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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 3.1898, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 37 (10. September 1898)
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Nr. 37

JUGEND

1893

Osrrioglgesgnge

Sehnsucht.

Alle meine wünsche fliehn
Zn die trostgeweihten Watdesschauer.
Meine Seele klagt so tief in Trauer:
War' ich doch Merlin!

War' ich doch Merlin, der weise Schauer!

Jede ferne Stimme kam'

Dann in meines Innern dunkle Thale,

Daß ich froh die volle Lebensschale
In die Hände nahm',

Mir sie weihend mit der Kraft vom Grale.

In die Wildniß zog' ich ein,

Wo die dornverwehrten Mauern ragen;
Meine Brust wollt' ich mit Schwertern schlagen,
Sie zum Amte weih'n

Und mit Stotz die heil'gen Wunden tragen.

Hätt' ich Augen wie Merlin,

Kühn wie Sonne, kühn wie Ungewitter!

Leicht durchbrach' ich Thore, Dorn und Gitter,
Schloßhinan zu ziehn
Als der kränzereichste Artusritter.

n.

Zwiespalt.

Meines Friedens silberweiße Auelle
Spült den Sand, vom Blut des Kampfes roth;
Feindlich streitet meines Innern Helle
Mit dem Dunkel, das von außen droht.

Ueber starre kalte Marmorfliesen
Geht mein wegescheuer Fuß dahin,

Denn ich ward vom Pfade sortgewiesen,

Dessen Pilger ich in Sehnsucht bin.

Und die säulenreichen Weihehallen,

Die kein rauher Lebenslaut durchdringt,
werden wohl in Staub und Moder fallen,

Ehe drin mein Siegerpsatm erklingt.

Und erbleichen seh' ich Stern' auf Sterne,
Wenn der Erde grauer Tag erwacht;

Meine Seele sucht den Glanz der Ferne —
Doch mcin Leben ist ein Traum der Nacht.

Japanische Anemone

(Dachau).

Ich weiß, daß das die Zeit der Leiden ist,
Mein Blick darf sich der Thränen nicht

entwöhnen.

Mcin Stab heißt Sorge; meine Fahrt

ist Höhnen —
Noch eine kurze Frist:

Dann kann ich mich zum Herrn der
Schmerzen krönen.

Und um mich dieser Welt verlornes Land
Wie eine unwirthbare Wüstenweite.

Den letzten Trommelrus zu müdem Streite
Schlägt noch des Zweifels Hand —

Ein König thront — ein Bettler schleicht bei Seite.

Nur eine Flamme glüht noch fort in mir,

Und unverlöschbar sind die heil'gen Züge.

... Als ob Dein Wehn mich fort in's Fernste trüge,
vertrau ich, Flamme, Dir —

Du überstrahlst den grellen Schein der Lüge.

IV.

Zur TIbat.

Mein Träumen ist hinabgestorbcn.

Mein Pfad winkt hell im Weihelicht.

Ich Hab' ein Amt erworben —

Ich habe eine stolze Pflicht.

Heran —! Ich will die Enge meiden,

Das Ueberferne sei mir nah.

Ich darf mein Leben leiden —

Gegrüßt, gegrüßt, mein Golgatha!

Felix Lorenz.

&

Der See

Von schwarzen Felsen steil umschlossen liegt
In fernem Grunde, einsam-still, ein See.
Krystallrein glänzt, wie weisser Firnenschnee,
Sein Wasser, drauf sich keine Welle wiegt.

Der Lorbeer rings erschauert, wie die Nacht
Sich leise schleicht in seinen Schatten ein.

Sanft aus dem Wasser unten steigt ein Schein:
Die Lotos öffnet ihre heisse Pracht

Sie duftet — und der Duft verschwebt — Ein Licht
Erstrahlt und spiegelt sich im stillen Grund —
Die Fernen glühen, — und der Welt wird kund,
Was keusch aus ungeahnten Tiefen spricht . . .

WILHELM HOLZAMER.

6 1 2
Register
Wilhelm Holzamer: Der See
George Ernest Dodge: Zierleiste: Japanische Anemone
Felix Lorenz: Parcivalgesänge
 
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