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Nr. 51

1897

^rloschne Können

I» hcn einigen Ü^nnmonie den jSpfjnmm
ÖCCnnbenn gönnen, denen ^ang venffnmmk —
GCCüpEe GCCelfen, wo doch feine Hannen
^-«insenden Uoneinst das Glück gefnnimk.

TInd min ipE, auf eine solchen jSonnen
.Seien, o ©eliclife, Win venkannk;

Gnsenes Jucbcns heisze Vnnpnndnonnen
Sickenn und vensickenn in den jZand.

^Tnd die ^Zohusuibk in enstannken Aähnon
S»chk nnd lausch!, venachlek nnd venhöhnk,
Ob ein ^cho von dem JZang den Sphänen
Einmal doch die (Onskenei dunchtönl.

Vithir T^ardung.

Das Grosspapachen

Heute muss das gute Grosspapachen spa-
zieren gehen. Einfach hinausgesteckt
haben sie ihn. Es ist ja auch ein Skandal:
den ganzen Winter, genau vier Monate lang,
ist er mit keinem Schritt aus der Stube ge-
kommen I Aber heute Früh hat ihn Lieschen,
das ist die Grossmama, einen Mummelgreis
genannt. Das zogl Zwar: er ist noch in
einer gewissen trotzigen Stimmung, — aber
er muss doch mehr und mehr den Kindern
und Lieschen Recht geben: ein schönerMorgen
ist es! Man kann wohl geradezu sagen, es
hat seit Jahren keinen so ideal schönen Früh-
lingsmorgen gegeben! Andere Leute scheinen
das auch gemerkt zu haben. Es ist, als ob
alle Menschen, die es überhaupt gibt, heute
auf der Strasse wären. Das dünne seidene
Halstuch wird einem schon fast zu warm.
Und dass sie ihm gerade diese unfläthigen
Doppelkorksohlenstiefel herausgesucht haben,
war auch recht überflüssig! Das Trottoir ist
vollkommen trocken. Wenn nur nicht immer
das Ei klüger sein wollte, als die Henne!
Man möchte schon beinahe auf der schattigen
Seite gehen. Ach so, — es ist ja auch schon
Zwölfe vorbei, da klappern ja schon die Schul-

jungens'! Die Mäntel haben sie natürlich aus-
gezogen und hauen sich damit um die Ohren.
Was die Bande für einen Lärm macht! Aber
Grosspapachen ist nicht böse. Lacht sogar.
Was würden die Gelbschnäbel wohl sagen,
wenn er jetzt auch auszöge und mitten unter
sie führe! Ob er mit so einem noch fertig
würde? — Oh, — wie sich seine Muskeln
straffen! Die in den Oberarmen! — Seit einer
halben Stunde ist er von Hause fort und ver
spürt auch wahrhaftig nicht die leiseste Müdig-
keit. Sie wollen ihn nur immer älter machen,
als er ist. Oder ist es vielleicht blos die
Kraft der Frühlingssonne, die ihm in’s Blut
gefahren ist, dass es so warm und lustig die
Adern hinauf, hinunter strömt?

In all’ die Luft und Sonne gellt die Strasse
herauf ein scheusslicher, heiserer Missklang:

„Eeextrablatt I!! Eeextrablatt I!!"

Darüber könnte sich nun das Grosspapachen
beinahe ärgern.

„Eeextrablatt!!! Das Allerneueste!!I"

Du lieber Gott! Das Allerneueste! Viel-
leicht ist der Reichstag aufgelöst, oder irgend
so was! Da machen sie nun so ein Geschrei!
Grässlich ist es. Und dafür soll man auch
noch einen Groschen geben! Das Gross-
papachen wird diesen Groschen seinen Kin-
dern und Enkeln erhalten.

Oder steht am Ende gar darin, dass der
Frühling eingezogen ist? Aber das sieht doch
Jeder.

Da geschieht dem Grosspapachen etwas
sehr Liebliches. Ein frisches, hochbusiges
Mädel tritt auf ihn zu, mit einem nagelneuen
Rohrkorb am Arm, von dem sie ein buntes
Tuch aufnimmt.

„Veilchen, mein Herr? Frische Veilchen!
Zehn Pfennig.“

Was sie für rothe Backen hat! Vom Wind!
Und die zerzausten Haare wehen ihr von den
Schläfen weg nach beiden Seiten.

Warum soll das Grosspapachen nicht 'mal
wieder einen Blumenstrauss mit nach Hause
bringen! Für Lieschen!

Er sucht in dem Korbe und
braucht sehr lange dazu. Er möchte
eigentlich auch gern dem Mädel
noch einmal recht in’s Gesicht sehen,
— aber es geht doch wohl nicht.

Endlich greift er den schönsten, grössten
Strauss aus dem Korbe, und nun — indem
er mit weicher Stimme fragt: „Kostet?“ —
nun sieht er ihr gerade in die Augen.

Da blitzt ihm das gerissene Frauenzimmer
ihren allerheissesten Blick hinüber, dass es dem
armen Grosspapachen beinahe schwindlig
wird. „Dieser kostet eine Mark!“ sagt sie.

Grosspapachens Finger zittern ein wenig
in der seidenen Börse, die Lieschen gehäkelt
hat. Er fühlt einen harten Thaler, . . . nun
macht er, weil er ein schlechtes Gewissen
hat, einen Witz: „Ich kann mich immer noch
nicht an die Marks gewöhnen!“ Und gibt
rasch den Thaler hin.

Das Weib sagt nicht einmal „Danke.“ Sie
lacht und läuft mit dem Thaler fort. Viel-
leicht hat sie sogar das Grosspapachen aus-
gelacht. Und dennoch ist nun dem Gross-
papachen so wohl zu Muthe, — so köstlich
wohl. Langsam führt er den grossen Veilchen-
strauss an die Nase, — am liebsten möchte
er sein ganzes Gesicht in dem feinen, lau-
warmen Duft vergraben, aber — die Veilchen
sind ja für Lieschen!

Sie werden nicht plaudern. Das Veilchen
ist ja berühmt dafür, dass es die allerstillste

B1Ume iSt‘ WALTER HARLAN.

Des Todes Klage

(Mit einer Zeichnung von Fritz Rehm)

In wilder Zeit

Bei Kampf und Streit

Da war ein lustiges Sterben,

Da ritt ich einher

Mit Schwert und mit Speer

Und schlug die Schädel in Scherben.

Nun krieche ich sacht
An die Kranken bei Nacht,

Erlauert und zehnmal vertrieben;

Und wenn ich’s erschleich’

Und führe den Streich,

Was ist noch zu tödten geblieben?

A. Mo

<A. Wcisgcrbcr.

S70
Register
Albert Weisgerber: Zierleiste
Victor Hardung: Erloschne Sonnen
A. Mo.: Des Todes Klage
Walter Harlan: Das Grosspapachen
 
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