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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 1.1896, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 41 (10. Oktober 1896)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3224#0223
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Nr. 41

JUGEND

1896

Steil war der Fels, den wir erklettert,
Späkfommertag, — die Sonne sank.
Bergtannen rechts und links, zer-
schmettert

Vom Feuerstrahl. Die Erde trank,
Ein dürstend Weib, die Regengüße,
Und Nebel stiegen aus der Rluft,

Als ob die Welt versinken müsse
In einer großen wolkengrufr.

Doch oben in des Bergwirths Hause
Gejodel, Spiel und Zitherklang;
wir labten uns am derben Schmause,
wir stimmten ein mir hellem Sang,
Die Gläser blinkten und die Becher,
Frohsinnig jedes 2lngesicht —

Ü) heit're Runde wackrer Zecher,

O Iugendlust, verlaß uns nichtI

Rur) war die Nacht — in Thalcstiefcn
Noch Dämm'rung. — Horch, ein Glocken-
ton

Empor vom Lager, die noch schliefen —
Mocht'uns der Fels auch trotzig droh'»,
Empor zum Gipfel unerschrocken,

Die Augen auf, die Herzen weit —

O hehrstes, innerstes Frohlocken,
Gewaltige Bergeinsamkeir!

Da flammt's im Ost. Die Firnen leuchten
Im roj'gen Licht; ein weißes Meer
Von Wolken brodelt um die feuchten,
Unsichrbar-tiefen Schluchten her.

Doch hell im Sonnenstrahlc blinken
Der klare Sec, die grüne Au,

Der Alpen schneebedeckte Zinken,
Hochragend in des 2lerhers Blau.

Sei mir gegrüßt, du einsam hohe
Lichtspenderin, viel tausendmall
Laß leuchten deine heil'ge Lohe
Vom Firmament hinab in's Thal;

Laß reifen unter deinen Gluthen
Die süße Frucht, die gold'ne Saat,
Die Reime alles Schönen, Guten
Und jeder männlich-großen That!

Und siehst du Wunden, o so heile
mit deinem Balsam jeden Schmerz,
Und siehst du Liebe, so verweile
Und Freude gieß in jedes Herz;

Und siehst du Zwietracht, so versöhne
Und lindre lächelnd jede G.ual —

Sei mir gegrüßt, du hehre, schöne
Lichtspenderin, vieltausendmall

Johann v. wildenradt.

Leuchtender Tag

Liebchen I — huschte sie durch's Zimmer?
Ja, ihr kjaar blieb mir im Sinn,
wie ein (lZuell im Frühlingsflimmer
Floß es reich und hell dahin.

Ist mir's doch, ich säh' es quellen
Fort und fort in gold'nem Tanz,

Flinke, immer rege Wellen
Unter einen: stillen Glanz.

was ich heut nun denke: immer
Bringt es Lust mir und Gewinn,
wie ein Tuell im Frühlingsstimmer
Fließt es reich und hell dahin.

Hans Rossmann.

©tto Ernst.

Sternenglücf

Du klagst, daß Du ein Stern geblieben,
Der nur der Sonne Licht entlehnt?

So fühle doch, mit welchem Lieben
Die Sonne sich nach Sternen sehnt I

Denn ach, unendlich sind die Welten,

Die ihr verweigern Widerschein —

Und da, mein Freund, willst Du Dich schelten,
In dunkler Nacht ein Stern zu sein?

Eduard von der Hellen.

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Register
Eduard v. d. Hellen: Sternenglück
Hans Rossmann: Zeichnung zum Text "Auf dem Wendelstein"
Otto Ernst: Leuchtender Tag
Johann v. Wildenradt: Auf dem Wendelstein
 
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