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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 3.1898, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 42 (15. Oktober 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3338#0270
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Nr. 42

JUGEND

1398

In fernem Süand, unnahbar euren /Schritten, liegt eine Burg, die £I>onsalvat genannt — Rud. Jettmar

(Wien).

Cines Abends-

Winterabend kam mit grauer Dämmerung.
Keine Ampel brannte, fröstelnd sassest
Du im allen Sessel am Kamine
Und ich holte weiche, warme Decken,

Gab sie dir, und sagte: „Komm mein Liebchen,
Breit’ sie sorglich über beide Küsschen!“
Und du nahmst das bunte feil des Panthers,
Strichst es lächelnd mit den meissen fänden,
Sprachst:„Ich griiss’dich, seidenweiche Kcdze,
Bin ja selbst ein Kätzchen, fein und zierlich,
Schmiegsam, näschig. Kleine schwarzen Haare
Sprühen, glaub’ich, funken auch im Dunklen.
Sag mir, Liebster, bin ich nicht ein Kätzchen ?“
Und du bogst das Köpfchen leicht zur Seite,
Dass die Gluth der halbverkohlten Scheite
Röthlich auf dein Antlitz fiel. Im lllunde
Blitzten dir die kleinen, meissen Zähnchen.
Deine Augen schillerten so seltsam.

War es nur der Widerschein des feuers
Dom Kamin ? Ich meiss nicht. Aber damals
Dacht ich wirklich an ein Katzenauge.

Kahm mir vor, mich vor den Sammetpfötchen,
Vor den Augen und dem süssen Sümmchen
Wohl zu hüten. Aber ach! vergebens.
Trotz des Schwures ward ich überlistet.
Und ins feuer starr’ ich einsam heute,
Jener Stunde denkend, die mich warnte
Lines Abends — — —

Karl fVollf.

m

Gedanken

Wie mancher hat erst die hohe Meinung
von sich oh.utlcgen, um sich, nach einem
schmerzhaften Intermezzo der Selbstverach
tung, wahrhaft achten zu lernen.

Wer die Menschen beherrschen tuiil, muß
ihnen Glück — wenigstens versprechen!

Die gute alte Zeit, die schöne Zeit, ivo man
keine Stenern bezahlte, unter keiner Militär-
tast seufzte, überhaupt von keinen Staats
pflichten gedrüelrt wurde, das — ist die Ja-
gend eines jeden Philisters gewesen, ivo sein
Vater sich die grauen Paare wachsen ließ.

Die Menschen ducken sich unter die
Uebel, darum wählen sie von ziveien das
kleinere. Die Nebel sind aber dazit da,
nicht getragen oder vermieden, sondern an
gegriffen and abgeschafft tu werden. Der
Sühne — and das ist hier der Weife, wenn
auch nicht der Singe — ivird sich daher lieber
gleich ans das größere werfen; mit dem
wohl immer auch das andere fällt.

»

Wer wohl das Glück aufnähme, zu dein
es wirklich käme? In wie viel Schrecknissen,
die wir flohen, mochte es unerkannt sterilen?
Aber das Nilglück komplimenliren lvir in
taufend gefälligen Maslien zur Thüre herein.

Durch Geschenke und Wohlthaten kann
man den fchlimmsten Verrath üben, wenn
man sie einem Menschen von zarter Cm-
pstndnng verpflichtend anfcrlcgt, bei delli sie
stärker hasten, als der Geber sie entbehrt.
Da fütterte man (Suteit einigenrate mit Wie-
ner Schnitzeln und Salat, und ivill nachher
Geist und Seele, Mut und Leben dafür!

* '

Man kann sagen: Wer betet ohne zil
arbellen, der lästert; iver aber arbeitet ohne
zu lästern, der betet. Zeno.

644
Register
Karl Wolff: Eines Abends
Rudolf Jettmar: Monsalvat
Zeno: Gedanken
 
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