Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ungarischer Froschmäusekrieg

Das -Lied vom Secunöanten

Den Secundamen muß man loben,

Der kühl bis an das Her; hinan,
wenn rings die Leidenschaften roden,

Zu trotzen weiß dem wilden Wahn,

Und der die Pflicht, allzeit nur Gutes
Zu stiften, treu im Busen wahrt
Und uns den Anblick rorhen Blutes
Fürsorglich, wo er kann, erspart,
wie Orgclton und Glockenklang
Ertön' mein Sccundanrcnsang l

wie heilsam wirkt solch' ein verständiger
Und guter Mensch im Ungarland,
wo häufig selbst der Heringsbändiger
Auftritt als kühner Duellant,

Und wo sogar der Rauchfangkehrer
Mit dem Friseur sich ducllirt,

Sobald er ihn als Mitvcrchrer
Bei Fräulein Ilka attrapirt —

Da steht mit treu erfüllter Pflicht
Der Secundant im schönsten Licht.

Graf Banffy schrieb jüngst einen

schneidigen —

Man kann fast sagen: groben Brief,

Um den Horanszkp zu beleidigen
Und ihn zu kränken schwer und tief.

Seid überzeugt, es war' entstanden
Hiedurch ein blutiges Malheur,
wenn nicht die Ru,ist der Sccundanten
Hier voll entfaltet worden wär'.

Sehr complicirt und sehr geschickt
ward die Gefahr im Reim erstickt.

Doch auch wo dies mißlingt, hat immer
Der Secundant trotz alledem
Noch einen starken Hoffnungsschimmer,
Die Sache glatt und angenehm
Nach jeder Richtung zu gestalten,

So daß die Gegner sich zuletzt,

Nachdem sie aneinanderprallten,

Die Hände reichen unverletzt —

Und wenn verletzt, so doch nur leicht,
Daß es dem Stich der Flöhe gleicht.

weit springend weiß er zu vereinen
Die Vorsicht und die Eleganz,
wenn er mit seinen langen Beinen
Ausmcffen gehr die Schußdistanz.

Auch sonst käm's kaum zum Blutvergießen.
Aus Ungarn schreibt man voll Humor:
wie Pilze nach dem Regen schießen
Die Duellanten rings — empor,
weil Jedem treu zur Seite stand
Der gute, brave Secundant.

Das Mittelalter umzubringcn,

Scheint nicht gelungen noch zu sein.

Das zeigt nebst manchen andern Dingen
Des Zweikampfs roher Brauch. Allein
wie mittelalterlich verwildert
Der Zweikampf-Mensch noch immer sei —
Die rauhe Sitte wird gemildert
von Dir mir sanfter „Mogelei."

Drum füll' das Glas ich bis zum Rand:
Heil Dir, Du braver SecundanrI

Bohemund.

&

Welches ist die hervorragendste Thar
des 19. Jahrhunderts?

Mit dieser Frage beschäftigt sich eine vom
„K. I." in Berlin veranstaltete Enquete. Aus
uns unbekannten Gründen hat aber das Blatt
nur einen Theil der eingegangenen Antworten
veröffentlicht Wir geben den Rest in Folgen-
dem wieder:

Ein Unbekannter: Die erste Veranstaltung
einer derartigen nützlichen Zeitungs-Rundfrage.

Eugen Richter: Die Weigerung des deut-
schen Reichstags, dem Fürsten Bismarck zum
80. Geburtstag zu gratuliren.

Mac-Kinley: Der große Bankdiebstahl in
Dingstown und die Eroberung Cuba's durch
die vuitscl States.

Herr Direktor Striese: Das „weiße
Rössel".

Ein Staatsanwalt: Die Entdeckung des
groben Unfugparagraphen.

v.Strndelwitz:Die Erfindung des Monocle.

v. Prndelwitz: Die Einführung der grauen
Mäntel in der preußischen Armee.

y. Mud elwitz: Der Ersatz des Rufes „Hoch!"
durch „Hurrahl"

Der Pelikan: Die Entlarvung des Frei-
maurerteufels Bitru.

E. Zola: Die Bescheidenheit verbietet mir,
meine Ansicht offen auszusprechen.

General Boisdeffre: Die Verfertigung
des geheimen Dossiers.

Dr. Sigl: Proklamirung der päpstlichen Un-
fehlbarkeit.

Nicolaus: Die Schenck'sche Theorie.

Paul Singer: Die Entlassung Bismarcks.

Liebermann v. Sonnenberg: Der
erste Zionisten-Congreß.

Joseph Reinach: Panama.

Eine höhere Tochter: Die Erfindung
des Holzbrandapparates.

Eine Andere: Die Ausgabe der ersten
Ansichtskarte.

Eine Dritte: „Trilby!"

Ein Drehorgel mann: Das Intermezzo
aus der „Cavalleria Busticana“,

R. Dehmcl: MEINE Entdeckung durch
MICH!

Exjesuit Hoensbroech: Die Auffindung
des „nicht mehr ungewöhnlichen Weges" zum
Standesamt.

Ein Trottel: Das Sechs-Tage-Velociped-
Rennen in New-Uork.

A. v. Werner: Die Erfindung der Glanz-
wichse.

Björnstjerne Björnson: Meine polit-
ischen Enthüllungen.

Reinhold Begas: Die Einführung der
Denkmal-Concurrenzen.

Lustige Nachrichten

In Graz wurde den Offizieren der
Garnison der Theaterbesuch bei dem Stück
„Das Erbe" von Philippi verboten. Bravo!
Endlich geschieht einmal behördlicherseits was
zur Hebung des künstlerischen Geschmackes!

Die Astronomie ist eine der unbequemsten
Wissenschaften, und ihre Vertreter haben sich
zu öfteren Malen höchst lästig gemacht. Der
klerikale Minister Schollaert hat deßhalb der
bis dahin nur zu berühmten Brüsseler Stern-
warte einen klerikalen Administrator gegeben,
der mit der protestantisch-liberalen Astronomie
der Herren Lagrange und Lancaster auf-
räumen wird. Der Kaplan Dasbach, M.
d. R., soll sich sehr darüber gefreut und gesagt
haben: Astronomie müsse ja sein, er sei auch
ein Freund der Astronomie: er kenne sogar
noch von seiner Jugend her die Milchstraße
und den großen Bären und habe immer große
Freude an den Sternschnuppen gehabt; aber
wenn die Astronomie dem Allmächtigen die
Sternbahnen nachrechne, dann arte sie eben
aus in eine Wissenschaft.

vom Bruder Handelsmann

A.: Die „Times" schreiben also, England
werde mit Deutschland ehrlich Zusammen-
gehen, wenn die Interessen eins sind.

8.: Aha. Und wenn die Interessen höher
sind als eins?

A.: Dann geht England natürlich vor.

Herausgeber: Dr. GEOKG HIKIH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratentheil: G. EICHMANN; sämnttiich in München,

Druck von KNORR & HiRTH, Ges. m. beschr. Haftung in München.

ALLE RECHTE VORBEHALTEN.
Register
[nicht signierter Beitrag]: Vom Bruder Handelsmann
Monogrammist Frosch: Ungarischer Froschmäusekrieg
[nicht signierter Beitrag]: Lustige Nachrichten
[nicht signierter Beitrag]: Welches ist die hervorragendste That des 19. Jahrhunderts?
Bohemund: Das Lied vom Secundanten
 
Annotationen