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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 1.1896, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 31 (1. August 1896)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3224#0081
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<£Ili (leicht abwehrend)

(Sei), geh! Ich Hab' nicht Zeit zu solchen

Witzen.

Oskar

Nicht, eh' Du mir ein Gnadenzeichen gibst.

Llli (nervös)

Geh' fort, sonst trittst Du mir ans meine Spitzen.

Oskar (leidenschaftlich aufwallend)

So wirf die Spitzen fort, wenn Du mich liebst.
Llli (lacht)

thaha. verzeih' mir Gskar, wenn ich lache,
weil ich Dich niemals so romantisch sah.

Gskar (ärgerlich)

Es ist ja wahr, Du bist nie bei der §ache
wenn ich Dir nahen will und dich liebkose,
Ja selbst bei jedem Deiner Gunstbeweise
Treibst Du daneben noch Allotria.

Llli

was nimmst Du eine so gedankenlose
Person zur Frau?

Gskar

Selbst ans der Hochzeitsreise
Im höchsteil Liebesglück warst Dn zerstreut:
Bald srugst Du nach den sonderbarsten Diilgen,
Bald mußtest Du Dein paar in Vrdnung

bringen;

Ich glaube selbst, Du hast dabei gelesen,

Statt daß Du still und wunschlos Dich gefreut.

Llli (sehr heiler)

verzeih' mir, wenn cs wirklich so gewesen,
Ich weiß es nicht mehr, wie ich damals war.
Doch wenn ich je mein Haar in Vrdnung

brachte

Und nebenbei mir sonst zu schassen machte,
Geschah's, Dir zu gefallen, das ist klar.

Gskar (nachdenklich)

Ach damals — das war eine schöne Zeit.
Llli

Du hast Dich eben über sie beschwert.

Dskar

Ja, abgeseh'ir von dieser Kleinigkeit,

Und sie hat meine Neigung selbst vermehrt.

Ich nähme gern auch dieses mit in Kauf,
Könnt' ich das and're noch einmal durchleben.

Elli (mild, elegisch)

wozu nach leereil Luftgebilden streben?

Gib diese hoffiiungslosen wünsche aus.

Oskar

warum denn hoffnungslos? was ist die Zeit?
wir sind doch da, wenn auch die Jahre flieh'».
Ich liebe Dich wie je. wärst Du bereit,
lvär' alles ganz wie einst.

Llli

wo deiikst Du hin?
Die schönen Zeiten sind einmal vorbei.

D'rnm laß sie ruh'n. Du kannst sic mit Gewalt
Nicht auferwecken, noch durch Schwärmerei.

Oskar

D Du bist grausam!

Llli

Nur verblüht und alt.

Oskar (leidenschaftlicher)

verblüht und alt? Haha. Das ist zum Lachen.
Du warst nie schöner, Llli, seit Du inein.

Llli

Ach! Ich und schön? wie kann das möglich sein?
(traurig) Ich Hab' ja gar kein Geld, mich schön

zu machen.

Oskar (zurückgeschreckt)

was?!

Llli (aufspringend und sich an ihn schmiegend)

Nicht für mich, Geliebter, einzig nur
Für Dich, wenn ich Dich in die früher» Zeiten
Zurückversetzen soll.

Oskar (gezwungen)

wer von Natur

So schöil ist, muß sich doch nicht vorbereiten?

Llli

Nein, aber was Du einst an mir geliebt,
warum sollst Dn es heut an mir vermissen?
wenn man auch nichts auf Aeußerliches gibt,
Ls hat oft größ'ren Linfluß, als wir wissen.
Genügt nicht eine Farbe, ein Geruch,

Lin Bild, ein Schmuck, ein Kleid aus alten

Tagen,

UM Utlsrer Jugend goldnes Bilderbuch
vor unfern Augen wieder aufzuschlagen?

Und hat nicht eine eig'ne Stimmung oft
Dein ergriffen, wenn ich die Frisur,
verändert, oder wenn ich unverhofft
Klein Kleid gewechselt? V besinn Dich nur!
Denk an die rothe Taille von. Flatiell,
wie feurig stets dabei das Herz Dir schlug,
Und wie Du jeden kleinsten Wunsch inir schnell
Lrfüllt, wenn ich die dünne Jacke trug,
wenn alles, was das Leben einst verschönt,
Uns fehlt, warum verschaffen wir uns Leid
Durch sein Gedächtniß, da wir längst entwöhnt?

Oskar (nach kurzer Pause, resignirt)

was brauchst Du denn?

Elli (schmeichelnd)

Ein neues Morgenkleid.

Oskar

(macht sich erschreckt los und wirft sich erschöpft auf das
Kanapee.)

rc. rc.


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Rudolf Wilke: In der Sommerfrische
Rudolf Wilke: Das Pläsir der Alten
 
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