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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 3.1898, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 30 (23. Juli 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3338#0071
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Nr. 30

ER R

Max Hagen (München).

Idylle

Ich lieg’ am Strand im Grase
Und betrachte der Wolken Lauf,

Da gaukelt mir was um die Nase
Und setzt sich schliesslich darauf.

Ich zucke mit keiner Miene —

— ’s ist doch ein kitzlich Ding —
GottlobI Es ist keine Biene,

Es ist ein Schmetterling.

Der hebt nun ein Gekose
Und hebt ein Saugen an

Und denkt, es sei eine Rose,--

Wie man sich doch täuschen kannI

GEORG RAEDISCH.

(Mit einer Zeichnung von Max Hagen.)

Wer öfters lügt, dem glaubt man schlicht,

— Bis er einmal die Wahrheit spricht!

Wer A sagt, muß — gewöhnlich nicht nur
das ganze ABL hcrsagen, sondern auch das Ein-
maleins, die Zeittafeln, das Vaterunser, die zehn
Gebote und den Katechismus.

wer Pech angreist besudelt sich — und wer
Pech hat, den besudeln andere.

Der Krug geht solange zum Brunnen, bis
er — mit verdienstkreuzen und Drdensmedaillen
gnädigst in den Ruhestand verseht wird.

was man nicht dekliniren kann,

— Seh' man nur stets als weiblich an!

Litterarische Äliquen-Äonjugation

Ich lobe mich.

Du lobst mich.

Ich lobe dich.

Wir loben euch.

Ihr lobt uns.

Wir loben uns alle zusammen.

Das Distichon (Schiller)

Auf sechsbeinigem Roß trabst Du mit dem

Zügel des Metrums,
Lenkst wieder um und kehrst heim auf

fünffüßigem Bock.

Epigramm (Bürger)

Wenn einer lärmt und prahlt — nur sacht,

Da magst Du Dir zum Tröste sagend
Je mehr die Sau Spektakel macht,

Je näher ist der Melzgerwagen!

Lmanuel Förster.

&

Ei,» Menschenkenner

Bei dem Jubiläum einer bekannten Uni-
versität hielt ein berühmter Geheimrath einen
dreistündigen „Festvortrag". Nach zwei Stun-
den hegte ein Zuhörer den Wunsch, einmal
hinauszngehen, und ersuchte den thürhütenden
Pedell, ihm zu öffnen. „Nein, das geht
nicht," versetzte der ersahrene Mann, „wenn
ich Sie hinauslasse, dann wollen alle
hinaus." r. r.

Elsaßer - Französisch

(Frau A. und ihr Töchterchen begegnen der Tante)
Frau A.: Allons, ma cherie, mach der
tante Germaine eit schönen salut et donne la
main. So - o - o -, e schöns Handele gib, und
sag au vielmols merci füt’s Christkindl, des
sie dir gschickt hat, et dis-lui, daß mer hen
plaisir dran g'hett. Merle blanc.

Eine Radlerin stürzt Abends auf der Straße.
Das Rad ist beschädigt, die Laterne zersplittert;
die Passanten bleiben stehen; einige Herren
riästen die junge Dame auf. Liner der Herren
fragt: „Est-ce que vous vous etes fait mal,
mademoiselle?“ (Keine Antwort; die Rad-
lerin schaut suchend zu Boden.)

Der Herr: „Est-ce que vous avez perdu
quelque chose, mademoiselle?“ (Keine Ant-
wort; sucht weiter.)

Der Herr: „Qu’est-ce que vous cherchez,
mademoiselle?“ (Beharrliches Schweigen der
Dame.)

Der Herr: „No, was suchen S' denn,
Mamsell?"

Die Dame: „Mine Zähn'". MerIe blanc

Der eifrige Geschäftsmann

Karl: „Nun Emil, bist Du denn glücklich
mit Deiner jungen Frau?"

Emil: „Eine reizende Frau! Kann ich
Jedem empfehlen 1"

-Leichte Diagne>se

Arzt (dem Patienten in den Hals schan-
end): Sprechen Sie „a"l

Patient: „äol"

Arzt: Sie sind Hannoveraner.

Eine Douche

Die Enthusiastin: Ach, Herr Doktor, ich
schwärme so sehr für Ihre Schriften! wenn
sie nur nicht so entsetzlich theuer wären!

Der Dichter: Aber, gnädige Frau, warten
Sie doch einfach mit der Lektüre, bis das Ver-
lagsrecht frei geworden ist!

Die Enthusiastin: Ja, wann ist denn
das?

Der Dichter: Dreißig Jahre nach meinem
Tode.

;io
Register
[nicht signierter Beitrag]: Leichte Diagnose
[nicht signierter Beitrag]: Der eifrige Geschäftsmann
Emanuel Forster: Epigramm
[nicht signierter Beitrag]: Eine Douche
Max Hagen: Zeichnung zum Gedicht "Idylle"
Merle blanc: Elsäßer-Französisch
Georg Raedisch: Idylle
R. R.: Ein Menschenkenner
Emanuel Forster: Variationen
 
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