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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 3.1898, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 44 (29. Oktober 1898)
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Nr. 44

JUGEND

1893

Auch ein Lied vom Moselwein!

Wie hat er oft in güldner Pracht
Mir schon im Glas gefunkelt
Und mir die Seele hell gemacht,

Wenn Sorgen sie verdunkelt!

Wie hat fein feiner Blüthenhauch
Mir froh das Herz durchzogen,

Wenn Aktenstaub und Kohlenrauch
Mir um die Rase flogen!

HeUgoldig wie das Bernsteinhaar
Der Loreley vom Rheine,

Süßduftig und krystaUenklar,

Lin Wein, wie wenig Weine! —

Da schrieb in Trarbach jüngst ein Haus
fünfhundert flaschen Weines
Als Prämie für ein Preislied aus,

Lin Mosellied, ein seines.

Der Preis war schön, die Lust war groß,
Bon solchem Preis zu naschen,

Ls ging ein schreckbar Dichten los
Um diese vielen flaschen!

Da kam, wer irgend schreiben kunnt.
Mit einem Lantus nieder.

Sie dichteten zweitausend und
Linhundertvierzig Lieder!

Und wer sie liest, den faßt die Wuth,
Der sagt in Hellem Aerger:

Zür's Beste war' als Preis zu gut
Lin Schoppen Grüneberger!

Mein deutsches Volk! Was Du da sangst,
Das kann Dich bitter reuen!

Schon Hab' ich eine Höllenangst
Gekriegt um unfern Reuen!

Erfährt von diesen Reimerein
Der liebe Gott genauer,

Sr macht im Zorn den Moselwein
für diesen Jahrgang sauer.

Und beizt er Such die Kehlen wund,
Ich gönn's Such, Bösewichter,

Ihr traurigen zweitausend und
Linhundertvierzig Dichter! .

An Brisson!

„Da fass’ ein Herz, denn die Gefahr ist gross,
Und gehe g’rad auf jenen Dreifuss los_“

(Gcethe, Faust II, „Finstere Galerie“.)

Bismarck und das MuFener Bier

2lls Bismarck damals vor sechs Jahren
Zum letzten Mal durch'« Reich gefahren,
Und ihm, wohin die Fahrt ihn trug,

Das deutsche Herz entgegen schlug, .
Da hielt er auch in München Aast!

Das war ein Jubel um solchen Gast!

Und wer den Abend mitgcthan,

Da er von Lenbachs Hausaltan
Zum Volke sprach, das, ihn zu grüßen,
Viel tauscndköpfig ihm zu Füßen
Gebrandet hat im Fackcllicht,

Vergißt darauf sein Lebtag nicht! —

Da ist er denn auch zugckchrt
Im Rncipsaal der 2lllotria,
wo man ihn stets gar treu verehrt —
Nun war er endlich selber nah.

Und scheue Ehrfurcht machte ringsum
Die ubermüthigen Rünstler stumm.

Bis endlich Einer, frcudcroth
Den Ehrentrunk dein Gaste bot.

Einen Ricsenhumpcn, genug für vier,

Drin schäumte das beste Münch'ncr Bier.
Der Alte hob den schweren Rrug —

Nicht jeder hätt' es zu Stand gebracht
Dann that er einen gewaltigen Zug —
Nicht jeder hört' ihn nachgcmacht —

Dann gab er das stolze Gemäß zurück.

Ein Leuchten flog durch seinen Blick
Und schmunzelnd sprach er:

„Meine Herrn!

Ich mag keinen andern Trunk so gern,
wie diesen hier,

Das Münchener Bier!

Rein Andres kommt auf meinen Tisch.
'Leins ist so mild, so voll, so frisch —
Bei uns in Norden brau'n sie — ach!

Ja auch ein Bier — es ist darnach!
Mein Gott! — Es gährt ja wohl im Faß.
Ist manchmal dunkel, manchmal blaß,
Und macht ein wenig Schaum im Glas —
Auch ist's ja naß,

Aber nicht das,

was —-— --" Bob.

Herausgeber: Dr. GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratentheil: G. EICHMANN; sämmtlich in München.

Druck von KNORR & HIRTH, Ges. m. beschr. Haftung in München.

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