1897
• JUGEND
Nr. 50
mmmnmwmmmmmi
A1. K/eitcr (München).
auf den Spänen. Und iinincr dann am liebsten,
wenn ich wußte, sie sah mich.
Dann Hab ich auch manch liebes Mal trotzig
und herausfordernd ein Lied angestimmt. Er-
zog bis zu ihr und weiter hinaus, es war hier ein
Kamps- und Sicgeslicd: „Deutschland, Deutsch-
land über Alles, über Alles in der Welt..
Und dann sang sic mir wohl ebenso trotzig
das Jesze Polska herüber — Noch ist Polen
nicht verloren!'
Aber geschaukelt haben wir uns nie mehr.
Und doch, ivenn ich heute nach so manchem langen
Jahr zurückdeuke, habe ich eine so grosse Sehn-
sucht danach . . . nach dem Holzplatz mit den
vielen Balken, nach der goldenen Sonne, die
damals schien, nach den lauschigen Winkeln, nach
allem Früheren. Und ganz still sollt' ich wieder
da sitzen und von hinten hielt' mir Jemand die
Auge» zu und mit leisem Lachen sollte Dign mir
sagen, daß sic mich „scrr gern" hätte.
Aber ich weiß nicht 'mal, ob der Holzplatz
heute noch existirt. —
A
Mit dem Eselskinnback
-Fakiren und Glossen von kinriii Verstorbenen
Hcraustzktzkbc» von einem liebenden
Brennende Fuchsschwänze
Tertia gaudens
And als ich beim letzten mich befrug,
Er sprach ivie der erste mit flinker Verneinung:
„Utir selber scheint es ja gut und klug,
Aber — die öffentliche Meinung!"
Lcbcnsköchc
Sie stelzen am Herde und rühren die Töpfe
And kochen das Leben nach bestem Rezept...
— Doch »langelt ein Guentchen, da steh'n
ste gedeppt,
And wisse» nicht weiter und hängen die köpfe!
Die Ganzhcllcn
hettköpfe seid ihr, — nur flott geprahlt!
— Was die Meister in eurer Runde
Vereinst mit dein Fleiß ihres Lebens bezahlt:
Ihr habt es in einer Viertelstunde!
Antipöbel
„Wir trotzen der Masse, dem Pöbelbegchr!"
Ja, — ivenn in euch selbst nur kein
Pöbel wür'l
Halbe — Ganze
(Manchem Radikalen.)
Von halben sprecht ihr stolz,
Wo's noch so kühn ist,
Ja, ihr seid ganzes holz;
Rur — dafz es grün ist!
Jugenderziehung
Das; das körn zum Fressen diene,
Mus; cs unter die Dreschmaschine!
Dito (Vor einem Säugling.)
Da liegt er noch, der Mensch, im
hoffnungswimpel!
In fünfzehn Jahren — ist er Simpet!
Vor einem Runstwerk
Aebcrall nur die Gestalt von Menschen
erblickt' ich — und die kaum!
Wohl mir, daß mir ein Stein endlich
die Seele gewährt!
Das widerwärtigste
höchst widerlich ist mir ein tugendseicht
Anstandsgebahren in Scheitel und Frack.
Doch was mir am allerwiderlichstcn däucht,
— Sind Frivolitäten ohne Geschmack!
Der Mephisto der Großstadt
Frivol, wie sittlich — der Teufel mag's holen!
— Am liebsten sind mir die Sittlich-
frivolen!
Erfslgsrichtcr
Gehst du zugrund vor'm Ziel:
„Er war zu subtil!"
hast du dich durchgebissen:
„Welch' feines Gewissen!"
Billige Manier
Erst laßt ihr im Leeren
Die kraft sich verzehren.
Dann: „Wir ivusztcn's ja, Kinder,
Daß nichts dahinter!"
Göttlich!
War einer, der gab den Gänseschrei
So echt, als ob er natürlich sei.
— Da stailiiten die Güiischen alle sehr,
Was das für ein göttlicher Künstler wür'!
Ein feiner und höflicher Mann
Charakterskizze von Alfred af Hrdetistjerna
V^nn ein feiner und höflicher Mann
eine Mutter hat, die sich für das Gesell-
schaftsleben interessirt, begeht er niemals
die Unzartheit, während der Saison oder
kurz vorher oder in der Reisezeit zur Well
zu kommen. Ein feiner und Höflicher Mann
wird immer ungefähr um den 15. April her-
um geboren.
Als Junge schläft er in den Nächten
ruhig, schlägt niemals etwas entzwei und
stirbt nicht im Kindesalter, wenn nicht der
»55
• JUGEND
Nr. 50
mmmnmwmmmmmi
A1. K/eitcr (München).
auf den Spänen. Und iinincr dann am liebsten,
wenn ich wußte, sie sah mich.
Dann Hab ich auch manch liebes Mal trotzig
und herausfordernd ein Lied angestimmt. Er-
zog bis zu ihr und weiter hinaus, es war hier ein
Kamps- und Sicgeslicd: „Deutschland, Deutsch-
land über Alles, über Alles in der Welt..
Und dann sang sic mir wohl ebenso trotzig
das Jesze Polska herüber — Noch ist Polen
nicht verloren!'
Aber geschaukelt haben wir uns nie mehr.
Und doch, ivenn ich heute nach so manchem langen
Jahr zurückdeuke, habe ich eine so grosse Sehn-
sucht danach . . . nach dem Holzplatz mit den
vielen Balken, nach der goldenen Sonne, die
damals schien, nach den lauschigen Winkeln, nach
allem Früheren. Und ganz still sollt' ich wieder
da sitzen und von hinten hielt' mir Jemand die
Auge» zu und mit leisem Lachen sollte Dign mir
sagen, daß sic mich „scrr gern" hätte.
Aber ich weiß nicht 'mal, ob der Holzplatz
heute noch existirt. —
A
Mit dem Eselskinnback
-Fakiren und Glossen von kinriii Verstorbenen
Hcraustzktzkbc» von einem liebenden
Brennende Fuchsschwänze
Tertia gaudens
And als ich beim letzten mich befrug,
Er sprach ivie der erste mit flinker Verneinung:
„Utir selber scheint es ja gut und klug,
Aber — die öffentliche Meinung!"
Lcbcnsköchc
Sie stelzen am Herde und rühren die Töpfe
And kochen das Leben nach bestem Rezept...
— Doch »langelt ein Guentchen, da steh'n
ste gedeppt,
And wisse» nicht weiter und hängen die köpfe!
Die Ganzhcllcn
hettköpfe seid ihr, — nur flott geprahlt!
— Was die Meister in eurer Runde
Vereinst mit dein Fleiß ihres Lebens bezahlt:
Ihr habt es in einer Viertelstunde!
Antipöbel
„Wir trotzen der Masse, dem Pöbelbegchr!"
Ja, — ivenn in euch selbst nur kein
Pöbel wür'l
Halbe — Ganze
(Manchem Radikalen.)
Von halben sprecht ihr stolz,
Wo's noch so kühn ist,
Ja, ihr seid ganzes holz;
Rur — dafz es grün ist!
Jugenderziehung
Das; das körn zum Fressen diene,
Mus; cs unter die Dreschmaschine!
Dito (Vor einem Säugling.)
Da liegt er noch, der Mensch, im
hoffnungswimpel!
In fünfzehn Jahren — ist er Simpet!
Vor einem Runstwerk
Aebcrall nur die Gestalt von Menschen
erblickt' ich — und die kaum!
Wohl mir, daß mir ein Stein endlich
die Seele gewährt!
Das widerwärtigste
höchst widerlich ist mir ein tugendseicht
Anstandsgebahren in Scheitel und Frack.
Doch was mir am allerwiderlichstcn däucht,
— Sind Frivolitäten ohne Geschmack!
Der Mephisto der Großstadt
Frivol, wie sittlich — der Teufel mag's holen!
— Am liebsten sind mir die Sittlich-
frivolen!
Erfslgsrichtcr
Gehst du zugrund vor'm Ziel:
„Er war zu subtil!"
hast du dich durchgebissen:
„Welch' feines Gewissen!"
Billige Manier
Erst laßt ihr im Leeren
Die kraft sich verzehren.
Dann: „Wir ivusztcn's ja, Kinder,
Daß nichts dahinter!"
Göttlich!
War einer, der gab den Gänseschrei
So echt, als ob er natürlich sei.
— Da stailiiten die Güiischen alle sehr,
Was das für ein göttlicher Künstler wür'!
Ein feiner und höflicher Mann
Charakterskizze von Alfred af Hrdetistjerna
V^nn ein feiner und höflicher Mann
eine Mutter hat, die sich für das Gesell-
schaftsleben interessirt, begeht er niemals
die Unzartheit, während der Saison oder
kurz vorher oder in der Reisezeit zur Well
zu kommen. Ein feiner und Höflicher Mann
wird immer ungefähr um den 15. April her-
um geboren.
Als Junge schläft er in den Nächten
ruhig, schlägt niemals etwas entzwei und
stirbt nicht im Kindesalter, wenn nicht der
»55