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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 3.1898, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 51 (17. Dezember 1898)
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1898

JUGEND

München, 6. Dezember



Die neue österreichische Bildersprache

Der „Neuen freien Presse" berichtet man ans Cilli: „Das neue Post-
gebäude in Cilli hatte an der Außenseite bisher keine Aufschrift. Man
wollte weder eine deutsche noch einesi ovenische Aufschrift anbringen,
und so zeigte das stattliche Gebäude an der Front lediglich ein Posthorn".
Die Lösung der Schwierigkeit ist so genial, wie es unter dein Ministerium
Thun nur zu erwarten war, und nun sollen in der ganzen Monarchie die
Aufschriften öffentlicher Gebäude, die immer irgend einen Staatsangehörigen
durch ihre Fremdsprachigkcit verletzen könnten, allgemein durch Bilder-
tafein ersetzt werden. Von diesen Jnschristentaseln theilen wir einige mit.

Nr. I bedeutet also „Postamt", Nr. I „Knabenschule", Nr. 7 „Markt-
hall e", Nr. 11 „Ka s er u e", Nr. 14 „Polizeidire kti on", Nr.2 „Frauen-
klinik", Nr. 17 „chirurgisches Spital", Nr. 4 „Bahnhos" (deutlich
durch zwei aufeinander prallende Züge gekennzeichnet), Nr. 8 „Tabak-
trafik", Nr. 9 „Steueramt", Nr, 12 „Regierungsgebäude", Nr. 18
„Pfarramt", Nr. 5 wird angebracht statt der bekannten Inschrift „Für
Damen", Nr. 6 statt der ebenso bekannten „Für Herren", Nr. 10
„Justizpalast" (wobei gewissen nationalen Eigcnthümlichkeiten discret
aber verständlich Rechnung getragen ist), Nr. 13 (in Keilschrift) bedeutet
„Parlamentsgebäude" und Nr. 15 „Hostheater".

A und B

A.: Sag mal, wie viele Jesuiteugenerale
gibt es eigentlich?

8.: Na, einen natürlich!

A.: Ach Unsinn ! In Frankrei ch, mein
ich ja!

8.: Ach sooo! In Frankreich! Ja, da gibt's
natürlich viele. Genau weiß ich's nicht; aber
fo’it kleines Gefängnis; voll wird's wohl sein.

A.: Sage mir nur, was ist Spanien den
vereinigten Staaten schuldig?

8.: Luba.

A.: Und was verlangen die vereinigten
Staaten als Zinsen?

8.: Die Philippinen.

A.: Die Zinsen sind also wohl fast so groß
wie das Kapital?

8.: Jawohl.

A.: !vie nennt man denn das, wenn
Jemand die hilflose Lage eines andern be-
nutzt, um unerhörte Zinsen zu erpressen?

8.: Das nennt man Friede usbeding-
uiigctt.

A.: Sehr gut! Setz' Dich mehrere Plätze
Höker! __

A.: Hast Du gehört, daß der Kaiser von
Vesterreich zu seinem Jubiläum Vrden
verschenkt hat?

8.: Ja. Die Gelegenheit hält' er nur
benutzen sollen I

A. : Wozu?

B. : Um vielleicht auch den Jesniten-Grdcu
los zu werden.

Chäteaux en Espagne

Zwar lieft man, daß Europa Mitleid hege
Mit Spaniens argem Mißgeschick — allein
Wenn ich die Sache reiflich überlege,

Macht ich sehr gern anSpauiensStelle fein.

Denn ohne Philippinen — ohne Luba
war' ich nunmehr vergnügt und sorgenfrei
Und bliese statt der kriegerischen Tuba
Die angenehm erklingende Schalmei.

Und gern möcht' ich die zwanzig Millionen
Genießen, die Mac Itinley mir geschenkt.

Der noble Räuber, der, Gott soll's ihm lohnen,
So edel wie einst Rinaldini denkt.

Des Daseins Dust genoß' ich stillbedächtig
Als zwanzigfacher Dollar-Millionär.

Mich dehnend aus dem Lanapee verbrächt' ich
Die Vormittage (wenn ich Spanien wäv'l).

Und Nachmittags ging ich zunächst spaziren
Bis zur Bodega, wo man fröhlich zecht,

Um später mich vielleicht zu amüflren
Bei irgend einem strammen Stiergesecht.

Und fern den Stürmen, die die Welt durchtosen,
würd' ich, sobald der Lag sein Ende fand,
Mit einer wunderschönen Donna kosen
Still hinter einer großen span'schen wand.

Ausgleich in (Pesterreich

„Dieses Ziel, sag' ich, es ist verderblich,
Ausgleichung heißt's —"

Grillparzer, „Ein Bruderzwist
ini Hau;e Habsburg," V, 1.

86;

Mordu8 pecuniarius
Preuße: Uliquel hat wieder eine von
seinen Krankheiten, deren Ende er ganz ge-
nau vorher ansagen kann.

2. Preuße: Na ja, dann wird er uns
wohl bald die Doktorrechnmig präsentiren.

Das har er!

A.: Hast Du gehört: Lucanus will von
seinem Amt zurücktreten.

8.: Schade! Der Ulan» hat viel Gutes
gcthau!

Dr. Menger

Das Rind greift sehnend nach den Sternen,
Bevor'», wie fern sie sind, begreift.

Der Mensch muß eben Manches lernen,
Bis er zum Mann hcrangereift.

Dann allerdings denkt er solider

Und streckt sich nicht — bückt sich vielmehr

Damit cr, fällt ein Stern hernieder,

Ihn kriegt, denn dies erfreut ihn sehr.

In Gest'reich fiel in diesen Tagen
Ein Stcrnenrcgen, hageldicht,

Man griff sie auf mit Wohlbehagen —
Nur Einer sprach: „Ich bück' mich nicht!'

Man staunt ihn an, den Unmodernen,

Und lächelt über ihn und spricht:

„Der Menger greift nicht nach den Sternen,
Den Menger, den begreif' ich nicht!"

Joseplius.
Register
Loki: Châteaux en Espagne
[nicht signierter Beitrag]: Ausgleich in Österreich
[nicht signierter Beitrag]: A und B
Monogrammist Frosch: Zeichnung zum Text "Die neue Österreichische Bildersprache"
Josephus: Dr. Menger
[nicht signierter Beitrag]: Morbus pecuniarius
[nicht signierter Beitrag]: Die neue österreichische Bildersprache
 
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