Nr. 10
JUGEND
(899
Du nährst Dich nur von Paprika
Aus Debreczin in Afrika,
Erfreust das Herz durch Geigenspiel,
Als lustiger Musikant am Ril.
Tokaier-Wein aus Rokitzan —
Bei Gott, das ist kein leerer Wahn!
Wenn Rasenspitz an Rasenspitz,
Du Lsikos aus Horaschdjowih,
Mit Dir ich bin im Mondenschein,
Da muß ich immer Lljen schreien.
Du bist und bleibst der Kern-Magyar,
Den die Libuscha stolz gebar!" —
Die graue Globus-Theorie,
Die merkt sich der Franzose nie.
Der Tschech, der macht sich gar nichts draus:
Lr bleibt ja doch der Wenzeslaus,
Und daß er dessen sich bewußt,
Das raubt ihm Keiner aus der Brust. ^ . .
Unmaßgeblicher Vorschlag
Durch die Güte der Wiener Zensur
gibt es jetzt wieder einen Teufel. Sie hat
verordnet, daß die Zeilen in Goethes
„Erster Walpurgisnacht":
„Diese dumpfen Psaffenchristen,
Laßt uns keck sie überlisten!
Mit dem Teufel, den sie fabeln,
Wollen wir sie selbst erschrecken"
ersetzt werden durch die Zensorendichtung!
„Diese Christen
Laßt uns keck sie überlisten!
Mit dem Teufel, den sie fürchten,
Wollen wir sie selbst erschrecken."
Es ist nicht christlich von der Wiener
Zensur, daß sie „dumpfe Pfaffenchristen"
einfach durch „Christen" ersetzt, als wenn
dies dasselbe wäre- Aber sonst ist das
Bestreben der hochlöblichen Wiener Be-
hörderecht schön. Sie sollte nurihrAugen-
merk mehr auf gewisse, viel gefährlichere,
iveil populärere Stellen in unseren Klas-
sikern richten, so namentlich auf die Worte
Mephistos vom „guten Magen derKirche."
Statt der anstößigen Verse:
„Die Kirche allein, meine lieben Frauen,
Kann ungerechtes Gut verdauen"
lasse man den Schauspieler sprechen:
„Die Kirche, glaübt's, meine lieben Frauen,
Kann auch gerechtes Gut verdauen."
Bruno
Strafversetzung — «ohne Vergütung der Umzngskosten
Das Schicksal des Parlamentaris-
mus in Deutschland ist besiegelt.
Das Ende der preußischen Volksvertret-
ung steht unmittelbar bevor. In einer
der letzten Sitzungen dieser Körperschaft
hat die deutsche Dichtung einen
Anwalt g efunden, zwei sogar! Die
Zeit ist aus den Fugen!
Lustige Nachrichten
Eine russische Hofdame ist mit einem
Lakaien durchgegangen. Herr v. Wangenheim
wird daraus Veranlassung nehmen, demnächst
im Reichstage auf d i e z un ehm en d e Si tten -
losigkeit der Lakaien hinzuweisen.
Der Gcmeinderath Feichtinger hat
es durchgesetzt, daß der Schauspieler Purschian
erst seine germanische Abstammung Nachweisen
mußte, bevor ihm die Direktion des Grazer
Stadtheaters übertragen wurde. Purschian
soll jetzt verlangt haben, daß Feichtinger seine
Herkunft bis zum 30 jährigen Krieg Nachweise,
da die Namen auf „inger" sehr verdächtig
sind. Man ist sehr gespannt, wie Feichtinger
das machen wird.
Die Verdachtsmomente gegen den netten
Bruder Flaminien in Lille häufen sich
bedenklich, und andere Verhaftungen von
„Brüdern" wegen ähnlicher Verbrechen mußten
vorgenommen werden. Allein in Frank-
reich wurden 1897 und 98 nicht weniger
als .26 Mönche und Schulbrüder wegen
Sittenverbrechens zu Zuchthaus und
Gefängniß verurtheilt, was auf eine
bedeutend höhere Zahl von verborgen
gebliebenen Fällen schließen läßt. Das
deutsche Centrum hat die Absicht, diese
Fälle bei Berathung der lex Heinze
zur Sprache zu bringen.
Lljen, Wenzel!
— Die „Bohemia" schreibt: Bekanntlich wur-
den die Prager Sokols, als sie in Frankreich die
tschecho gaUische Verbrüderung inaugurirten, von
dem stets begeisterten französischen Straßenpublikum
mit lauten Llsen-Rusen begrüßt. Beharrlich ver-
wechseln die Franzosen auch heute noch ihre tschech-
ischen Freunde mit den Magyaren und Zigeunern.
Wenn an des Franzmanns edler Brust
Der Wenzel ruht in süßer Lust,
Dann ist dies immer beiderseits
Lin tste-ä-rsts von höchstem Reiz.
Der Wenzel lacht, und der Franzos
Ist vor Vergnügen fassungslos.
„Du herziges Zigeunerlein,"
Stöhnt der Franzos, „jetzt bist Du mein,
Du Arpad-Lnkel aus Fitschin,
Ich liebe Dich, ich bin ganz hin,
Wenn ich in Deine Augen schau,
Du Puszta-Sohn aus Zungbunzlau.
In Berlin hat sich ein Verein ab-
stinirender Studenten gebildet. Mit
der Absicht einer Gegendemonstration
haben sich die übrigen Studenten sofort
zu einem „Verein für naturgemäße
Lebensweise" zusammengeschlossen
und in großen Zügen ihr Programm
entworfen.
Oer Ostelbier: ,, Rrraus aus die Kartoffeln —
rrin in die Kartoffeln!“
Nationale Politik
Herausgeber: Dr. GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIR I H’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratentheil: G. EICHMANN; sämmtlich in München.
Druck von KNORR & HIRTH, Ges. m. beschr. Haftung in München.
ALLE RECHTE VORBEHALTEN.
JUGEND
(899
Du nährst Dich nur von Paprika
Aus Debreczin in Afrika,
Erfreust das Herz durch Geigenspiel,
Als lustiger Musikant am Ril.
Tokaier-Wein aus Rokitzan —
Bei Gott, das ist kein leerer Wahn!
Wenn Rasenspitz an Rasenspitz,
Du Lsikos aus Horaschdjowih,
Mit Dir ich bin im Mondenschein,
Da muß ich immer Lljen schreien.
Du bist und bleibst der Kern-Magyar,
Den die Libuscha stolz gebar!" —
Die graue Globus-Theorie,
Die merkt sich der Franzose nie.
Der Tschech, der macht sich gar nichts draus:
Lr bleibt ja doch der Wenzeslaus,
Und daß er dessen sich bewußt,
Das raubt ihm Keiner aus der Brust. ^ . .
Unmaßgeblicher Vorschlag
Durch die Güte der Wiener Zensur
gibt es jetzt wieder einen Teufel. Sie hat
verordnet, daß die Zeilen in Goethes
„Erster Walpurgisnacht":
„Diese dumpfen Psaffenchristen,
Laßt uns keck sie überlisten!
Mit dem Teufel, den sie fabeln,
Wollen wir sie selbst erschrecken"
ersetzt werden durch die Zensorendichtung!
„Diese Christen
Laßt uns keck sie überlisten!
Mit dem Teufel, den sie fürchten,
Wollen wir sie selbst erschrecken."
Es ist nicht christlich von der Wiener
Zensur, daß sie „dumpfe Pfaffenchristen"
einfach durch „Christen" ersetzt, als wenn
dies dasselbe wäre- Aber sonst ist das
Bestreben der hochlöblichen Wiener Be-
hörderecht schön. Sie sollte nurihrAugen-
merk mehr auf gewisse, viel gefährlichere,
iveil populärere Stellen in unseren Klas-
sikern richten, so namentlich auf die Worte
Mephistos vom „guten Magen derKirche."
Statt der anstößigen Verse:
„Die Kirche allein, meine lieben Frauen,
Kann ungerechtes Gut verdauen"
lasse man den Schauspieler sprechen:
„Die Kirche, glaübt's, meine lieben Frauen,
Kann auch gerechtes Gut verdauen."
Bruno
Strafversetzung — «ohne Vergütung der Umzngskosten
Das Schicksal des Parlamentaris-
mus in Deutschland ist besiegelt.
Das Ende der preußischen Volksvertret-
ung steht unmittelbar bevor. In einer
der letzten Sitzungen dieser Körperschaft
hat die deutsche Dichtung einen
Anwalt g efunden, zwei sogar! Die
Zeit ist aus den Fugen!
Lustige Nachrichten
Eine russische Hofdame ist mit einem
Lakaien durchgegangen. Herr v. Wangenheim
wird daraus Veranlassung nehmen, demnächst
im Reichstage auf d i e z un ehm en d e Si tten -
losigkeit der Lakaien hinzuweisen.
Der Gcmeinderath Feichtinger hat
es durchgesetzt, daß der Schauspieler Purschian
erst seine germanische Abstammung Nachweisen
mußte, bevor ihm die Direktion des Grazer
Stadtheaters übertragen wurde. Purschian
soll jetzt verlangt haben, daß Feichtinger seine
Herkunft bis zum 30 jährigen Krieg Nachweise,
da die Namen auf „inger" sehr verdächtig
sind. Man ist sehr gespannt, wie Feichtinger
das machen wird.
Die Verdachtsmomente gegen den netten
Bruder Flaminien in Lille häufen sich
bedenklich, und andere Verhaftungen von
„Brüdern" wegen ähnlicher Verbrechen mußten
vorgenommen werden. Allein in Frank-
reich wurden 1897 und 98 nicht weniger
als .26 Mönche und Schulbrüder wegen
Sittenverbrechens zu Zuchthaus und
Gefängniß verurtheilt, was auf eine
bedeutend höhere Zahl von verborgen
gebliebenen Fällen schließen läßt. Das
deutsche Centrum hat die Absicht, diese
Fälle bei Berathung der lex Heinze
zur Sprache zu bringen.
Lljen, Wenzel!
— Die „Bohemia" schreibt: Bekanntlich wur-
den die Prager Sokols, als sie in Frankreich die
tschecho gaUische Verbrüderung inaugurirten, von
dem stets begeisterten französischen Straßenpublikum
mit lauten Llsen-Rusen begrüßt. Beharrlich ver-
wechseln die Franzosen auch heute noch ihre tschech-
ischen Freunde mit den Magyaren und Zigeunern.
Wenn an des Franzmanns edler Brust
Der Wenzel ruht in süßer Lust,
Dann ist dies immer beiderseits
Lin tste-ä-rsts von höchstem Reiz.
Der Wenzel lacht, und der Franzos
Ist vor Vergnügen fassungslos.
„Du herziges Zigeunerlein,"
Stöhnt der Franzos, „jetzt bist Du mein,
Du Arpad-Lnkel aus Fitschin,
Ich liebe Dich, ich bin ganz hin,
Wenn ich in Deine Augen schau,
Du Puszta-Sohn aus Zungbunzlau.
In Berlin hat sich ein Verein ab-
stinirender Studenten gebildet. Mit
der Absicht einer Gegendemonstration
haben sich die übrigen Studenten sofort
zu einem „Verein für naturgemäße
Lebensweise" zusammengeschlossen
und in großen Zügen ihr Programm
entworfen.
Oer Ostelbier: ,, Rrraus aus die Kartoffeln —
rrin in die Kartoffeln!“
Nationale Politik
Herausgeber: Dr. GEORG HIRTH; verantwortlicher Redakteur: F. von OSTINI; G. HIR I H’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratentheil: G. EICHMANN; sämmtlich in München.
Druck von KNORR & HIRTH, Ges. m. beschr. Haftung in München.
ALLE RECHTE VORBEHALTEN.