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Nr. 42

. JUGEND -

1897


An Arnold Böcklin

^gitt, igittI so heißt das edle Wort,

Das wir in Hamburgs Straßen vielmals hören.
Igitt, igitt, daß ich auch fort und fort
Mich lasse vom „realen Stoff" bethören l
Muß denn dies Rattenzeug an meinem Bord
Sich unaufhörlich gegen mich verschwören?

Mein Phantasus, sei flügelbreit bereit,

Daß mich nicht unterkriegt die Wirklichkeit.

Drum rasch in See! Das Rattenvolk verreckeI
lhalloh, halloh, wie weht hier frisch der windl
Mein vikingschiff ist keine Wasserschnecke;

Wie die verfolgte Nixe schwimmts geschwind.

Das Segel schwillt. Schwarz droht die Wolkendecke.
Der Wimpel züngelt wie ein Schlangcnkind.

Das Nordmeer brüllt. Ls fällt der Blitz. Geschmetter.
Und meinen Arm breit ich entzückt dem Wetter.

Da brcnnts jal Wo? Der Dreimastschooner? Nein!
Ists an der Rüste? Nein! Die kjallig brennt!

Frcrk Frcrksens Werft. Da liegt sie! Ganz allein!

V wie allein! Bon aller Welt getrennt!

Und keine Seele rings; nicht Stein noch Bein.

Die Flammen schlagen wild ans Firmament.

Und keine Möglichkeit, daß wir dort landen;

Die Watten hindern dran, wir würden stranden.

Nach einigen Tagen hört ich die Geschichte
von diesem Brande; sie war grauenhaft.

Ls grinste aus dem simpel« Thatberichte
Das ganze kföllonheer der Leidenschaft.

Saß hier ein Gott im Feuer zu Gerichte?

Bewies das ^Schicksal seine Reulenkraft?

Nennts Schicksal, nennt es Gott—frei könnt ihr wählen;
Ich habe nur die „Sache" zu erzählen.

Zwei Brüder lebten in Frerk Frerksens Haus,

Die er, selbst fern, als Schäferknechte hielt.

Sonst auf der I»se! weder Mann noch Maus,

Nur Schafe, Schafe werden drauf „erzielt;"

Die rupfen rasch den magern Halligstrauß,

Bevor die Fluth sich wieder näher stiehlt,

Sich unaufhaltsam durch die Priele schlängelt
Und auf die Werft die weiße Heerde drängelt.

Tagcin, Tagaus derselbe Stundenplan;

Die Brüder, Friesen, ernst, vernünftig, stumm,
Begnügen sich mit diesem Ranaan,

Als wärs ein veritables Tusculum.

Der eine schnitzt an einem Haifischzahn,

Der andre braut heiß Wasser mit viel Rum.

Sie schlafen gern, sind gerne Zeltverschwender,

Und beide lesen Bibel und Ralender.

Allmählich doch: Dies ewige Strümpfestopfen,

Dies ewige Nähn an Hose, Hemd und Rnöpfen,

Dies immer enger sich znsammenpfropfcn

Mit Hund und Lämmern, mit den Graupentöxfcn,

Das waren schließlich keine Honigtropfen.

Und so beschlossen sie mit harten Röpfen:
wir lassen uns ein Weib herübcrschicken,

Die für uns fegen, kochen soll und flicken.

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Fritz Erler (München).
Register
Fritz Erler: Titelei und Randverzierung zum Text "Frerk Freksens Werft"
Detlev v. Liliencron: Frerk Freksen's Werft
 
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