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Nr. 48

Wort, der sich unbemerkt herangeschlichen
hatte. »Der Tyrann hat mit übermächtigem
Heere unser Land überfallen, tödte ihn und
seine feilen Schergen, schlage seine Zwing-
burgen in Trümmer!«

»Aber«, meinte betrübt der Riese, »ich
will doch nicht immer nur zerstören.«

»Was willst Du denn sonst?« fragten
höhnisch die Herren.

»Ich hatte es mir ' so ganz anders ge-
dacht«, gestand zögernd der Riese. »Ihr seid
so klein und schwach, und ich bin gross und
stark. Was Ihr nicht im Stande wäret, aus-
Zuführen, wollte ich für Euch thun: arbeiten
Zu Euerm Glücke, für Euern Wohlstand«..

»Wir haben Dir doch erklärt, wie Du
das thun kannst.«

Der Riese schüttelte wehmüthig das Haupt.
»Dann geht nur wieder«, sagte er fast schüch-
tern, »auf diese Weise kann ich Euch nicht
helfen. Wenn Ihr aber meiner bedürft zu
Eurem Glücke, ohne dass dadurch das Un-
glück Anderer verursacht wird, dann kommt
Zurück. Ihr werdet mich bereit finden, Euch
beizustehen.«

Unzufrieden zogen die Menschen ab. Sie
hatten Thaten verlangt, nicht schöne Reden.
Die konnten sie sich selbst halten.

Tage-, wochenlang wartete der Riese, aber
Niemand erschien, seine Hilfe zu. erbitten.
Erst wunderte er sich, dass man ihn nicht
brauche, dann begann er sich zu langweilen.

Da fiel sein Blick von ungefähr auf einen
schmalen Streifen Landes zwischen zyvei
Meeren. Tausende von Arbeitern waren dort
beschäftigt, Erde auszuheben und einen Ka-
nal zu graben.

Fröhlich lachte der Riese. Mit beiden
Händen fasste er zu, warf rechts und links
die ausgescharrte Erde ins Meer, oder türmte
sie bergegleich zu beiden Seiten auf; und ehe
es Abend wurde, war ein Kanal fertig, wie
ihn Menschenkraft nimmer zu Stande ge-
bracht hätte.

Der Riese war zufrieden. Jetzt hatte er
den Menschen gezeigt, was fr vermochte, nun
würden sie auch zu ihm kommen, ihn lieben
und bewundern.

Sie kamen auch, aber wüthend, zornig,
mit bitteren Klagen.

Eine schmale Wasserstrasse hatten sie
bauen wollen, deren Verkehr leicht zu kon-
trolliren wäre, und jetzt war fast ein Meeres-
arm daraus geworden, so breit, dass man
nicht einmal hinüber schiessen könne.

»Ja, warum wollt Ihr denn schiessen?«
fragte der Riese.

Die Menschen waren über diese naive
Frage aufs höchste erstaunt. Sie versuchten,
es dem Riesen begreiflich zu machen, aber
der verstand nichts von Zöllen, Hoheits-
rechten , strategischen Stützpunkten u. dgl.,
und so beschränkten sie sich darauf, ihn zu
bitten, sie künftig ihre Angelegenheiten allein
in Ordnung bringen zu lassen — und zogen ab.

Der Riese beschloss, zum Derwisch zu
gehen und sich erklären zu lassen, warum
er, der doch tausendmal stärker sei als die
Menschen und den besten Willen habe, ihnen
nichts helfen könne — dann fiel ihm ein,
dass er den Denuisch ja todtgetrelen habe,
und er wurde sehr traurig. Drei lange
Wochen sass er da, schweigend, nachdenkend.
Einmal hob er wohl die mächtige Faust, als
wolle er die Erde in Trümmer schlagen, allein
gleich wieder Hess er sie sinken. Klüger
machte ihn das lange Grübeln nicht, aber er
gelangte wenigstens zu einem Entschlüsse.

Er rief die Menschen zusammen und
sagte, er sehe wohl, dass er ihnen nichts
nützen könne und dass alles, was er für sie
thun wollte, ihnen nur zum Unheil gereiche
— deshalb sollten sie ihn tödten.

Das wurden wahre Festtage auf der Erde.
Aller Streit und Hader ging in dem einen
grossen Zwecke unter. Man schoss mit Ka-
nonen auf den Riesen, impfte ihn mit den
tödtlichsten Bazillen und gab ihm Fässer voll
Blausäure und Strychnin zu trinken. Aber
die Menschen waren nicht gewohnt, mit einer
Riesennatur zu rechnen; abgesehen von ei-
nigen leichten Beschwerden blieb der Riese
gesund.

Der wusste nicht, sollte er lachen oder
weinen. Endlich in einer dunklen Nacht
überwältigte ihn das Gefühl der Einsamkeit
und Hilflosigkeit trotz aller Kraft und Stärke,
und verzweifelnd, erivürgte er sich mit den
eigenen Händen.

Die Menschen freuten sich zwar, dass
Alles ein so gutes Ende genommen hatte, aber
sie mussten lachen über den komischen Kauz,
der seine ungeheure Kraft zh nichts anderem
benutzt hatte, als sich selbst umzubringen. Wie
leicht hätte er sich zum Herrn der Welt
machen können t

»Riesen sind eben dumm!« sagten die
Menschen.

Gute Rathschläge

Dem Arzte:

„Leben und Leben lassenI"

Der verehrlichen Redaktion:

„Eile mit — Feilei"

Dem Hagestolzen:

„Ausl ermanne Dich und beweibe Dich!"

Iuvenil.

<3©

Frau (die sich einen Sommerhut in sehr
plumper weise aufgeputzt hat): „Siehst Du,
Männchen? Was sagst Du zu Deiner ge-
schickten Frau?"

Mann: „Ja, jal Die Axt im Hau^
erspart den Zimmermann."

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Index
Juvenil: Gute Rathschläge
Bernhard Pankok: Der Tod
O. E.: Gute Rathschläge
 
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