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Nr. 45

JUGEND

1897

schlimm, es verging keine Woche,
ohne daß sich der Bär unter den
Thieren zeigte. Die Pferde kehrten
zusammen auf einsamen Pfaden zu-
rück; sie waren sehr scheu geworden,
denn der Bär verfolgte sie unauf-
hörlich. Doch Blaaken war nie da-
bei, ebenso wenig die Stute und das
ZüUen, über das er väterlich wachte.
Schließlich fragten wir uns, was ge-
schehen war. Die Hirten hatten die
Glocke der Stute seit vielen Tagen
nicht mehr gehört. TRmi schickte einige
ältere Hirten auf die Suche; sie durch-
forschten das Gehölze besonders nach
der Sumpfgegend zu, in die der Bär
das kühne Thier gelockt haben mochte,
um es umzubringen und sich dann der
Stute und des ZüUens zu bemächtigen.
Sie suchten und suchten, ohne etwas
zu finden. Man sah wohl überall die
Spuren des Bären, doch kein Zeichen
eines Kampfes mit dem Pferde. Einige
Knechte gingen weiter, und während
sie noch ihre Vermuthungen austausch-
ten, näherten sie sich einem der besten
Weideplätze, und einer von ihnen be-
merkte in der Rähe eines Sumpfes
die frischen Spuren der Stute und des
Züllens, die sich augenscheinlich in
großer Angst um denselben Drt un-
aufhörlich herumgedreht hatten. Als
man den Sumpf absuchte, erkannte
man genau aus den Spuren, daß hier
ein heftiger Kampf stattgefunden hatte.
Die Knechte schauderten, doch sie woll-
ten sich noch genauer überzeugen. Am
Rande des Sumpfes entdeckten sie den
Abdruck der Hinterfüße sowohl des
Pferdes wie des Bären, sie hatten
sich beide erhoben: der Bär war bis
zu dem Sumpfspalt zurückgewichen,
in den er das Pferd gelockt, und war
dann gefolgt. Doch diesmal hatte sich
der Bär getäuscht; Blaaken war wohl
eingesunken, doch die Kraft seiner Len-
den hatte seine Beine von dem Sumpf-
schlamm befreit, ohne daß er aufge-
hört hätte, mit seinen vorderhufcn
zu schlagen und mit seinen scharfen
Zähnen zu beißen; dann sah man die
Hinterfüße des Bären nicht mehr, da-
für aber den Eindruck seines Pelzes
den ganzen Sumpf entlang; er war
niedergeworfcn worden, hatte sich nicht
mehr aufrichten können und hatte sich
bis zum trockenen Loden gewälzt, um
sich vor den Stößen und Bissen des
wüthenden Thieres zu wehren, von
dem Anblick des Schlachtfeldes erregt,
wurden die Knechte aufmerksam und
nun hörten sie in der ruhigen Luft
dieses Regentages das Geklingel der
Stute in dem Dickicht, das den Berg
umgibt. Sie stürzten darauf los und
entdeckten Blaaken, der ihnen mit
seinen blitzenden Augen verbot, näher
zu kommen. Mit erhobenem Haupte
und wehender Mähne lief er im Kreise
um die Stute und das Füllen herum,
und erst nach vielen sanften Worten
konnten sie Llaaken davon überzeugen,
daß sie Freunde waren. Diese in ihrer
Art einzige Heldenthat Blaakens warf
einen solchen Ruhmesglanz auf seinen
Rainen, daß aus dem „Priester-Blaa-
ken" der „Bären - Blaaken" wurde.

Lines Tages kam er mit den Spuren
von Bärentatzen nach Hause. Ls war
ein alter Riese, der sich auf das Auge
des Thieres gestürzt und cs ihm der

^londschein - Serenade L. Hohlwein (München)

Länge nach ausgerissen hatte, als es
sich hatte befreien wollen.

Man kann sich unter diesen Um-
ständen denken, welche Bewunderung
Blaaken erregte, wenn er uns zur
Kirche zog. Die ganze Familie mußte
er fahren, und oft hörten wir jubelnd:
Zurufe, wenn wir vor dem Gottes-
hause anlangtcn. Ich für meinen
Theil habe mich nie so stolz gefühlt,
als wenn ich von den Bauern sein
Lob verkünden hörte.

Doch ich will ihn hier auf der Höhe
seines Triumphes verlassen, denn bald
zog ich fort und fand andere Gegen-
stände, die ich bewundern, und andere
Helden, denen ich nacheifern konnte.

Bor Halkyomer

Non lvtto Erich Dartleben
VII.

Sri niemals allzuklar.

Sann Dich der Pöbel fassen,
Wird er Dich ohne Scham
bekritteln bald nnd hassen.
Das Nnverstand'ne nur
wirkt als Mysterium --
Vergöttert ivirst Du nur,
machst Du die Menschen dumm.

„Ich glaub', ich kenne" Dich,
sprach ich zu meinem Gast,
Nnd er erwiderte:

„Ich seh', das; Du mich haßt."

Die Fürsten sind von Gott.

Doch da nun Gott in mir,

So sind sie wohl nur dann,
wenn ich sie bring' herfür.

Sie laßt sich so herab,
daß, wenn nicht Alles irrt,
In nicht ju ferner Zeit
sie niederkommen wird.

Hat das Crhab'ne nicht
in Deiner Seele Sitz,

So hilft Dir eines nur —

Du weißt —: es ist der Wik.

Der Ehebruch der Frau
führt allzuleicht zum Krache —
Des Mannes Ehebruch
gilt als amönr Sache.

Dein Lachen fei Dir iverth
lvie echte Frauenminne,

Viel Lachen ohne Grund
zeugt von gemeinem Sinne.

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Register
Ludwig Hohlwein: Mondschein-Serenade
Otto Erich Hartleben: Der Halkyonier
 
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