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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 1.1896, Band 2 (Nr. 27-52)

DOI Heft:
Nr. 52 (26. Dezember 1896)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3224#0427
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1896

ft

JUGEND

Nr. 52

Die Centaur endroschke

A. v. Meissl (München).

Lauf der Welt

Junger Wein,

Kaum getrieben durch die Kelter,
Gährt gewaltig im Behälter,

Findet sich allmählich drein,

Ruhig, klar und reif zu sein,

Und wird älter.

Aelter wird

Auch der Jüngling, der voll Feuer
Vor der Burg der Abenteuer
Tapfer mit den Sporen klirrt
Und sich unterwegs verirrt
Im Gemäuer.

Gutes Glück

Rettet ihn aus schlimmem Spasse,

Und mit feinerm Augenmasse
Legt er ohne Wagestück
Seinen Weg fortan zurück
Auf der Strasse.

Ein Diplom

Macht zum Doktor ihn, zum Rathe;
Sitzend in der Kemenate
Blickt er auf den Zeitenstrom
Hin als Gatte, Vater, Ohm
Oder Rathe.

Ruhig auch,

Reifer, klarer wird sein Wille;
Manchmal ist ihm noch, als quille
Fernher ein Begeisterungshauch;

Doch sein wohlgepflegter Bauch
Macht ihn stille. Ludwig fulda.

Einem Vkrdtiuungscholrrikkr

Du hilf des Hriligrn Lomes null
Nachmittags im Cafe,

Dumpf üonnrrt ürin JEitnimigroü,

-Sunkl schluchzt dein DichterwrH.

Die ganze Welt ift dir rin Staii
ßri einer Schaute löraun,

Gott und dus ganze Weltenail
Macht lEhrl dir und Gran it.

Was ift das Sein? lfin breiter Sumpf,
früh wolkig wir Aklynth,

Die Mrnlchrn eine Herde stumpf
Änd allem Graften blind l

Das hört lich gar rrlchrrcklich an
And klingt mir Weltgericht;

Doch int Laks, empörter Mann,

Da rrkormirt man nicht.

Das ift rin lftrt, wo man verdaut.

Der Line tijuts in Btiilj,

Der Andre auf die Mehr haut;

L. >L, Netter, du.

And dir Methode scheint probat,

Sir schlägt dir trefflich an,

Dal; ich dir Keinen Kellern Kat
Fils diesen geben kann:

Äeb' immer Lorn und Grimmigkeit

Nachmittags im Eafel

Dir dient es zur Zufriedenheit

And keinem thut es weh. Arazi.

Li-Hung--Tschang in Ungnade

Ein kleiner intimer Dialog
aus dem kaiserlichen Palast in Peking.

Tsai-t'ien: „Ich bin sehr zufrieden mit den
Ergebnissen Deiner Reise. Du hast alles
Mögliche erreicht, mein lieber Li!"

Li-hung-tschang: „Ich habe aber auch alles
Mögliche versprechen müssen, erhabener
Kaiser."

Tsai-t'ien: „Das ist mir aber sehr unangenehm,
mein lieber Li!"

Li-hung-tschang: „Es ging nicht anders!
Wir brauchen aber nicht Alles zu halten,
erhabener Herr."

Tsai-t'ien: „Das würde aber sehr schäbig aus-
sehen, mein lieber Li."

Li-hung-tschang: „Allerdings! Ich habe doch
guast in Deinem Auftrag verhandelt, erhabene
Majestät."

Tsai-t'ien: „Und ich kann mich doch nicht gut
selbst desavouiren, mein lieber Li!"

Li-hung-tschang: „Aber mich kannst Du dcs-
avouiren, erhabener Tsai-t'ien."

Tsai-t'ien: „Allerdings, aber ich möchte Dich
nicht kränken, mein lieber Li!"

Li-hung-tscbang: „Du kannst mich ja pro
forma wieder einmal ein Bisserl in Ungnade
fallen lassen, erhabener Kaiser."

Tsai-t'ien: „Famose Idee! Dafür kriegst Du
grüne Fransen an die gelbe Jacke, mein
lieber Li!"

Li-hung-tschang: „VerbindlichstenDank! Also
ich bin in Ungnade, erhabener Tsai-t'ien?"

Tsai-t'ien: „Du bist in Ungnade." (Schlägt
an den Gong. Ein Diener kommt.)
„Zwei Tassen Reis-Schnaps!"

(Der Reis-Schnaps wird gebracht.)

Tsai-t'ien: „Sollst leben, alter Schlauberger,
der Du bist, lieber Li!"

Li-hung-tschang: „Sollst leben, erhabener
Tsai-t'ien!" Ki-ki-ki.

86;
Register
August v. Meißl: Centaurendroschke
Ludwig Anton Salomon Fulda: Lauf der Welt
Krazi: Einem Verdauungscholeriker
Ki-Ki-Ki: Li-Hung-Tschang in Ungnade
 
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