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Nr. 51

JUGEND

1897

Ii. ltschher (München).

Die zarten pantalons, die unter den
Spiycnröckcn lagen, arhmctcn ein wenig,
wie wenn sic ebenfalls ein Wort sagen
wollten, aber sic schwiegen bescheiden und
rückten nur von den hochmütigen Pariser-
innen weg.

„Rindercicn," sprach jetzt die Scidcnrobc
von oben herab, da sic an einem Rlcidcr-
rcchen hing; „ich bin es, die gefällt, denn
mein Schnitt ist elegant, meine Haltung
graziös, meine Farbe fürstlich . . . Selbst
den Rindern gefalle ich . ." Dazu rauschte
sie wie eine Linde im Sturme.

»Ich glaube, auch wir hätten mirzu-
redcn," begannen nun die langen Hand-
schuhe, denen in der Eile die Haut über die
Ohren gezogen worden zu sein schien, aber
sie wurden mit den Worten unterbrochen:

„Schweigt I Ihr Handschuhe seid ebenso
wie alle anderen Rlcidungsstücke doch nur
Larven. Nicht das, was Ihr zeigt, intcrcs-
sirt, sondern das, was Ihr verhüllt I" ...
Die klugen Hände hakten nämlich das Wort
ergriffen und sie schilderten bald in über-
schwänglicher weise — ihren eigenen Zau-
ber. Sic, nur sie, diese zarten Handflächen,
diese graziösen Finger mit den rosigen
Nägeln entzücken die Männerwelt . . .

„wenn das wahr ist, so sind wir doch
sicher viel interessanter und bcgchrens-
werthcr l" riefen die kleinen Füßchen, „denn
uns sieht man nie; man ahnt blos unsere
Schönheit." (Die Schuhe trippelten Beifall.)

„Die einzige Schönheit der Frau ist das
Haar!" schrieen die Haare, und sie ballten
sich zornig zu einem Rnäuel.

„Nein, die Stirne!" versicherte selbstvcr.
stündlich diese.

„Nein, nein, die Augen, denn sic sind der
Spiegel der Seele," erklärten die Augen
hinter den Lidern.

Und auch die Wangen, Ohren und Lippen,
ja selbst die hügeligen Ausläufe des zarten
Halses meldeten sich zum Worte. Der
Streit wogte hin und her, ohne daß eine
Entscheidung möglich gewesen wäre.

Da öffnete die schöne Frau, die Alles
gehört hatte (denn die Frauen hören Alles,
was ihnen angenehm ist), die Augen und
mit der Miene einer Rönigin, die sich be-
wundert weiß, sagte sie:

„Und das Herz meldet sich nicht? Es
schweigt? Verdanke ich nicht auch ihm
die Bewunderung der schönsten Frauen
und die Liebe der edelsten Männer?"

Alles schwieg — auch das Herz.

„So sprich doch, mein Herz," bat die
schöne Frau und die Brüsseler Spitzen an
ihrer weißen Brust wurden gelb vor Neid
über den innigen Ton.

Doch keine Antwort kam und cs konnte
auch keine Antwort erfolgen, denn die
schöne Frau hatte wie manche andere schöne
Frau gar kein Herz.

Aber sic wußte das nicht einmal.

Recht des stärkeren

Schlug jüngst ein Ziegelstein
Des Denkers Schädel ein
Und sprach: wie kann inan nur
Lin solcher Schwächling sein. o. e. h.

Lin Waidmann

A: Also der Herr Sommer jagt jetzt auch!
Hat er denn schon was erlegt?

33: G ja: das Geld füt’n Jagdschein.

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Register
O. E. H.: Recht des Stärkeren
[nicht signierter Beitrag]: Ein Waidmann
Karl Itschner: Schneeballschlacht
 
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