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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 3.1898, Band 1 (Nr. 1-26)

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Nr. 16 (16. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3337#0274

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Nr. 16

JUGEND


13S8

Vom „Fest in Arkadien“

eine Verfassung, daß er irgend-
wie für sie durch das betreffende

Feuer gegangen wäre.-

Und gegen Weihnachten — er
war für die Ferien geblieben —
machte sich alles wie bau selbst.

Während er, van ihr mit
Geld versehen, denheiligmAbend
irgendwo in der Stadt mit lust-
igen Kameraden durchzechte, fas;
sie in ihrer Stube und quälte sich
mit ihrem letzten Entschluß. Nach
Mitternacht, als ihre Unruhe den
Höhepunkt erreichte und der ge-
plante Augenblick immer näher
rückte, kam sie ans den Gedanken,
sich zu betrinken. Sie hatte für
den „Herrn" ein paar Flaschen
Wein stehn. Nachdem sie einige
Gläser geleert, taumelte sie trun-
ken mit fieberndem Gesicht und
heißen Augen in sein Zimmer,
ihn zu erwarten.-

—-Gegen Neujahr hatte sie ihm ge-

kündigt. Sie war nicht mehr im Stande, seine
Gegenwart zu ertragen. Sie vermochte ihm kaum
noch in die Augen zu sehen. — Aber sobald er
fort war, änderte sich ihr Zustand. — Es stand
ihr außer Zweifel, daß ihr Herzenswunsch nun
in Erfüllung gehen werde. Was die Leute dazu
sagen würden, war ihr völlig gleichgültig. Die
„Leute!" Von Niemand konnten sie herzhafter
verachtet werden als von ihr. —

In lauter paradiesischen Ahnungen und Ge-
sichten ging sie nun einher. Nie in ihrem armen
Leben hatte sie eine so selige Zeit durchlebt. —
Sie stürzte sich in die Wonne einer eifrigen Thätig-
keit. Alles, was so ein kleines Wesen von Nöthen
hat, wurde beschafft und angefertigt. Ihr Stolz,
ihr Heiligthum, der Gegenstand ihrer innigsten
Andacht wareine kleine Wiege mit himmelblauen
Vorhängen, die sie in einem Ausstattungsgeschäft
für theures Geld erstanden und in der Nähe ihres
Bettes aufgestellt hatte. Täglich stand sie nun vor
diesem Prachtstück, den holdesten Träumen hin-
gegeben, bis sie sich losriß und die Hände reib-
end mit einem seligen Lächeln in das Zimmer
huschte, um für den zu erwartenden Liebling zu
häkeln, stricken, sticken, nähen, was von Nöthen
war.-

-Und sie wurde Mutter Unter un-
sagbaren Qualen gebar sie ein kleines, schwäch-
liches Ding.

Als sie aus einer tiefen Ohnmacht erwachte,
hatte sie noch die Kraft, nach ihrem Kind zu ver-
langen. Man reichte es ihr hin. Man mußte es
ihrem Gesicht nähern und sie berührte es mit
müden, inbrünstigen Lippen. Dann sank sie in
einen Schlaf, aus dem sie nicht wieder erwachte.
Das Kind aber war eine Todtgebnrt. ..

Als die Nachricht von dem Geschehniß in ihr
Heimathsnest drang, fanden sich natürlich alle in
ihrer Meinung bestärkt, daß sie nichts getaugt
habe; einige hatten aber doch so ihren Spaß an
der Geschichte; denn es war ja auch wirklich zu
komisch! — Hätte man so etwas nur für möglich
halten sollen! —



Uebersetzungskünste

Spes alunt hominem.

Spesen nähren den Mann.

8acra nihil sunt.

„Sakra! Nix ist'sl"

*

Lycurgus Spartam reliquit.
Lykurg verließ seine Sparte.

Bordüre

Sprüche

Don Ernst Ros wer.

So mach' Deine Dummheit und tob'

Dich aus!

Denit schwärmst Du auch nach dein

Weitesten, Fernsten,
Äs wird Dir schon wieder im Kopfe

ernsten

And siihrt Dich nach Haus.

Vas wir wokken,

Ist Gkück erjagen.

Was wir sokken,

Ist Gkück entsagen.

Der Bettker steht um den Hester

erbärmlich,

Doch schenk' ihm ein Goldstück auf

der Gassen,

In seinen Händen wird'ö schmutzig

und ärnrlich —
‘Ißur Könige können sich schenkelt lasten.

Das ist das Gefährliche der Trennung:
Äs führt nicht ?ur weiteren Erkennung.
Das ist das Gefährliche der Äntfernung:
Wan steht nicht die Wölkcheil, nur

die Westernung.

Lantus academicus
bieroIoZicus

omnibus comrniiitonibus Mo-
nacensibus dedicatus a poeta
quodara kalaureato.

(Mel. z. B.: Webers letzter Gedanke.)

Welche Fakultät ihr
Euch auch auserseht, ihr
Könnt als flotte Brüder Stw
dios euch

Stets erweisen, denn die
Facultas bibendi
Ist in alleuFakultäten gleich.
Wer stud. phil. sich schreibt, der
Wähl' als Vorbild, kneipt er,

Jul. Diez (München). Sich Diogenem philosoffum.

Der an Durst so krankte,

Daß kein Achtel langte,

Und er langte sich 'ne Tonne drum.

Theolog I Das liebe
Lerevisiam bibe 1

Bibe steht in Bibel — folg' der Lehr'I
Mediziner müssen
Fleißig Lippen küssen:

Welch' stud. med.jderuichtstud. maedchen

.Rechst zn allen Zeiten
Jus und fas bedeuten, —

Rechter Rechtstudent das merken soll:

Sohn des las soll laufen,

Leer das Faß zn saufen,

Bis sein dicker corpus iuris voll!

Aber wo auf Erden
Soll studieret werden?

Wo kriegt Studio das rechte Naß?

Die Berliner Weiße?

Gose von der Pleiße?

Der Philister nur, viel trinkt er das!
Augustinerhopfen,

Franziskanertropfen

Sind das Beste auf der weiten Welt:

Ob des Bieres Tönncken,

Das gebraut von Mönchen,

M a n ch en M ü n n ch eu M ü n ch en wohl gefällt!

Hadubrant.

&

Vom „Fest ln Arkadien“,

Bordüre

Das Geschäft wird fortgcscht

A. : Die Schwank-Lompagnons Rosenthal
und Fadelberg sollen beide, wie ich höre, ein
paar fürchterliche Spielratzen sein.

B. : Das stimmt, wenn sie ihre Tan-
tiemen einkassirt haben, gehen sie hin und

spielen „Meine Muse, Deine
Muse."



Rindcrmund

Du Mama, wer legt eigent-
lich die Eier? —

Die Hühner, mein Junge. —
Der Hahn nicht? —

Nein, Earl, der Hahn legt
keine Eier. —

Sol? will er nicht oder
kann er nicht? —

Prf. w.

Jul. Diez (München).

2 72
Register
[nicht signierter Beitrag]: Kindermund
Julius Diez: Bordüren vom "Fest in Arkadien"
Ernst Rosmer: Sprüche
Hadubrant: Cantus academicus bierologicus
Prf. W.: Kindermund
[nicht signierter Beitrag]: Übersetzungskünste
[nicht signierter Beitrag]: Das Geschäft wird fortgesetzt
 
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