Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 3

JUGEND

1899

Gelegentlich einer Tiefseeforschung (De-
koration: Unter der Oberfläche des Meeres!
Das Theater zeigt ein ungeheures Aquarium
mit allem lebendigen Zubehör) wird er
heraufgezogen; man durchsucht seine Klei-
der nach einem 'Ausweis über seine Per-
son und findet den Diamanten. Der Ge-
lehrte, der die Expedition leitet, nimmt
den Stein an sich. Das Schiff geräth auf
eine Klippe (Dekoration: Schiffbruch an
einer Felsenküste mit richtigem Wasser);
der Gelehrte als einzig Ueberlebender wird
von einer Welle auf den Strand geworfen.
Er schlägt die Augen auf, hisst die eng-
lische Flagge, die er bei sich hat, und kommt
allmählich zum Bewusstsein. Er geht land-
einwärts und kommt in einen Urwald (De-
koration: im Urwald mit echten Giftschlan-
gen und Affen. Mr. Triclcbottle mit seinen
vier dressirten Papageien, welche Rule
Britannia singen.) Der Gelehrte wird von
Wilden überfallen (NB. Echtes Gebrüll von
fünf Minuten Langel); um den Diamant
nicht in ihre Hände fallen zu lassen, ver-
schluckt er ihn schleunigst. Der Gelehrte
wird gefangen genommen, zieht eine Ta-
schenbibel, herausgegeben von der Lon-
doner Bibelgesellschaft, aus der Tasche,
und liest daraus vor. Die Wilden, die kein
Englisch verstehen, nehmen das Christen-
thum an, martern den Gelehrten (NB. auf
der Scene |) und schlachten ihn. ln seinem
Magen findet man den Diamanten, der
natürlich dem Häuptling zufällt.

Inzwischen lieben sich Lizzie’Hallelujah
und John Above. Beide sind fromm, noch
enthaltsamer und noch ärmer. John war
vordem gar nicht enthaltsam, sondern ein
Säufer und Strassenräuber; aber Lizzie ret-
tete ihn. (Geschichte einer Rettung, vor-
getragen von einer Majorin der Heilsarmee.)
Lizzie hat als kleines Kind in Reichthum
gelebt; aber dann ist ihr Vater gestorben,

und seitdem hatte sie nichts mehr. John
geht als Soldat mit auf einen Rachezug
gegen den Häuptling, der den Gelehrten
gefressen und — wie von einem englischen
Schiff aus bemerkt wurde — die gehiss-
te Flagge heruntergerissen hat. (Grosse
Schlacht auf der Bühne mit echten Dum-
Dum-Geschossen. Bei jeder Vorstellung
werden 100 aufrührerische Wilde, frisch
aus den Kolonien bezogen, todtgeschossen.
(Nach der Schlacht grosses Gebet mit
Choralvortrag.) Ein junger Mann teiltet
mit ungeheurer Kühnheit den Häuptling
mit dem Diamanten und entscheidet da-
durch die Schlacht. Der Sieger ist kein
anderer als John Above. Der Feldherr
spricht ihm den Diamanten zu. John damit
nach Hause. Jetzt kann er Lizzie heiraten.
Er will den Diamanten beim Juwelier ver-
kaufen. Der Juwelier kein anderer als der
Bestohlene. Er lässt John verhaften und
vor Gericht stellen. (Ein Londoner Ge-
fängniss: Sensationell!! —Vor dem Unter-
suchungsrichter!) Der Feldherr entlastet
natürlich den Angeklagten. Lizzie, ebenfalls
als Zeugin vernommen, erkennt den Dia-
manten als denselben, den sie in frühester
Jugend im Hause ihres Vaters gesehen
habe. Der Juwelier wird befragt, woher
er den Diamanten hatte. Er hat ihn von
dem Vormund Lizzies gekauft. Dieser, ein
alter geknickter Sünder, gesteht, in die
Enge getrieben, ein, dass er Lizzies Vater
durch Hypnose zur Abtretung des Steines
und anderer Kostbarkeiten gebracht habe.
Der Richter fordert ihn auf, Proben seiner
Kraft zu geben (grosse hypnotische Söance
mit den neuesten Tricks!!!). Letztes Bild:
Lizzies und Johns Vermählungsfest mit
Feuerwerk, Bibelvertheilung und Fussball-
spiel. Grossartiger Schlusseffekt: Mr. Churl
schleudert einen Fussball durch die ganze
Länge des Theaters und mit solcher Ge-

walt gegen den Bauch des Portiers, dass
diesem das Blut aus den Ohren läuft.

Verfasser des Stückes ist Mr. Cuff;
Mr. Smallbrain wird den Text dazu schrei-
ben. Man hofft die zehnfache Zahl der
Trilby-Aufführungen zu erreichen. Eine
deutsche Uebersetzung wird uns das Werk
noch vor seinem Erscheinen zugänglich
machen. Hans.

Llfäßer-Hraiizösifch

Mllc C6eile (zu ihrer Mutter, die im Be-
griff ist auszugeheu): Tu vas en ville, maman,
oui? gell de bringsch mer schwarzes ruban mit
für ze-n°ere ceinture; nimmsch aber von dere
große gres-grain Seib’, l’autre n’est pas assez
forte. Aber net vergesse, j’en ai besoin.

Mme Z. (zu ihren Kindern): Mon Dieu, ces
enfants! ’S Ucheni (Eugteie) oublie am Sonn-
tag sin parasol im train, daß mer bis zum chef
de gare müsse geh’n, für zu reklamire. 3et)t
kommt der Camille und hett sine parapluie im
Gymnase gelaffe! (sich zu dem Jungen wend-
end): est-ce que tu l’as oubliL oder isch er von
de andere gar^ons weggenomme worbe?

Merle blaue.

Bitter

Professor der LiteratUrgeschichte:
Ich werde es an diesem Abend so halten wie
immer: td] werde also zunächst einen Vor-
trag über Goethe halten, und danach wird
der ZHdjter selbst zu Worte kommen.

Run st freund: lfm hm 1 Audiatur et
altera pars!

Max Feldbauer (München).

5chon zu Macbeths Zeiten wurde geradelt. Beweis: Shakefpeare's „Macbeth", Akt I, Scene z. (Uebersetzung v. Schlegel, Benda u. voß):

Dritte Hexe: „..all ijeil! Macbeth utt{> Banquo!"

Erste und zweite Hexe: „Banquo und Macbeth, all Heil!"

Kulturgeschichtliche Entdeckungen der „Jugend"
Register
[nicht signierter Beitrag]: Bitter
Max Feldbauer: Kulturgeschichtliche Entdeckungen der "Jugend": All Heil! Macbeth und Banquo
[nicht signierter Beitrag]: Elsässer-Französisch
 
Annotationen