Nr. 27
JUGEND
1896
Lin nieder-sächsisches Elternpaar
Naturaufnahme von ihrem Sohne, H. Müller-Bräuel.
2ln min Moder!
Frei nach 111. G. <EölU’fl&
3cf sei;' Di noch, wenn’t lang ok her
As jung Du wärst, — cn glatte Froo;
So flink un flidig bi de Arbeit,
litt lachen bähst Du jümmerto.
Un för uns böse Aiuncr harrst Du keen bös
wurt,
Blot Leews un Goods. V riket Hart
Tor Fröhjahrstied I
Ick seh' Di noch, — is lange her,
Wat Heft Du leden Smart un Leed,
Wat Heft Du mannig Nach nich slapen
Vör Hartensweihdag un Derdret.
Un,.för de böse wilt dar harrst Du keen bös
wurt,
Blot Leews un Goods I CD stärket Hart
Tor Summerstid!
Ick seh't noch, — as Du stiller warst,
So as Gott will, — so wör Din Sang,
De Ainner sünd nu all versorgt,
Dat Leben nimmt sin neen Gang.
Un eensam set’st Du Dag för Dag un keen bös
wurt,
Blot Leews un Goods harrst Du för uns
As 't Harwsttid wör!
De Winter köm, Din Haar ward witt,
Dn wärst en ole brekli Froo, —
Din Ainner köm'n, — un Ainneskinner
De spalten üm Di to.
Do leeg dat opp Din ol Gesich as Sünnenschin,
Wat dähst Du Leews, wat dähst Du Goods I
V Moderhart, — tor wihnachtstidl
Nix fech Di an, nix mak Di bös,
Aeen Arbeit, Krankheit, Leed un Smart,
De Tid de köm, de Tid de güng,
Din Hart blef glik, Din Moderhart!
De ganse wilt woll anners ward,
In Leews un Goods blefst Dn Di glik,
V Moderhart, —- in Ewigkeit!
HANS MÜLLER-BRAUEL.
Sieben Sprüche
Von A. Mo.
Wetterlaune
In einer mürrischen Wetternacht
Hab’ ich mein Testament gemacht,
Und als die Sonne am Himmel stand,
Hab’ ich es wiederum verbrannt.
Auslegung
Verdienst der Andern nennt man Glück,
Die eig’ne Thorheit Missgeschick.
Frage
War ich besser wohl vor Jahren
Mit dem rücksichtslosen, wahren
Ungebändigt freien Sinn?
Bin ich besser, seit ich ringend
Mein Empfinden niederzwingend
Anders scheine, als ich bin?
Guter Rath
Wer wird gleich zum Himmel schrei’n,
Wenn am Wege liegt ein Stein;
Besser Du verlierst kein Wort,
Bückst Dich still und räumst ihn fort.
Tempora mutantur
And’re Zeiten, and’re Sitten,
Und doch stets derselbe Trödel;
Eine wechselnde Perücke
Auf demselben kahlen Schädel.
Erziehung
Erziehung kämmet uns
Die Ringellocken aus,
Und macht mit Fleiss und Müh’
Ein ehrbar Zöpfchen draus.
Weggruss
Zur Wanderfahrt durch dieses Leben
Verleihe Dir der Götter Huld
Ein leichtes Herz, gesunde Glieder
Und unerschöpflich viel Geduld.
4ö8
JUGEND
1896
Lin nieder-sächsisches Elternpaar
Naturaufnahme von ihrem Sohne, H. Müller-Bräuel.
2ln min Moder!
Frei nach 111. G. <EölU’fl&
3cf sei;' Di noch, wenn’t lang ok her
As jung Du wärst, — cn glatte Froo;
So flink un flidig bi de Arbeit,
litt lachen bähst Du jümmerto.
Un för uns böse Aiuncr harrst Du keen bös
wurt,
Blot Leews un Goods. V riket Hart
Tor Fröhjahrstied I
Ick seh' Di noch, — is lange her,
Wat Heft Du leden Smart un Leed,
Wat Heft Du mannig Nach nich slapen
Vör Hartensweihdag un Derdret.
Un,.för de böse wilt dar harrst Du keen bös
wurt,
Blot Leews un Goods I CD stärket Hart
Tor Summerstid!
Ick seh't noch, — as Du stiller warst,
So as Gott will, — so wör Din Sang,
De Ainner sünd nu all versorgt,
Dat Leben nimmt sin neen Gang.
Un eensam set’st Du Dag för Dag un keen bös
wurt,
Blot Leews un Goods harrst Du för uns
As 't Harwsttid wör!
De Winter köm, Din Haar ward witt,
Dn wärst en ole brekli Froo, —
Din Ainner köm'n, — un Ainneskinner
De spalten üm Di to.
Do leeg dat opp Din ol Gesich as Sünnenschin,
Wat dähst Du Leews, wat dähst Du Goods I
V Moderhart, — tor wihnachtstidl
Nix fech Di an, nix mak Di bös,
Aeen Arbeit, Krankheit, Leed un Smart,
De Tid de köm, de Tid de güng,
Din Hart blef glik, Din Moderhart!
De ganse wilt woll anners ward,
In Leews un Goods blefst Dn Di glik,
V Moderhart, —- in Ewigkeit!
HANS MÜLLER-BRAUEL.
Sieben Sprüche
Von A. Mo.
Wetterlaune
In einer mürrischen Wetternacht
Hab’ ich mein Testament gemacht,
Und als die Sonne am Himmel stand,
Hab’ ich es wiederum verbrannt.
Auslegung
Verdienst der Andern nennt man Glück,
Die eig’ne Thorheit Missgeschick.
Frage
War ich besser wohl vor Jahren
Mit dem rücksichtslosen, wahren
Ungebändigt freien Sinn?
Bin ich besser, seit ich ringend
Mein Empfinden niederzwingend
Anders scheine, als ich bin?
Guter Rath
Wer wird gleich zum Himmel schrei’n,
Wenn am Wege liegt ein Stein;
Besser Du verlierst kein Wort,
Bückst Dich still und räumst ihn fort.
Tempora mutantur
And’re Zeiten, and’re Sitten,
Und doch stets derselbe Trödel;
Eine wechselnde Perücke
Auf demselben kahlen Schädel.
Erziehung
Erziehung kämmet uns
Die Ringellocken aus,
Und macht mit Fleiss und Müh’
Ein ehrbar Zöpfchen draus.
Weggruss
Zur Wanderfahrt durch dieses Leben
Verleihe Dir der Götter Huld
Ein leichtes Herz, gesunde Glieder
Und unerschöpflich viel Geduld.
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