Nr. 9
JUGEND
1899
P. S. Eben erinnert mich Kindermann, daß
ich obigen Befehl schon Oberst v. Berger er-
theilt habe, bitte daher denselben nicht auszu-
führen.
„So, äh, lieber Kindermann, expediren Sie
nur den Brief!"
Aus der czechischen Religionsstunde
Lehrer-Kaplan: Brkzdwsl!
Schüler: Zde!
L.: Glaubst Du an den fff Teufel als
den Schutzpatron aller Deutschen?
Sch.: Ich glaube.
L.: welche Farbe trägt der protestantische
Teufel?
Sch.: Schwarz!
L.: Wie stellen sich die Neger den Teufel
vor?
Sch.: weiß!
L.: In welcher Farbe erscheint der Teufel
den Katholiken?
Sch.: Roth!
L.: Richtig; welches ist also das st ff Teufels-
panier ?
Sch.: Schwarz-weiß-roth!
L.: <2uoä eral äemonstranäum I
&
Das Lied des Menschenfressers
Wenn ich das rohe Zleisch verschlungen,
Mein Haar mit wuthgeheule rauf',
Dann steht Ihr da, Ihr dummen Jungen,
Und reißt verblüfft die Mäuler auf.
Auch ich war einst ein weißer Knabe
Und aß das Zleisch, wie Ihr, gekocht;
Ls roh hinabzuwürgen habe
Durch Uebung nur ich erst vermocht.
Auch ich war einst ein weißer Knabe —
Die Welt war mir ein Paradies,
Bis mich die unheilvolle Gabe
Der Dichtkunst in's verderben stieß.
Der Lehrer warnte mich vorm Dichten —
Ich aber schenkt' ihm kein Gehör,
Versäumte meine Schülerpflichten.
Das war der Anfang vom Malheur!
„Wo geht ihr denn hin, Moritzle?"
ihr beim Herrn Pastor?
Unzweifelhaft
Tin Dampfboot lag zur Abfahrt bereit an
einer Hamburger Landungsbrücke. Tin Däm-
chen kam in größter Eile dahergelaufen; allein
als sie eben den Ponton betrat, dampfte das
Schiff davon und war nicht einmal durch
Springen mehr zu erreichen.
„wie abscheulich I" rief sie. „Fährt mir
der Dampfer gerade vor der Nase weg!"
„Djä, min lüttjes Fräulein," sagte ein
behäbiger Mann der Wasserkante, der alles
dies gesehen und gehört hatte, mit der Ruhe
des weifen, „Se harrn fick man bloß umto-
dreihn brnukt, denn wär'e Ihn'n vor de
Tornühre wegfohrt." R. R.
J. R. Witzei (München)
Zum Herrn Paster." — „Was thnt denn
„Mer lerne jetzt protestantisch."
Neues von Serenissimus
Serenissimus schreibt eigenhändig einen Be-
fehl an Oberst v. Greffen. Kindermann kommt
dazu.
„Aeh. .. lieber Kindermann, schreibe eben
an von Greffen wegen nächster Manöver, da
lesen Sie."
Kindermann: „Gestatten Durchlaucht, daß
ich allerunterthänigst darauf aufmerksam mache:
Durchlaucht haben gleichen Befehl gestern be-
reits an Oberst von Berger gerichtet."
„Aeh, sooo, wirklich?"
„Ja, Durchlaucht."
„Aeh, warten Sie, werde Sache gleich regeln,
aeh, ganz einfach!" und Serenissimus schreibt:
Und später wollt' mein Brod verdienen
Als Dichter ich. — C> holder Wahn!
Ich bin im Selbstverlag erschienen,
Doch krähte nie nach mir ein Hahn.
Dem journalistischen Berufe
Hab' ich mich später zugewandt;
von Stufe sank ich so zu Stufe,
Bis mich ein Unternehmer fand.
Der warb mich an, ließ mir bemalen
Den ganzen Körper dunkelgrau
Und stellt als Iahrmarkt-Lannibalen
Luch dummen Jungen mich zur Schau.
So schwing' ich jetzt die schwere Keule,
Mein Auge rollt in wilder Gier,
Doch Ihr versteht nicht, was ich heule —
Seht zu, daß Luch's nicht geht, wie mir!
Josef Mllomitzer.
Moritzle A post ata
146
JUGEND
1899
P. S. Eben erinnert mich Kindermann, daß
ich obigen Befehl schon Oberst v. Berger er-
theilt habe, bitte daher denselben nicht auszu-
führen.
„So, äh, lieber Kindermann, expediren Sie
nur den Brief!"
Aus der czechischen Religionsstunde
Lehrer-Kaplan: Brkzdwsl!
Schüler: Zde!
L.: Glaubst Du an den fff Teufel als
den Schutzpatron aller Deutschen?
Sch.: Ich glaube.
L.: welche Farbe trägt der protestantische
Teufel?
Sch.: Schwarz!
L.: Wie stellen sich die Neger den Teufel
vor?
Sch.: weiß!
L.: In welcher Farbe erscheint der Teufel
den Katholiken?
Sch.: Roth!
L.: Richtig; welches ist also das st ff Teufels-
panier ?
Sch.: Schwarz-weiß-roth!
L.: <2uoä eral äemonstranäum I
&
Das Lied des Menschenfressers
Wenn ich das rohe Zleisch verschlungen,
Mein Haar mit wuthgeheule rauf',
Dann steht Ihr da, Ihr dummen Jungen,
Und reißt verblüfft die Mäuler auf.
Auch ich war einst ein weißer Knabe
Und aß das Zleisch, wie Ihr, gekocht;
Ls roh hinabzuwürgen habe
Durch Uebung nur ich erst vermocht.
Auch ich war einst ein weißer Knabe —
Die Welt war mir ein Paradies,
Bis mich die unheilvolle Gabe
Der Dichtkunst in's verderben stieß.
Der Lehrer warnte mich vorm Dichten —
Ich aber schenkt' ihm kein Gehör,
Versäumte meine Schülerpflichten.
Das war der Anfang vom Malheur!
„Wo geht ihr denn hin, Moritzle?"
ihr beim Herrn Pastor?
Unzweifelhaft
Tin Dampfboot lag zur Abfahrt bereit an
einer Hamburger Landungsbrücke. Tin Däm-
chen kam in größter Eile dahergelaufen; allein
als sie eben den Ponton betrat, dampfte das
Schiff davon und war nicht einmal durch
Springen mehr zu erreichen.
„wie abscheulich I" rief sie. „Fährt mir
der Dampfer gerade vor der Nase weg!"
„Djä, min lüttjes Fräulein," sagte ein
behäbiger Mann der Wasserkante, der alles
dies gesehen und gehört hatte, mit der Ruhe
des weifen, „Se harrn fick man bloß umto-
dreihn brnukt, denn wär'e Ihn'n vor de
Tornühre wegfohrt." R. R.
J. R. Witzei (München)
Zum Herrn Paster." — „Was thnt denn
„Mer lerne jetzt protestantisch."
Neues von Serenissimus
Serenissimus schreibt eigenhändig einen Be-
fehl an Oberst v. Greffen. Kindermann kommt
dazu.
„Aeh. .. lieber Kindermann, schreibe eben
an von Greffen wegen nächster Manöver, da
lesen Sie."
Kindermann: „Gestatten Durchlaucht, daß
ich allerunterthänigst darauf aufmerksam mache:
Durchlaucht haben gleichen Befehl gestern be-
reits an Oberst von Berger gerichtet."
„Aeh, sooo, wirklich?"
„Ja, Durchlaucht."
„Aeh, warten Sie, werde Sache gleich regeln,
aeh, ganz einfach!" und Serenissimus schreibt:
Und später wollt' mein Brod verdienen
Als Dichter ich. — C> holder Wahn!
Ich bin im Selbstverlag erschienen,
Doch krähte nie nach mir ein Hahn.
Dem journalistischen Berufe
Hab' ich mich später zugewandt;
von Stufe sank ich so zu Stufe,
Bis mich ein Unternehmer fand.
Der warb mich an, ließ mir bemalen
Den ganzen Körper dunkelgrau
Und stellt als Iahrmarkt-Lannibalen
Luch dummen Jungen mich zur Schau.
So schwing' ich jetzt die schwere Keule,
Mein Auge rollt in wilder Gier,
Doch Ihr versteht nicht, was ich heule —
Seht zu, daß Luch's nicht geht, wie mir!
Josef Mllomitzer.
Moritzle A post ata
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