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Nr. 38

* JÜGEND

1898

„Zasner, der wilde Wurm, lagert im finstern Wald."

Walther Püttner (München)

fcvcfjettbe

Qitun Uaiiftn im 8Hlo^ die floßtftcH -iBeihen
QXnß ßafjtn |itf) <Mw^nabi^t ß«utben.

Qt« ststweigt der Earsen unß der JOaufww Juong,
(Kilt Tage ijt gv»jj« cKiti^awcp;

Q(nt« den. J?5ntos6ifö«wi im S«af
Tstronen der J)xiwj nnd jtin stistes (Bemal)?,

— Nie n»H WMt’m ^Jastre geststneidert stat!
Qtnn aß« ßt frommt )ie die Ln st niHt satt
Ql>rd inöcstte nwt vmm« in 8«ide und Apisen
31ttj: dein |9)im«n, gold'nen Throne jitjm,

Ne» Klagen-8Hnnrrßart» wonniger Alanin
.Tmüf)xt istr verehrend d« 8Aleppe 8anin,
Qlnd ans dein ststinalen, geraden 8Heitel,
dstn^ den sie d»A anH immer noH eitel,
dvat stoH ßeststigt der <5of« Eiand
Na» dtrönlein init einein E>ninmißand.

®tin ist d« 8A«itel cpe^ci^ßt nnd geWeistt,

ONeit stinten versanß die Vergangensteit.

(Wie ßlitßt die LrlanHte ßnstn nrn stH ster!
Eat niHt da» Windigste dtninineresten inestrl
Aast stndet inan'» nicstt rcststt angcßraHt,

2Vie »st nnd Wie laut Istre Avsteit laHt! —
NoA stente nnter de« 8Aweige>i8 8iegel
Vertrante ste dem stlßerrren 8piegel,

2Va» istr so LäHerliHe« geststesten,

c£h»as — ßanin mag. ste'» dem 8pi«gcl gestehen —

cStraas, pjni! toas «» gar niHt gißt:

In stH, in stA stlßer ist ste verließt! —

Na meinte der 8piegel mit rostigem OEnird:
Mnn Ja d»H I Na stastt Nn anstst allen ^>rnnd I
Nenn Wärst Bn nicstt so stoldstelig ststän,

Nann statte der stOrin) Niest gervist niestt erlest'n,

In einer Königin Niest )n maesten I

Latst' nnr, ^Orin^es^lein! NnßannsttancstlaAen!

WALTER HARLAN.

Dämmerslunde

Verträumte Mauern huscht entlang
Leiser Sang:

Wie verirrtes Liebesstöhnen
Beht es in den weichen Tönen
Sündenbang.

Küsse litlern durch die Luft,

Schwüler Duft -—•

Jäh verliebtes, kurzes Ringen . . .

Hörst Du nicht ein Zauberklingen,

Das uns ruft?

Letztes Dämmern; nur ein Schein
Bricht herein

Durch die Blätter. Küssen, flüstern . . .
Schweigen rings — nur wir im Düstern,
Wir allein . . .

Richard Wengraf.

Die Dame von Tivoli

Skizze von Knut Hamsun.

Es war im Sommer, in Christiania während
des Concertes des „Pariser Sänger-Chors“
auf Tivoli.

Ich war ein Stück im Schlosspark spa-
zierengegangen, oben auf der Höhe kehrte
ich um und wandte meine Schritte abwärts
nach Tivoli.

Eine grosse Menschenmenge hatte sich
draussen versammelt, um dem Gesang zu
lauschen, ich stellte mich ebenfalls unter
den andern auf.

Ich traf dabei einen Kameraden, mit dem
ich mich leise unterhielt; indessen begann
der Gesang drinnen und wurde vom Winde
in leisen Tönen stossweise hinausgetragen.
Plötzlich fühlte ich mich beunruhigt, ein
nervöses Unbehagen ergriff mich, ich trat
unwillkürlich etwas zur Seite, und antwortete
in’s Blaue hinein, was mir gerade einfiel.

Dann war ich ein paar Minuten wieder
ruhig, worauf sich jedoch abermals dasselbe
unerklärliche Unbehagen einstellte. Im selben
Augenblick sagte mein Kamerad:

„Was ist das da für eine Dame, die Dich
so ansieht?“

Ich drehte mich schnell herum. Eine
Dame stand dicht hinter mir, ich sah in
ein paar Augen hinein, jener wunderbaren
Art blauer verschleierter Augen, die starr
blicken ohne zu blinzeln.

„Kenne sie nicht!“ erwiderte ich und
wandte das Gesicht fort.

Ich war sehr erregt. Diese Augen ruhten
noch immer auf mir, ich fühlte sie unauf-
hörlich auf meinem Nacken brennen; sie
machten einen metallartigen Eindruck und
trafen mich von hinten, wie zwei kalte Nadeln.

Es war mir bei meiner Nervosität nicht
längermöglich, diesen Blick auszuhalten. Nach-
dem ich mich noch einmal umgedreht und
mich darüber vergewissert hatte, dass ich die
Dame wirklich nicht kannte, verliess ich
meinen Platz und ging meines Wegs.

Einige Tage später sass ich mit einem
Bekannten, einem jungen Lieutenant, zu-
sammen, auf einer Bank gerade gegenüber
der Universitätsuhr. Wir sassen und be-
trachteten die Menschen, die um diese Pro-
menadenzeit sich hin und her bewegten.
Da sehe ich mitten in dem Schwarm zwei
Augen, kalte verschleierte Augen, die auf
uns gerichtet sind, und ich erkenne sogleich
die junge Dame von Tivoli wieder. Sie
fixirt uns im Vorbeigehen anhaltend, und der
Lieutenant fragt neugierig, ob ich wüsste,
wer es wäre.

„Keine Ahnung!“ erwidere ich.

„Ja, einen von uns muss sie doch kennen,“
sagteerunderhob sich, „vielleicht bin ich es!“
Indessen hatte sich die Dame auf die
nächste Bank gesetzt. Wir gingen auf sie
zu, ich fasste aber den Lieutenant beim Rock
und zog ihn an ihr vorbei.

„Mach keinen Unsinn,“ sagte er, „es ist
doch selbstverständlich, dass wir sie grüssen.“
„Ach so!“ sagte ich nur und ging mit
ihm zurück.

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Index
Richard Wengraf: Dämmerstunde
Walter Harlan: Die lachende Prinzessin
Knut Hamsun: Die Dame von Tivoli
Walter Püttner: Fafner, der wilde Wurm
 
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