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Nr. 52

JUGEND

1897

seiner Schwester förmlich umschwärmre. —
Diese Puppe war in der Thar ein wunder-
bares Ding. Sie ranzrc durch das ganze
Zimmer und dcklamirrc dabei Goerhe's:
»Ich 8">8 >m Walde so für mich hin"...
Zwei Tage bewunderte der Rnabc die Puppe,.
ließ sic ranzen und Goethe deklamiren.
Am dritten Tage verlangte er, daß sic et-
was Anderes deklamire, aber die Aermste
war nur auf Goethe eingerichtet. Das
langweilte den Rnaben, denn leider im-
ponirr selbst Goethe unserer jüngste» Jugend
nicht mehr. Der Rnabe verhöhnte die Puppe
und wollte nichts mehr von ihr wissen.
Er, der sie vor wenigen Stunden noch an-
betete, wollte sie nun nicht nur ranzen,
sondern auch laufen lassen. Die Puppe
begriff diesen Stimmungswechsel nicht und
bemühte sich, ihr: „Ich ging im Walde so
für mich hin" noch herziger zu sagen, als
sonst, doch der Rnabe herrschte sie an:
„Du bist abgeschmackt! Vieux jeü!"

Und er setzte sich mit einer Holzpuppe,
die schmutzig und zerschunden war, kein
Wort sprechen konnte, eine lederne Haut
hatte und Sägcspänc schwitzte, in eine Ecke,
koste und herzte dieses abscheuliche Wesen
und nannte cs: Poesie!

Im Boudoir

Das Lhristkindl trat in das Boudoir der
reizendsten Rokcttc.

„Madame," sagte cs mit einer Stimme,
die wie das Lachen eines Rindes klang,
„ich habe Ihnen ein wcinachrsgcschcnk ge-
bracht."

„Nur etwas praktisches, wenn ich bitten
dürfte," entgcgnctc die schöne Frau.

„Gewiß, denn alles Ucbcrflüssige besitzen
Sic bereits."

„Ist's vielleicht ein Mittel, welches die
Haut stets rein und faltenlos erhält?"

„Etwas weit Nothwendigcrcs."

A. Hirth.

„Vielleicht eine sicher wirkende Haar-
färbetinkrur? Ich möchte nämlich gern an
Sonn- und Feiertagen rothcs Haar ä la
Tizian haben."

„Etwas weit Besseres."

„Drei Lose, die in der Lotterie gezogen
werden?"

„Etwas weit wcrkhvollcrcs."

„Da wäre ich doch neugierig?"

„Es ist eine — Schreibmaschine."
„wozu soll mir diese dienen?"

„Sic werden mit derselben weit mehr
Liebesbriefe schreiben können, als bisher —
ohne daß Ihre Handschrift jemals zur Vcr-
räthcrin werden könnte."

Die Dame lächelte hochmüthig und sagte:
„Meine liebes Rind, bleibe bei Deinen
alten Geschenken: Blumen und Bonbons,
und bemühe Dich nicht, modern zu sein. Ein
Lichtzichcr soll keine Elektrizität verkaufe»
wollen, wisse, mein Rind, daß eine Dan"
von Welt ihre Liebesbriefe niemals eigen-
händig schreibt..." Und mit einem ge-
wissen Stolz setzte sic hinzu:

„... Bei mir arbeiten derzeit vier
Sekretärinnen."

&

Im Cafe, Nachts:

Dame: Sie, Ihr Freund da, der Dichter
— hat denn der kein Geld?

Ich (überzeugt): Nie.

Dame: Und da dichtet cr auch noch?

0. E. H.

L)fperbel

A: Na, so a dicke Person wie die Frau
Sekretär Hab i aber no net g'sehn I

23: Des glaub' il wann die a mal krank
wird, muß sie schon an Kreisph^sikus kon-
sultir'n.

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Mit Nr. 52 schließt das vierte Quartal der „Jugend" 1897; wir bitten die geehrten Abonnenten, das
erste Quartal 1898 recht bald bestellen zu wollen, damit keine Unterbrechung in der Zusendung der Fortsetzung erfolgt.
Preis der einfachen Ausgabe bei allen Buchhandlungen, Lolportagegeschäften, Zeitungsfilialen und Postanstalten: pro Quartal
P3 Nummern) Mk. 3.— (bei direkter Zusendung unter Areuzband Mk. ^.50).

Preis der Liebhaber - Ausgabe pro Quartal Mk. 7.50 (bei direkter Zusendung unter Rreuzband incl.
sorgfältigster Verpackung Mk. —).

Der Bezug der Liebhaber - Ausgabe erfolgt in Anbetracht der besonderen Verpackung am besten durch
die Buchhandlungen oder direkt durch den Unterzeichneten Verlag. Postanstalten nehmen auf diese Ausgabe keine
Bestellung an.

München/Leipzig, Dezember 1897. G&.

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Register
[nicht signierter Beitrag]: Im Boudoir
O. E. H.: Im Café, Nachts
[nicht signierter Beitrag]: Hyperbel
Arthur Hirth: Zeichnung ohne Titel
 
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