Nr. 51
JUGEND
1897
nach Ungarn gekommen. Dort förderte ihn
unser Mitbürger Filippo Scolare, genannt
Io Spano, der damals Feldherr im Dienste
des Gismondo, Sohnes des Königs Karl
von Böhmen und ein ansgczcichnetcr Mann
war, welcher seine Florentiner Über alle
Maaßcn liebte, aber oft genug klagte, daß sie
nicht hinreichend unternehmend und beweglich
seien. Nun war dieser Schreiner grade nach
Florenz gekommen, um irgend einen Meister
ans seiner Zunft zu bewegen, mit ihm zu
reisen, da er selbst gar viele Arbeiten über-
nommen hatte; er hatte schon mehrfach mit
dem Dicken darüber gesprochen nnd ihm vor-
gestellt, wie sie durch gemeinsame Arbeit in
wenigen Jahren reich werden müßten. Als
der Dicke ihn nun auf sich loskommcn sah,
war sein Entschluß gefaßt. Er Wat ihm ent-
gegen und sagte: „Du hast mir oft genug
zngeredet, ich solle mit Dir nach Ungarn ziehst
uni) ich habe es immer abgelehnt; jebt aber
habe ich mich ivegen einer Sache, die mir zu-
gestvßen ist und wegen Zivistigkeiten mit
meiner Mutter dazu entschlossen. Aber wir
müssen schon morgen früh abrcisen, denn,
iveiin ich länger hier verweile, so würde cs
wieder nichts." Der junge Meister antwortete,
es sei ihm sehr recht, aber seiner Geschäfte
wegen könne er nicht so schnell abreisen;
jener könne ja voran ziehn und ihn in Bologna
erwarte», wo er ihn innerhalb weniger Tage
einholen würde. Der Dicke war's zufrieden;
lief in seine Werkstatt zurück, suchte sich Eise»
und Handwerkzeuge zum Mitnehmen heraus,
sonst nur einige Kleinigkeiten und etwas
Geld, dann miethcte er sich einen Klepper, den
er am folgenden Morgen mit seinem Felleisen
bepackte lind schlug den Weg nach Bologna
ein, für die Mutter hinterlicß er einen Brief,
in welchem er ihr die Einrichtung des Ladens
überwies.
lind so geschah es, daß der Dicke Florenz
verließ. Nachdem er in Bologna mit dem Ge-
nossen znsammengctroffen, zogen sie nach Un-
garn, wo es ihnen so gut ging, daß sie nach
wenigen Jahren für ihren Stand reiche Leute
wurden. Durch die Gunst des Spano, der ihn
zum Meister in der Zunft der Ingenieure
machte, nannte er sich fortan Meister Manetto
von Florenz. Er kehrte noch des öfteren in
seine Vaterstadt zurück und wenn ihn Filippo
cki ssr Brunellesco nach dem Grunde seiner
Abreise ftagte, so erzählte er ihm zu Brun-
elleseo’s größtem Vergnügen jedesmal dieses^.
Vorkommnis, um dessentwillen er damals
Florenz verlassen habe.
Denknialkantate
Bimmbamm, bimmbumm,
Bitte, bitte, bettel, bettet,
Klingelbeutel geht herum,
Blankes Silber, blaue Zettel,
Nickel ist und Gold willkommen,
Alles wird mit Dank genommen,
Bitte, bitte!
Bimmbamm, bimmbumm,
Grosse Leute soll man ehren,
Klingelbeutel geht herum,
Bitte alle Taschen leeren,
Bitte, bitte, bettel, bettel,
Blankes Silber, blaue Zettel,
Bettel, bettel!
Bimmbamm, bimmbumm,
Den wir feierlichst begraben,
Klingelbeutel geht herum,
Dass er kann ein Denkmal haben.
Nickel ist und Gold willkommen,
Alles wird mit Dank genommen,
Bitte, bitte!
FT. Eichroj! (Karlsruhe).
Bimmbamm, bimmbumm,
So ein Denkmal ist nicht billig.
Klingelbeutel geht herum,
Jeder sei nach Kräften willig,
Bitte, bitte, bettel, bettel.
Blankes Silber, blaue Zettel,
Bettel, bettel!
Bimmbamm, bimmbumm,
Uns’re Enkel soll es lehren,
Klingelbeutel geht herum,
Wie man das Genie muss ehren,
Was es selber nie bekommen.
Alles wird mit Dank genommen,
Bitte, bitte!
Bimmbamm, bimmbumm,
Festconcert und Denkmalfeier,
Klingelbeutel geht herum,
Fünfzig Mark gibt Minchen Maier,
Bitte, bitte, bettel, bettel,
Blankes Silber, blaue Zettel,
Bettel, bettel!
Gustav Falke.
•U
w
Das fftnnme Herz
Lin Märchen von Fulian weiß
Inmitten jenes reizenden Durcheinan-
ders, das entsteht, wenn sich eine schöne
Frau ohne die Hilfe ihrer Rammcrzofe
entkleidet, erhob sich das entzückende
Lager — ein Gedicht aus Seide —, auf
welchem die anmuthige Herrin wachend
träumte. Das Nachtkostüm aus zarten
Spitzen ließ die weißen Arme und den
reizenden Hals sehen und das Antlitz
verbreitete in seiner edlen Schönheit
ringsumher ein mildes Licht. Ein Glück,
daß die Augen von den Lidern bedeckt
waren; — dieser Fcuerzauber hätte die
Welt geblendet.
Doch nein, cs konnte Niemand hier
einrrctcn, cs durfte Niemand diese reine
Schönheit sehen, denn die Wunder der
Welt sind verborgen und wohl nur des-
halb, weil die Welt nicht mehr an Wun-
der glauben will.
Ein leises Geräusch wurde hörbar.
Die winzigen Schuhe in der Ecke be-
gannen unruhig umhcrzutrippcln und
plötzlich sagte» sie ganz leise:
„Heute haben wir wieder Erober-
ungen gemacht. Alle Männer auf der
Straße sahen uns mit Entzücken nach."
„Euch blickt man an, Ihr lederne»
Gesellen, und uns meint man," zischten
die Scidcnstrümpfc, welche verbogen und
verkrümmt, wie zwei schwarze Schlangen
— ungiftige natürlich — auf dem Lode»
lagen.
„Narren," schalten nun die graziöse»
Spiyenröckc, die sich hochmüthig bläh-
ten, „uns hat man bewundert, denn
wir sind unvergleichlich, wie Alles, was
aus Paris kommt, wir kosten aber
auch mehr als Ihr Alle zusammenge-
nommen."
880
JUGEND
1897
nach Ungarn gekommen. Dort förderte ihn
unser Mitbürger Filippo Scolare, genannt
Io Spano, der damals Feldherr im Dienste
des Gismondo, Sohnes des Königs Karl
von Böhmen und ein ansgczcichnetcr Mann
war, welcher seine Florentiner Über alle
Maaßcn liebte, aber oft genug klagte, daß sie
nicht hinreichend unternehmend und beweglich
seien. Nun war dieser Schreiner grade nach
Florenz gekommen, um irgend einen Meister
ans seiner Zunft zu bewegen, mit ihm zu
reisen, da er selbst gar viele Arbeiten über-
nommen hatte; er hatte schon mehrfach mit
dem Dicken darüber gesprochen nnd ihm vor-
gestellt, wie sie durch gemeinsame Arbeit in
wenigen Jahren reich werden müßten. Als
der Dicke ihn nun auf sich loskommcn sah,
war sein Entschluß gefaßt. Er Wat ihm ent-
gegen und sagte: „Du hast mir oft genug
zngeredet, ich solle mit Dir nach Ungarn ziehst
uni) ich habe es immer abgelehnt; jebt aber
habe ich mich ivegen einer Sache, die mir zu-
gestvßen ist und wegen Zivistigkeiten mit
meiner Mutter dazu entschlossen. Aber wir
müssen schon morgen früh abrcisen, denn,
iveiin ich länger hier verweile, so würde cs
wieder nichts." Der junge Meister antwortete,
es sei ihm sehr recht, aber seiner Geschäfte
wegen könne er nicht so schnell abreisen;
jener könne ja voran ziehn und ihn in Bologna
erwarte», wo er ihn innerhalb weniger Tage
einholen würde. Der Dicke war's zufrieden;
lief in seine Werkstatt zurück, suchte sich Eise»
und Handwerkzeuge zum Mitnehmen heraus,
sonst nur einige Kleinigkeiten und etwas
Geld, dann miethcte er sich einen Klepper, den
er am folgenden Morgen mit seinem Felleisen
bepackte lind schlug den Weg nach Bologna
ein, für die Mutter hinterlicß er einen Brief,
in welchem er ihr die Einrichtung des Ladens
überwies.
lind so geschah es, daß der Dicke Florenz
verließ. Nachdem er in Bologna mit dem Ge-
nossen znsammengctroffen, zogen sie nach Un-
garn, wo es ihnen so gut ging, daß sie nach
wenigen Jahren für ihren Stand reiche Leute
wurden. Durch die Gunst des Spano, der ihn
zum Meister in der Zunft der Ingenieure
machte, nannte er sich fortan Meister Manetto
von Florenz. Er kehrte noch des öfteren in
seine Vaterstadt zurück und wenn ihn Filippo
cki ssr Brunellesco nach dem Grunde seiner
Abreise ftagte, so erzählte er ihm zu Brun-
elleseo’s größtem Vergnügen jedesmal dieses^.
Vorkommnis, um dessentwillen er damals
Florenz verlassen habe.
Denknialkantate
Bimmbamm, bimmbumm,
Bitte, bitte, bettel, bettet,
Klingelbeutel geht herum,
Blankes Silber, blaue Zettel,
Nickel ist und Gold willkommen,
Alles wird mit Dank genommen,
Bitte, bitte!
Bimmbamm, bimmbumm,
Grosse Leute soll man ehren,
Klingelbeutel geht herum,
Bitte alle Taschen leeren,
Bitte, bitte, bettel, bettel,
Blankes Silber, blaue Zettel,
Bettel, bettel!
Bimmbamm, bimmbumm,
Den wir feierlichst begraben,
Klingelbeutel geht herum,
Dass er kann ein Denkmal haben.
Nickel ist und Gold willkommen,
Alles wird mit Dank genommen,
Bitte, bitte!
FT. Eichroj! (Karlsruhe).
Bimmbamm, bimmbumm,
So ein Denkmal ist nicht billig.
Klingelbeutel geht herum,
Jeder sei nach Kräften willig,
Bitte, bitte, bettel, bettel.
Blankes Silber, blaue Zettel,
Bettel, bettel!
Bimmbamm, bimmbumm,
Uns’re Enkel soll es lehren,
Klingelbeutel geht herum,
Wie man das Genie muss ehren,
Was es selber nie bekommen.
Alles wird mit Dank genommen,
Bitte, bitte!
Bimmbamm, bimmbumm,
Festconcert und Denkmalfeier,
Klingelbeutel geht herum,
Fünfzig Mark gibt Minchen Maier,
Bitte, bitte, bettel, bettel,
Blankes Silber, blaue Zettel,
Bettel, bettel!
Gustav Falke.
•U
w
Das fftnnme Herz
Lin Märchen von Fulian weiß
Inmitten jenes reizenden Durcheinan-
ders, das entsteht, wenn sich eine schöne
Frau ohne die Hilfe ihrer Rammcrzofe
entkleidet, erhob sich das entzückende
Lager — ein Gedicht aus Seide —, auf
welchem die anmuthige Herrin wachend
träumte. Das Nachtkostüm aus zarten
Spitzen ließ die weißen Arme und den
reizenden Hals sehen und das Antlitz
verbreitete in seiner edlen Schönheit
ringsumher ein mildes Licht. Ein Glück,
daß die Augen von den Lidern bedeckt
waren; — dieser Fcuerzauber hätte die
Welt geblendet.
Doch nein, cs konnte Niemand hier
einrrctcn, cs durfte Niemand diese reine
Schönheit sehen, denn die Wunder der
Welt sind verborgen und wohl nur des-
halb, weil die Welt nicht mehr an Wun-
der glauben will.
Ein leises Geräusch wurde hörbar.
Die winzigen Schuhe in der Ecke be-
gannen unruhig umhcrzutrippcln und
plötzlich sagte» sie ganz leise:
„Heute haben wir wieder Erober-
ungen gemacht. Alle Männer auf der
Straße sahen uns mit Entzücken nach."
„Euch blickt man an, Ihr lederne»
Gesellen, und uns meint man," zischten
die Scidcnstrümpfc, welche verbogen und
verkrümmt, wie zwei schwarze Schlangen
— ungiftige natürlich — auf dem Lode»
lagen.
„Narren," schalten nun die graziöse»
Spiyenröckc, die sich hochmüthig bläh-
ten, „uns hat man bewundert, denn
wir sind unvergleichlich, wie Alles, was
aus Paris kommt, wir kosten aber
auch mehr als Ihr Alle zusammenge-
nommen."
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