Hände
Und nannten ihn Freund.
Die Schönheit aber stand
An einem Birkenbaum und lächelte.
FRANZ EVERS.
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