1898
JUGEND
Nr. 44
Und nun, liebe Brüder, wollen wir trinken
nnf alle, die vom breiten Stein nicht wanken
und nicht weichen. Aber aus die, die verlernt
haben, daß es Tage gibt „von besonderem
Schlag" Tage, so schön, daß man zu ihnen gar
nichts anderes sagen kann als „Ergo bibamus!“
— auf die — auf die wollen wir auch trinken.
Schon nm unsertwillen. Das wäre ja auch noch
schöner, wenn wir um deretwillen dürsten sollten!
Wir wollen auf sie trinken in der Hoffnung, daß
sic sich bessern. Auf jeden einzeln! Das schmei-
chelt ihnen; das greift ihnen an die Ehre. Dann
gehen sie in sich.
Nachher trinken wir dann noch auf die Tem-
perenzler; das sind sie uns schuldig. Prost!
Gtto Lrnst.
Die neue Facultät
Vorjahr und Tag wurde in der bayerischen
Kammer der Satz aufgestellt, das kgl. bayer.
Hofbräuhaus in München habe nicht nur
eine materielle, sondern auch eine erzieher-
ische Bedeutung. Dadurch bestimmt, hat
sich das bayerische Cultusministerium mit dem
Hofbräuamt in Verbindung gesetzt und schon
mit dem beginnenden Semester hat die Mün-
chener Universität eine Fakultät mehr, die
der Bierwissenschaft, Cerevisiologie oder besser
Cerephysiologie! Gleich nach Anschlag am
schwarzen Brett war der Zulauf von Candidaten
ein ungeheuerer. Es hat sich dabei heraus-
gestellt, dass fünfzig Prozent der Studenten das
Fach bisher schon als Hauptwissenschaft pflegten
und die Uebrigen als fakultative Disciplin.
Es fehlte nur die wissenschaftliche Organi-
sation! Und die ist nun geschaffen. Als
Hörsaal ist einstweilen der grosse Saal des
Hofbräuhauses eingerichtet worden, da die
Studien an der Quelle betrieben und mit Ex-
perimenten Hand in Hand gehen sollen.
Hier der Lehrplan!
Zunächst zerfällt die Cerephysiologie I. in
einen theoretischen, II. in einen praktischen
Theil, III. in Hilfswissenschaften.
I. Die theoretische Bierwissen-
schaft lehrt zunächst:
A. Was ist das Bier?
B. Eintheilung und Unterscheidung
der Biere: Sommer-, Winter-, Märzen-, Ex-
port-, Bock-, Salvator-, Weiss- und helles Bier,
Flaschen- und Fassbier.
a. Die Münchener Biere in ihrem
gegenseitigen Verhältniss, gemessen am Normal-
typus des Hofbräuhausbieres: Spaten, Löwen-
bräu, Pschorr, Zacherl, Eberl u. s. w.
b. Fremde Biere: Pilsener, Porter,
Ale u. s. w.
Als Vortragende Kraft für A und B ist
Professor Nudelmeier gewonnen, der sich
rühmen kann, als vierzigjähriger Stammgast
des Hofbräuhauses drei zweizöllige Eichenbänke
total durchgesessen zu haben.
C. Die Wirkung des Bieres in körperlicher
und geistiger Beziehung. Die Eintheilung der
Räusche u. s. w.
II. Den praktischen Theil bildet die
Kneipwissenschaft im weitesten Sinne.
Hier soll jede trockene Theorie von vorne-
herein ausgeschlossen sein. Alles wird prak-
tisch vor- und nachgemacht.
A. Bi er co mm ent, allgemeiner und stu-
dentischer.
B. Das Quantitätentrinken und der
„Bierjunge“. Der Training des Trinkers.
Trinksport überhaupt. Eintheilung in Steher,
welche langsam und andauernd, und in Flieger,
welche rasch trinken, aber bald abfallen.
C. Bierologische Zeitökonomie:
Morgen-, Mittag-, Vesper-, Dämmer-, Abend-
Schoppen. Alles experimentell erprobt.
D. Bierreisen, bei denen die unter I ge-
lehrten Unterschiede praktisch erläutert werden.
Als Lehrkräfte sind hervorragende Talente
engagirt, wie Privatdozent Dr. Biermoerder,
durch seine tägliche Leistung von 28 Litern
eine wissenschaftliche Merkwürdigkeit und Kory-
phäe, Professor Wamperl, der sich rühmen
kann, nie weniger als eine Halbe auf einmal
geschluckt zu haben u. s. w.
Selbstverständlich befasst sich die Fakultät
auch im praktischen Theil nicht mit der
Bierbereitung. Denn die Wissenschaft ist die
des Biertrinkers, nicht des Brauers.
III. Die Hilfswissenschaften umfassen
so ziemlich alle übrigen Fakultäten mit Aus-
nahme der Theologie. Zunächst
A. Naturwissenschaften.
a. Die Zoologie in ihrer Beziehung zum
Biertrinken mit besonderer Berücksichtigung
des Schweines, des Bockes, des Affen, des
Katers, des Härings.
b. Botanik. Vorträge über den Rettig und
den Tabak.
c. Physikalische Erscheinungen.
Gleichgewichtsstörungen, Anziehungskraft der
Erde u. s. w.
B. Rechtswissenschaft. Pfand- und
Wechselrecht. Strafrecht mit besonderer Be-
rücksichtigung der Körperverletzungen und ihrer
mildernden Umstände.
C. Medizin. Die Bockkur. Das Haarweh
und seine Heilung (vorgetragen von dem be-
rühmten Homöopathen Dr. Hundshaar). Das
„doppelte Gesicht“ und andere optische Täusch-
ungen.
D. Bierästhetik. Der Einfluss des Bier’s
auf die Kunstpflege in München. Bierliteratur.
Bierlyrik und Bockmusik (Gedächtniss- und
Vortragsübungen).
Mit diesem Lehrplan einer neuen Wissen-
schaft wird nun endlich eine Sache, die bisher
nur dilettantisch betrieben wurde, auf die richtige
akademische Höhe erhoben.
Ein wesentlicher Vortheil der neuen Ein-
richtung aber ist auch noch der, dass durch
sie der Ueberfüllung der übrigen Fakul-
täten erfolgreich entgegengearbeitet wird.
GVS ANTKUNDIGUN'GW
Vom 1. November d. J. ab erscheint, nach Möglichkeit regelmässig
der „POTATOR5’.
Organ für alle Zweige und Anhänger der Kneipmethode.
Der „POTATOR“ verfolgt das rein ideale Ziel,
nach Kräften zur Verbreitung des Alkoholismus bei-
zutragen und vornehmlich die Interessen der Gross-
konsumenten in Spiritus, bei denen kleine Mittel
nichts verschlagen, zu vertreten.
Der „POTATOR“ ist das Eigenthum der Mit-
glieder des Konsumvereins „Ur-Horn“, der dem-
nächst auf Antheilsclieine gegründet wird. För-
derer unseres Unternehmens werden baldigst ein-
geladen werden, zur Gründung dieses Vereins und
zur Berathung einer wirksamen Propaganda sich
zu versammeln. Um die Kosten dieser Versamm-
lung zu decken, werden zahlreiche Ehrenmitglieder
ernannt werden, u. a. ein hochverdienter Herr,
der kürzlich nach 19 Seideln, 5 Grogs und eindrei-
vicrtel Flaschen Portwein noch mit einer gewissen
heiteren Ruhe zehnmal hinter einander das Wort
,,Akrokorinth “ ausstiess.
Der „POTATOR“ ist natürlich ein parteiloses und
unpolitisches Blatt, soweit es sich nicht um den
Freihandel mit Spirituosen handelt. Gegen alle Steu-
ern oder Zölle auf Wein, Bier, Branntwein, Ifcn-
nessy-Cognac (Minimum??! Ha!!!), Spiritus oder
Salzsäure werden wir voll und ganz Front machen,
solange wir noch aufrechte Männer sind.
Der „POTATOR“ wird auf wirtschaftlichem Ge-
biete sich besonders die Förderung der Schenk-
wirts chaft angelegen sein lassen und dem Verein
gegen „Verarmung der Gastwirthe“ seine volle
Sympathie zuwenden. Hat der Gastwirtli Geld,
so hat's die ganze Welt. Andrerseits werden wir
die verderbliche Thätigkeit der IJässigkeitsverciiie mit
schärfster Aufmerksamkeit verfolgen und gegen
deren skandalöses Treiben einen wirksamen Schutz
durch die Reichsgesetzgebung anstreben.
Der „POTATOR“ wird durch wissenschaftliche
Artikel seine Leser in unterhaltender und belehrender
Weise aufklären über die Einflüsse des Alkohols
auf Duellsitten, offizielle Tafelreden, Gemüths- und
Stimmbildung, Staatsfinanzen, Gesichtsfarbe, Ehe-
schliessung etc. etc.
Der „POTATOR“ wird seine Beiträge durch zahl-
reiche Bilder, besonders auch durch farbige Porträts
berühmter Potatoren illustrieren. In unserer Mappe
befindet sich bereits das wohlgetroffene Porträt des
Mannes, in dein wir alle das durch die Jahrhunderte
leuchtende Vorbild erblicken und der sich unserer
Sache auch nach dem letzten Akte noch immer mit
unendlicher Hingebung widmet: das Porträt des
Herrn Professor Crampton. Daran werden sich
anschliessen die Bilder des Herrn Gutsbesitzers
Krause (aus „Vor Sonnenaufgang“), seiner durch-
geistigten Frau Gemahlin, sowie Ihrer Alkohol-
geboren Frl. Martha Krause etc. etc.
Der „POTATOR“ wird durch einen vorzüglich
organisirten Depeschendienst seine Leser schneller
als irgend ein anderes Blatt in Kenntniss setzen
von allen wichtigeren Bierduellen, Trinkrecorden,
Sängerfesten, Verhaftungen hervorragender Pota-
toren, Schlägereien, Anstichen, wunderbaren Kater-
erscheinungen, Selbstverbrennungen etc. etc.
Der „POTATOR“ bringt ein interessantes, abwechs-
lungsreiches Feuilleton unter Leitung der Herrn Dach-
decker Coupeau und Maurer Mattem.
Der Aboimementsbetrag kann monat-
lich, wöchentlich oder täglich in wohl verkorkten,
ganzen Flaschen Hennessy-Cognac mit drei Sternen
oder Heidsieck Monopole (welchen wir schon in
frühester Jugend liebten) entrichtet werden; doch
wollen wir nichts dagegen haben, wenn unsere
Leser uns Extra Dry Mumm schicken.
Inserate die gespaltene Petit-Zeile einen
Pommery. Annoncen zur Bekämpfung oder Be-
seitigung rother Nasen das Zehnfache.
Man verlange in allen Kaffeehallen, Wasser-
heilanstalten, Brunnenkurorten, vegetarischen Re-
staurants, Enthaltsamkeits-Lesestuben und Hallc-
luj a-Thees immer wieder nachdrücklichste den
Deutsche Frauen, werbt für unser Blatt! Schon
mancher ist durch einen heimlichen Schuss Cognac zum
Kaffee für die gute Sache gewonnen worden.
Mit ausgezeichnetem Hochachtungsschluck
Verlag und Redaktion des „potator“.
Sprechstunde: Nachmittags 5—6 Uhr. Man
bittet, wenn die Thür geschlossen ist, einen Stuhl
sechsmal kräftig dagegen zu schleudern und einen
sauren Hering in Antipyrin mitzubringen. “3PG
739
JUGEND
Nr. 44
Und nun, liebe Brüder, wollen wir trinken
nnf alle, die vom breiten Stein nicht wanken
und nicht weichen. Aber aus die, die verlernt
haben, daß es Tage gibt „von besonderem
Schlag" Tage, so schön, daß man zu ihnen gar
nichts anderes sagen kann als „Ergo bibamus!“
— auf die — auf die wollen wir auch trinken.
Schon nm unsertwillen. Das wäre ja auch noch
schöner, wenn wir um deretwillen dürsten sollten!
Wir wollen auf sie trinken in der Hoffnung, daß
sic sich bessern. Auf jeden einzeln! Das schmei-
chelt ihnen; das greift ihnen an die Ehre. Dann
gehen sie in sich.
Nachher trinken wir dann noch auf die Tem-
perenzler; das sind sie uns schuldig. Prost!
Gtto Lrnst.
Die neue Facultät
Vorjahr und Tag wurde in der bayerischen
Kammer der Satz aufgestellt, das kgl. bayer.
Hofbräuhaus in München habe nicht nur
eine materielle, sondern auch eine erzieher-
ische Bedeutung. Dadurch bestimmt, hat
sich das bayerische Cultusministerium mit dem
Hofbräuamt in Verbindung gesetzt und schon
mit dem beginnenden Semester hat die Mün-
chener Universität eine Fakultät mehr, die
der Bierwissenschaft, Cerevisiologie oder besser
Cerephysiologie! Gleich nach Anschlag am
schwarzen Brett war der Zulauf von Candidaten
ein ungeheuerer. Es hat sich dabei heraus-
gestellt, dass fünfzig Prozent der Studenten das
Fach bisher schon als Hauptwissenschaft pflegten
und die Uebrigen als fakultative Disciplin.
Es fehlte nur die wissenschaftliche Organi-
sation! Und die ist nun geschaffen. Als
Hörsaal ist einstweilen der grosse Saal des
Hofbräuhauses eingerichtet worden, da die
Studien an der Quelle betrieben und mit Ex-
perimenten Hand in Hand gehen sollen.
Hier der Lehrplan!
Zunächst zerfällt die Cerephysiologie I. in
einen theoretischen, II. in einen praktischen
Theil, III. in Hilfswissenschaften.
I. Die theoretische Bierwissen-
schaft lehrt zunächst:
A. Was ist das Bier?
B. Eintheilung und Unterscheidung
der Biere: Sommer-, Winter-, Märzen-, Ex-
port-, Bock-, Salvator-, Weiss- und helles Bier,
Flaschen- und Fassbier.
a. Die Münchener Biere in ihrem
gegenseitigen Verhältniss, gemessen am Normal-
typus des Hofbräuhausbieres: Spaten, Löwen-
bräu, Pschorr, Zacherl, Eberl u. s. w.
b. Fremde Biere: Pilsener, Porter,
Ale u. s. w.
Als Vortragende Kraft für A und B ist
Professor Nudelmeier gewonnen, der sich
rühmen kann, als vierzigjähriger Stammgast
des Hofbräuhauses drei zweizöllige Eichenbänke
total durchgesessen zu haben.
C. Die Wirkung des Bieres in körperlicher
und geistiger Beziehung. Die Eintheilung der
Räusche u. s. w.
II. Den praktischen Theil bildet die
Kneipwissenschaft im weitesten Sinne.
Hier soll jede trockene Theorie von vorne-
herein ausgeschlossen sein. Alles wird prak-
tisch vor- und nachgemacht.
A. Bi er co mm ent, allgemeiner und stu-
dentischer.
B. Das Quantitätentrinken und der
„Bierjunge“. Der Training des Trinkers.
Trinksport überhaupt. Eintheilung in Steher,
welche langsam und andauernd, und in Flieger,
welche rasch trinken, aber bald abfallen.
C. Bierologische Zeitökonomie:
Morgen-, Mittag-, Vesper-, Dämmer-, Abend-
Schoppen. Alles experimentell erprobt.
D. Bierreisen, bei denen die unter I ge-
lehrten Unterschiede praktisch erläutert werden.
Als Lehrkräfte sind hervorragende Talente
engagirt, wie Privatdozent Dr. Biermoerder,
durch seine tägliche Leistung von 28 Litern
eine wissenschaftliche Merkwürdigkeit und Kory-
phäe, Professor Wamperl, der sich rühmen
kann, nie weniger als eine Halbe auf einmal
geschluckt zu haben u. s. w.
Selbstverständlich befasst sich die Fakultät
auch im praktischen Theil nicht mit der
Bierbereitung. Denn die Wissenschaft ist die
des Biertrinkers, nicht des Brauers.
III. Die Hilfswissenschaften umfassen
so ziemlich alle übrigen Fakultäten mit Aus-
nahme der Theologie. Zunächst
A. Naturwissenschaften.
a. Die Zoologie in ihrer Beziehung zum
Biertrinken mit besonderer Berücksichtigung
des Schweines, des Bockes, des Affen, des
Katers, des Härings.
b. Botanik. Vorträge über den Rettig und
den Tabak.
c. Physikalische Erscheinungen.
Gleichgewichtsstörungen, Anziehungskraft der
Erde u. s. w.
B. Rechtswissenschaft. Pfand- und
Wechselrecht. Strafrecht mit besonderer Be-
rücksichtigung der Körperverletzungen und ihrer
mildernden Umstände.
C. Medizin. Die Bockkur. Das Haarweh
und seine Heilung (vorgetragen von dem be-
rühmten Homöopathen Dr. Hundshaar). Das
„doppelte Gesicht“ und andere optische Täusch-
ungen.
D. Bierästhetik. Der Einfluss des Bier’s
auf die Kunstpflege in München. Bierliteratur.
Bierlyrik und Bockmusik (Gedächtniss- und
Vortragsübungen).
Mit diesem Lehrplan einer neuen Wissen-
schaft wird nun endlich eine Sache, die bisher
nur dilettantisch betrieben wurde, auf die richtige
akademische Höhe erhoben.
Ein wesentlicher Vortheil der neuen Ein-
richtung aber ist auch noch der, dass durch
sie der Ueberfüllung der übrigen Fakul-
täten erfolgreich entgegengearbeitet wird.
GVS ANTKUNDIGUN'GW
Vom 1. November d. J. ab erscheint, nach Möglichkeit regelmässig
der „POTATOR5’.
Organ für alle Zweige und Anhänger der Kneipmethode.
Der „POTATOR“ verfolgt das rein ideale Ziel,
nach Kräften zur Verbreitung des Alkoholismus bei-
zutragen und vornehmlich die Interessen der Gross-
konsumenten in Spiritus, bei denen kleine Mittel
nichts verschlagen, zu vertreten.
Der „POTATOR“ ist das Eigenthum der Mit-
glieder des Konsumvereins „Ur-Horn“, der dem-
nächst auf Antheilsclieine gegründet wird. För-
derer unseres Unternehmens werden baldigst ein-
geladen werden, zur Gründung dieses Vereins und
zur Berathung einer wirksamen Propaganda sich
zu versammeln. Um die Kosten dieser Versamm-
lung zu decken, werden zahlreiche Ehrenmitglieder
ernannt werden, u. a. ein hochverdienter Herr,
der kürzlich nach 19 Seideln, 5 Grogs und eindrei-
vicrtel Flaschen Portwein noch mit einer gewissen
heiteren Ruhe zehnmal hinter einander das Wort
,,Akrokorinth “ ausstiess.
Der „POTATOR“ ist natürlich ein parteiloses und
unpolitisches Blatt, soweit es sich nicht um den
Freihandel mit Spirituosen handelt. Gegen alle Steu-
ern oder Zölle auf Wein, Bier, Branntwein, Ifcn-
nessy-Cognac (Minimum??! Ha!!!), Spiritus oder
Salzsäure werden wir voll und ganz Front machen,
solange wir noch aufrechte Männer sind.
Der „POTATOR“ wird auf wirtschaftlichem Ge-
biete sich besonders die Förderung der Schenk-
wirts chaft angelegen sein lassen und dem Verein
gegen „Verarmung der Gastwirthe“ seine volle
Sympathie zuwenden. Hat der Gastwirtli Geld,
so hat's die ganze Welt. Andrerseits werden wir
die verderbliche Thätigkeit der IJässigkeitsverciiie mit
schärfster Aufmerksamkeit verfolgen und gegen
deren skandalöses Treiben einen wirksamen Schutz
durch die Reichsgesetzgebung anstreben.
Der „POTATOR“ wird durch wissenschaftliche
Artikel seine Leser in unterhaltender und belehrender
Weise aufklären über die Einflüsse des Alkohols
auf Duellsitten, offizielle Tafelreden, Gemüths- und
Stimmbildung, Staatsfinanzen, Gesichtsfarbe, Ehe-
schliessung etc. etc.
Der „POTATOR“ wird seine Beiträge durch zahl-
reiche Bilder, besonders auch durch farbige Porträts
berühmter Potatoren illustrieren. In unserer Mappe
befindet sich bereits das wohlgetroffene Porträt des
Mannes, in dein wir alle das durch die Jahrhunderte
leuchtende Vorbild erblicken und der sich unserer
Sache auch nach dem letzten Akte noch immer mit
unendlicher Hingebung widmet: das Porträt des
Herrn Professor Crampton. Daran werden sich
anschliessen die Bilder des Herrn Gutsbesitzers
Krause (aus „Vor Sonnenaufgang“), seiner durch-
geistigten Frau Gemahlin, sowie Ihrer Alkohol-
geboren Frl. Martha Krause etc. etc.
Der „POTATOR“ wird durch einen vorzüglich
organisirten Depeschendienst seine Leser schneller
als irgend ein anderes Blatt in Kenntniss setzen
von allen wichtigeren Bierduellen, Trinkrecorden,
Sängerfesten, Verhaftungen hervorragender Pota-
toren, Schlägereien, Anstichen, wunderbaren Kater-
erscheinungen, Selbstverbrennungen etc. etc.
Der „POTATOR“ bringt ein interessantes, abwechs-
lungsreiches Feuilleton unter Leitung der Herrn Dach-
decker Coupeau und Maurer Mattem.
Der Aboimementsbetrag kann monat-
lich, wöchentlich oder täglich in wohl verkorkten,
ganzen Flaschen Hennessy-Cognac mit drei Sternen
oder Heidsieck Monopole (welchen wir schon in
frühester Jugend liebten) entrichtet werden; doch
wollen wir nichts dagegen haben, wenn unsere
Leser uns Extra Dry Mumm schicken.
Inserate die gespaltene Petit-Zeile einen
Pommery. Annoncen zur Bekämpfung oder Be-
seitigung rother Nasen das Zehnfache.
Man verlange in allen Kaffeehallen, Wasser-
heilanstalten, Brunnenkurorten, vegetarischen Re-
staurants, Enthaltsamkeits-Lesestuben und Hallc-
luj a-Thees immer wieder nachdrücklichste den
Deutsche Frauen, werbt für unser Blatt! Schon
mancher ist durch einen heimlichen Schuss Cognac zum
Kaffee für die gute Sache gewonnen worden.
Mit ausgezeichnetem Hochachtungsschluck
Verlag und Redaktion des „potator“.
Sprechstunde: Nachmittags 5—6 Uhr. Man
bittet, wenn die Thür geschlossen ist, einen Stuhl
sechsmal kräftig dagegen zu schleudern und einen
sauren Hering in Antipyrin mitzubringen. “3PG
739